Rede Ulrich Wilken am 23.05.2013 im Hessischen landtag
Hessen begrüßt internationale Blockupy-Proteste in Frankfurt am Main
Rede von Ulrich Wilken zu Hessen begrüßt internationale Blockupy-Proteste in Frankfurt am Main, Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE in der 141. Plenarsitzung des Hessischen Landtages am 23.05.13 . (Unkorrigiertes Redemanuskript)
Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Das Dogma, dass die Kosten der Bankenrettung durch Lohn-, Renten- und Ausgabenkürzungen zu bezahlen sind, hat die offiziellen Arbeitslosenzahlen im überwiegenden Teil der Eurozone auf Rekordniveau steigen lassen. Die offizielle Jugendarbeitslosigkeit von knapp 60 % wird trotz Auswanderung zu sozialen und gesellschaftlichen Verwerfungen in Spanien führen.
Drei Jahre nach Beginn der sogenannten Griechenlandrettung ist fast jeder dritte Grieche arbeitslos, etwa zwei von drei Jugendlichen haben keine Arbeit und damit keine Perspektive. Es müsste in ganz Europa wieder mehr in soziale Dienstleistungen und ökologischen Umbau investiert werden, was durch höhere Steuern und Abgaben für Millionäre problemlos finanzierbar wäre. Doch leider geht es der Troika aus Internationalem Währungsfonds, der Europäischen Union und der Europäischen Zentralbank sowie der ganz breiten Mehrheitspolitik hier im Land eben nicht um die Rettung der Bevölkerung, sondern um die Rettung großer Banken und Vermögensbesitzer.
Vor solchen Bankenrettungspaketen haben wir schon immer gewarnt. Wir werden sie auch weiterhin konsequent ablehnen.
In Deutschland und in Europa unterstützen die Regierungen die maroden Banken mit Milliarden, ohne sie unter öffentliche Kontrolle zu bringen. CDU, FDP, SPD und GRÜNE haben für die Bankenrettung und die Schuldenbremse des Fiskalpakts gestimmt. Dieses Spardiktat in den öffentlichen Haushalten führt zu Sozialabbau, Stellenabbau und Privatisierung. Es zeigt seine katastrophalen Auswirkungen in Griechenland, Spanien, Portugal und anderswo. In Europa sind so viele Jugendliche und Arbeitnehmer arbeitslos wie noch nie. Die Armut wächst. Die Bevölkerung soll für die Krise zahlen, die die Banken verursacht haben.
Auch in Deutschland fehlt es vielerorts an Geld für notwendige Investitionen in Bildung und Soziales. Die Zahl der Kitaplätze ist weiter viel zu gering. Schulen sind marode. Schulgebäude sind marode. In der Alten- und Krankenpflege herrscht ein desaströser Spardruck. Öffentliche Einrichtungen wie Theater und Schwimmbäder werden geschlossen. Meine Damen und Herren, dass sich dagegen in ganz Europa und auch in Hessen Protest und Widerstand regt, ist wohl selbstverständlich.
Ein Akteur, verantwortlich für diese Politik, ist in Hessen, in Frankfurt am Main, ansässig. Deswegen: Seien Sie nicht nur zu Gast bei Empfängen der Europäischen Zentralbank, sondern heißen Sie auch die willkommen, die gegen die Troikapolitik der Europäischen Zentralbank demonstrieren.
Falls Sie nachher wieder über Gewalt reden wollen, dann reden Sie doch bitte über die Gewalt von Nahrungsmittelspekulation, reden Sie darüber, dass Kranke keine Medikamente mehr bekommen, dass Krankenhäuser geschlossen werden und keine Kranken mehr aufnehmen wollen. Reden Sie über die Gewalt einer Jugendarbeitslosigkeit von über 50 %. Das sind alles Beispiele aus Griechenland, Spanien und Portugal. Aber ich denke, es gehört sich, auch in diesem Hause nicht nur über die Landes-, sondern auch über die Bundesgrenzen hinwegzuschauen und die Folgen der Mehrheitspolitik in diesem Land anzuprangern.
Wenn Sie in der Mehrheit schon nicht nächste Woche mit mir demonstrieren wollen, dann heißen Sie aber auf jeden Fall die Demonstrierenden willkommen. Sie nehmen ein unveräußerliches Grundrecht auf friedliche Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit wahr. – Ich bedanke mich.