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NSU-Untersuchungsausschuss: DIE LINKE stellt ihr Sondervotum und außerdem bisher geheim gehaltene Dokumente vor
In einem Sondervotum hat die Fraktion DIE LINKE detailliert – auf 250 Seiten - dargelegt, was im NSU-Untersuchungsausschuss in den letzten Jahren zutage gefördert wurde.
Durch ausführliche Beweiswürdigung steht für DIE LINKE fest,
- dass nicht nur der ehemalige VS-Mitarbeiter Andreas Temme, sondern das LfV selbst vorab dienstlich mit der Ceska-Serie befasst war und dies bis 2017 zu vertuschen versuchte;
- dass Volker Bouffier das Parlament 2006 wissentlich in mehreren Punkten zum Fall Temme falsch informierte, er zudem persönlich zum Scheitern des Disziplinarverfahrens gegen Andreas Temme beitrug und durch rechtswidrige Sperrung der V-Leute die Ermittlungschancen der Polizei zum NSU-Mord erheblich beeinträchtigt hat;
- dass die Gefahr durch Rechtsterror und zahlreiche hessische NSU-Bezüge im LfV und Innenministerium jahrelang bekannt waren, aber öffentlich herunter gespielt bzw. geleugnet wurden;
- dass wesentliche Akten gelöscht, gesperrt und geschwärzt bzw. den NSU-Untersuchungsausschüssen in Berlin und Hessen entweder gar nicht oder erst nach Zeugenaussagen und Recherchen übermittelt wurden.
DIE LINKE legt darüber hinaus 33 Handlungsempfehlungen zur besseren Bekämpfung rechten Terrors und rechter Gewalt vor und macht drei zuvor geheime Dokumente öffentlich, die skandalöse Vorgänge in LfV und Innenministerium im NSU-Komplex einmal mehr verdeutlichen.
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Jahrelang konnte in Deutschland die Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund- NSU" unbehelligt morden, Banken überfallen und Bombenanschläge verüben. Obwohl die Nazi-Szene und auch das Umfeld des NSU von V-Leuten des Inlandsgeheimdienstes „Verfassungsschutz" umgeben waren, soll es keinen Hinweis auf die „Abgetauchten" gegeben haben. Das Schreddern von Akten und die Tatsache, dass in Kassel sogar ein Mitarbeiter des Geheimdienstes am Tatort war, hat zu einer großen Vertrauenskrise gegenüber den Sicherheitsbehörden geführt.
Mehrfach wurden im Münchener NSU-Prozess von Mitarbeitern hessischer Polizeibehörden massive Vorwürfe gegen den hessischen Inlands-Geheimdienst Verfassungsschutz erhoben. Sie richten sich vor Allem gegen Andreas Temme, den Geheimdienst-Mitarbeiter mit Spitznamen „klein Adolf". Er war nicht nur unmittelbar beim Mord an Halit Yozgat in Kassel am Tatort, sondern führte V-Leute der Szene, sprach vor und nach dem Mord mit einem Nazi-V-Mann und hat Ermittler darüber ganz offenkundig immer wieder belogen. Polizisten sagen bis heute: Die NSU-Ermittlungen wurden durch den Geheimdienst und den damaligen Innenminister Volker Bouffier blockiert.
Während DIE LINKE sich von Anfang an für einen Untersuchungsausschuss stark gemacht hat, lehnten die schwarzgrüne Landtagsmehrheit dies mit dem Hinweis ab, dieser könne keine neuen Erkenntnisse zutage fördern - angesichts der vielen offenen Fragen ein Skandal. Nach ihren Vorstellungen sollte nur die dann ebenfalls eingesetzte, geheim tagende Regierungskommission Anregungen für die zukünftige Arbeit geben. Zweieinhalb Jahre nachdem sich der Landtag einstimmig für eine „rasche, vollständige und rückhaltlose Aufklärung" der NSU-Morde und aller ihrer Umstände ausgesprochen hatte, wurde Mitte Mai 2014 mit den Stimmen von SPD und Linken ein NSU-Untersuchungsausschuss eingerichtet.
