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NSU-Ausschuss: Ehemaliger Geheimdienstchef Lutz Irrgang belastet ehemalige Mitarbeiter und das Innenministerium

Zur heutigen Vernehmung des ehemaligen Geheimdienstchefs Lutz Irrgang im NSU-Ausschuss des Hessischen Landtags erklärt Hermann Schaus, Obmann der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag:

„Herr Irrgang erklärte heute, er halte die Aussagen und das Verhalten des ehemaligen
VS-Mitarbeiters Andreas Temme für unsäglich, peinlich und bis heute für nicht glaubwürdig. Diese Aussage geschah aufgrund unserer Aktenvorhalte, insbesondere eines noch nie thematisierten, handschriftlichen Vermerks des hessischen Geheimdienstchefs von 2006.

Irrgang wollte nicht ausschließen, dass Temme möglicherweise dienstlich an einem NSU-Tatort war. Auch die diesbezügliche Diensterklärung des Temme von Mai 2006 habe er nicht für ausreichend gehalten. Zudem zeigte er sich empört, über Gespräche seiner Behörde mit dem BKA betreffend die damaligen Mordserie und Quellenabfragen niemals informiert worden zu sein. Deswegen gebe es entsprechende Disziplinarverfahren gegen weitere VS-Mitarbeiter. Die Aussagen des ehemaligen Geheimdienstchefs sind für einen einstigen Behördenleiter skandalös.“

Es könne nicht sein, dass ein Behördenleiter derartiges Verhalten zunächst decke, um sich Jahre später wieder davon zu distanzieren. Doch die Aussagen deckten sich nun erstmals mit den Einschätzungen von Polizei und Staatsanwaltschaft, die Temmes Aussagen bis heute ebenfalls für nicht glaubwürdig erachten. Zudem habe Irrgang das Innenminsterium mehrmals schwer belastet.

„Nach meinem Aktenvorhalt hat Irrgang bestätigt, sich nach monatelangem Streit am 17. August 2006 endlich mit der Staatsanwaltschaft auf eine polizeiliche Vernehmung von
V-Leuten geeinigt zu haben. Doch diese Einigung sei vom Innenministerium wieder kassiert worden. Die beiden anderen Vereinbarungen aus diesem Gespräch im Beisein des Generalstaatsanwaltes – nämlich der Akteneinsicht für den Geheimdienst und der Herausgabe von Material aus einer laufenden Mordermittlung – wurden danach jedoch zügig umgesetzt. Und obwohl Irrgang große Zweifel an Temmes Glaubwürdigkeit hatte und Überlegungen zum Täterprofil ‚Nazi-Mörder‘ anstellte, habe das Innenministerium ihn angewiesen, keine eigenen Anstrengungen zu unternehmen.“

Es bleibe der Eindruck eines Beamten, der seiner Verantwortung im Jahr 2006 durch nichts gerecht geworden sei und der sich im Nachhinein reinwaschen wolle, so Schaus. Die Aussagen Irrgangs passten somit – trotz einiger Widersprüche - ins Bild.


Pressestelle DIE LINKE. Fraktion im Hessischen Landtag
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