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LINKE stellt ihren Bericht zum NSU-Ausschuss vor

Versuchte Vertuschung durch Verfassungsschutz (LfV) und Landesregierung statt Aufklärung über rechte Gewalt und Terror – persönliche und politische Verantwortung Volker Bouffiers für Behinderung der NSU-Ermittlungen

Auf 250 Seiten hat DIE LINKE. Fraktion im Hessischen Landtag ihren Bericht zur vierjährigen Arbeit im NSU-Untersuchungsausschuss niedergelegt und sich darin mit einer Reihe von Vorwürfen gegen Behörden und den langjährigen Innenminister und heutigen Ministerpräsidenten Volker Bouffier im NSU-Komplex auseinandergesetzt. Zur Vorstellung des NSU-Berichtes erklären Hermann Schaus, Obmann der LINKEN im NSU-Ausschuss sowie Janine Wissler, stellvertretendes Mitglied im NSU-Ausschuss:

Der NSU-Untersuchungsausschuss war der größte und aufwendigste Untersuchungsausschuss in der Geschichte des Hessischen Landtags. Vier Jahre lang wurden über 100 Zeuginnen und Zeugen gehört, rund 2.000 Aktenbände ausgewertet und anlassbezogen immer wieder hitzige Debatten auch im Landtagsplenum und im Innenausschuss geführt. Allein die Protokolle der Ausschusssitzungen umfassen über 7.000 Seiten, hinzu kommen zahlreiche weitere Protokolle und Informationen der Geheimsitzungen und Arbeitsbesprechungen. 

Der NSU-Untersuchungsausschuss war politisch stark umkämpft: Anders als im Deutschen Bundestag oder in Thüringen wurde er spät und nicht parteiübergreifend eingesetzt, sondern nur mit den Stimmen von SPD und LINKEN durchgesetzt. Die mit schwarzgrüner Mehrheit festgelegten Verfahrensregeln und Abläufe sowie die verzögert gelieferten, oft lückenhaften, massiv geschwärzten oder zur Geheimsache erklärten Akten waren der bewusste Versuch von Schwarzgrün, des LfV und der Landesregierung, die NSU-Aufklärung in Hessen weiter zu blockieren und die Verantwortung des LfV und Volker Bouffiers als damals zuständigem Innenminister zu verschleiern. Dem Versprechen ‚lückenloser Aufklärung‘ wurde damit nicht entsprochen, im Gegenteil sollten den NSU-Untersuchungsausschüssen in Hessen und im Deutschen Bundestag wichtige Dokumente und Akten vorenthalten und gravierende Versäumnisse und Fehlleistungen im Kampf gegen rechte Gewalt und bei den NSU-Ermittlungen in Hessen unter den Teppich gekehrt werden.

Nach Beweiswürdigung steht für DIE LINKE fest,

  • dass die Gefahr durch Rechtsterror und hessische NSU-Bezüge im LfV und Innenministerium jahrelang bekannt waren, aber öffentlich herunter gespielt bzw. geleugnet wurden;
  • dass der LfV-Mitarbeiter Temme zur Tatzeit beim NSU-Mord von Kassel am Tatort war, Wahrnehmungen dazu hatte, aber sein Wissen darüber bis heute verschweigt
  • dass dies und weitere schwere Dienstverfehlungen von Andreas Temme durch das LfV und Volker Bouffier 2006 vertuscht wurden;
  • dass Volker Bouffier das Parlament 2006 wissentlich zum Fall Temme falsch informierte, er persönlich zum Scheitern des Disziplinarverfahrens gegen Andreas Temme beitrug und durch rechtswidrige Sperrung der V-Leute die Ermittlungschancen der Polizei zum NSU-Mord erheblich behindert hat;
  • dass Halit Yozgat als NSU-Opfer ebenso wie seine Angehörigen kriminalisiert und Opfer von institutionellem Rassismus wurden;
  • dass bis heute wesentliche Akten gelöscht, gesperrt und geschwärzt bleiben bzw. den NSU-Untersuchungsausschüssen in Berlin und Hessen entweder gar nicht oder erst nach Zeugenaussagen und Recherchen übermittelt wurden.

DIE LINKE veröffentlicht mit ihrem NSU-Bericht zudem weitere, bisher als geheim eingestufte Dokumente, die die skandalöse Vertuschungspraxis in LfV und Innenministerium weiter belegen. Demnach wurde nach Auffliegen des NSU durch das LfV Hessen in einer Geheimoperation Einfluss auf den V-Mann Benjamin Gärtner genommen. Es gab dabei die Anweisung, keine Spuren und Akten zu hinterlassen und V-Mann Gärtner auf die BKA-Vernehmungen vorzubereiten – was dann auch geschah. Ein weiteres Dokument belegt die weiteren Umstände um die sogenannte Pilling-Mail, also eine Abfrage an alle V-Leute in Hessen kurz vor dem NSU-Mord von Kassel, und wie diese Zusammenhänge bis 2017 vertuscht werden sollten. Ein drittes Dokument zeigt, wie ein NSU-Bericht und Informationen zu rechter Gewalt und Terror im LfV rechtswidrig für 120 Jahre zur Geheimsache erklärt wurden. Darüber hinaus gibt es ein Dokument, das belegt, dass im Jahr 1998 im hessischen Innenministerium anlässlich des Rohrbombenfundes in der NSU-Garage in Jena ein Bericht zur Frage von Rechtsterrorismus angefertigt wurde, welches zu völlig falschen Schlüssen kommt.

DIE LINKE legt im Abschlussbericht darüber hinaus 33 Handlungsempfehlungen zur besseren Bekämpfung rechten Terrors und rechter Gewalt vor und macht dabei konkrete Vorschläge zum Umbau bzw. der Abschaffung des Verfassungsschutzes und der parlamentarischen Kontrolle.


Hinweis: Im Anhang befindet sich der NSU-Bericht zum downloaden.

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