Rückblick
Rückblick auf die vergangenen Sitzungen des NSU-Untersuchungsausschuss:
11.05.2015
Es wurden befragt:
- KOKin Gläser
- Gerald-Hasso Hess
- Andreas Temme
19.03.2015
Es wurden befragt:
- Prof. Dr. Christoph Gusy
- LKD Andreas Roehrig
16.03.2015
Es wurden befragt:
- Prof. Dr. Uwe Backes
- LRD Dieter Bock
02.03.2015
Es wurden befragt:
- Prof. Dr. Benno Hafeneger (Experte Nazi-Strukturen Hessen, benannt von DIE LINKE)
- Dirk Laabs (NSU-Experte und Autor „Heimatschutz", benannt von DIE LINKE)
23.02.2015
Es wurden befragt :
- Jürgen Leimbach, stellvertretender Leiter der Abteilung Inlandsextremismus im Landesamt für Verfassungsschutz und
- Jochen W. Tornau, freier Journalist und Experte für Neonazi-Strukturen in Nordhessen.
Pressemitteilung: Bouffier ist als Ministerpräsident untragbar
Materialien
Berichtsantrag 18/5810Berichtsantrag 18/5810Debattenprotokoll Berichtsantrag 18/580Berichtsantrag 18/4729Berichtsantrag 18/4729Debattenprotokoll Berichtsantrag 18/4729Berichtsantrag 18/5958Berichtsantrag 18/5958Debattenprotokoll Berichtsantrag 18/5958Hintergrundpapiere:
Anträge:
- Überprüfung rechter Motive bei Gewalt- und Tötungsdelikten, sowie Überprüfung eventuell unerkannter Gewalt- und Tötungsdelikte mit NSU-Bezug
Abläufe der bundesweiten und hessischen Überprüfungsverfahren, Anzahl der an das BKA rückgemeldeten ungeklärten Tötungsdelikte und Todesopfer rechter Gewalt zwischen 1990 und 2011, Überpüfung von Raubüberfällen auf Geldinstitute mit möglicher Beteiligung des Nationalsozialistischen Untergrundes, spezielle Maßnahmen zum Erkennen rechter Gewalt, Bedeutung der Landesprogramme gegen Rechtsextremismus
22.01.2014 Drs 19/22
- Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nach Artikel 92 HV, § 54 GOHLT
Untersuchungsgegenstand: Klärung des Handelns, Tuns oder Unterlassens der Landesregierung, der hessischen Sicherheits- und Justizbehörden einschließlich ihrer politischen Leitungen, Mitarbeitern und mit ihnen zusammenarbeitenden Personen sowie das Zusammenwirken hessischer Ministerien und Behörden mit denen anderer Bundesländer und des Bundes im Zusammenhang mit dem Nationalsozialistischen Untergrund zugeschriebenen Aktivitäten und Straftaten und der wahrheitsgemäßen und vollständigen Informierung des Parlamentes und der Öffentlichkeit über die Vorgänge
13.05.2014 Drs 19/398
- Eingeschränkte Aussagegenehmigung für den ehemaligen V-Mann Benjamin G.
sowie Auswahl und Bezahlung des wegen Bankrott-Beihilfe verurteilten ehemaligen Anwaltes von Holger Pf., Volker H., durch das Landesamt für Verfassungsschutz zum Münchener NSU-Prozess
14.10.2014 Drs 19/1016
Aktion
Riesiges Interesse am Thema NSU
Podiumsdiskussion: Pau, Ströbele, Anwalt Kienzle und Journalist Laabs diskutierten
Gut 250 Personen kamen gestern Abend in das Foyer des Frankfurter Theater Willy Praml zu unserer Podiumsdebatte „Abgründe des Staatsversagens? Verfassungsschutz und NSU“. Klar wurde, dass auch nach mehreren Untersuchungsausschüssen vielen Spuren im NSU-Komplex noch nicht nachgegangen wurde. Auch der verheerende Einfluss bezahlter V-Leute beim Aufbau rechtsextremer Strukturen wurde in der Diskussion überdeutlich.
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