140x190 willi van ooyenWilli van Ooyen

schied im Frühjahr 2017 aus dem Landtag aus.
Die Fraktion dankt Ihr für Ihren langjährigen parlamentarischen Einsatz.
 
   
 

 
  


Reden

Rede zum Freihandelsabkommen

Rede von Willi van Ooyen am 14. September 2016 im Hessischen Landtag

– Es gilt das gesprochene Wort –

Herr Präsident,
Meine Damen und Herren!

Am kommenden Samstag werden in sieben deutschen Städten zehntausende Menschen gegen TTIP und CETA auf die Straße gehen.

Aufgerufen zu diesen Demonstrationen haben zahlreiche Organisationen und Verbände aus unterschiedlichsten  Bereichen. Es ist gut, dass sich neben dem Landesverband der hessischen LINKE auch die Partei von Bündnis 90/DIE GRÜNEN und etliche Ortsgruppen der SPD diesem Aufruf angeschlossen haben.

Der Protest gegen die geplanten Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada sind allerdings auch dringend notwendig. Beide Abkommen setzen den „Wert“ des Freihandels über ökologische und soziale Regeln. Sie setzen Dienstleistungen und Daseinsvorsorge unter Druck und gefährden durch die geplanten Sonderklagerechte für Investoren die Demokratie.

Sie sind ein Angriff auf Umwelt, die kommunale Daseinsvorsorge, die Demokratie und den Sozialstaat sowie auf den Verbraucherschutz.

Auch wenn das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA inzwischen als gescheitert angesehen werden kann, ist es zum Feiern zu früh. Das Abkommen CETA mit Kanada ist bereits ausgehandelt und wäre beim Inkrafttreten schlicht und ergreifend die Einführung von TTIP durch die Hintertür.
US-amerikanische Unternehmen können dann ganz einfach über eine Filiale in Kanda in den Genuss des Freihandelsabkommen CETA kommen.


Es ist daher unglaubwürdig, wenn Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel TTIP als gescheitert ansieht, das CETA Abkommen mit Kanada hingegen in den Himmel lobt. Wir hoffen sehr darauf, dass sich innerhalb der SPD im Parteikonvent am 19. September die Kräfte durchsetzen werden, die wie der umweltpolitische Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion erkennen, dass im aktuellen CETA-Vertragsentwurf die sozialdemokratischen roten Linien überschritten sind.  Dieser Parteikonvent ist eine Vorentscheidung zu den Verhandlungen der gegenwärtig in Diskussion stehenden Freihandelsabkommen.
Die Kritiken an TTIP und CETA sind vielfältig.

Die intransparenten Verhandlungen, die nur widerwillig und vor allem viel zu gering geöffnet wurden, die viel zu hoch angesetzten Erwartungen in Wachstum, Arbeitsplätzen und höheren Einkommen und natürlich das Entstehen eines parallelen Rechtssystem vor dem nicht zuletzt der Deutsche Richterbund völlig zurecht und eindringlich warnt.

Aus anderen Freihandelsabkommen sind ja bereits eindrucksvolle Beispiele bekannt, wie Großkonzerne Staaten wegen der Einführung von Umwelt- oder Sozialstandards erfolgreich vor solchen Schiedsgerichten, wie sie auch bei TTIP und CETA geplant sind, verklagt haben.

Die angedachte Änderung, statt privater Schiedsgerichte öffentliche Investitionsgerichtshöfe zu etablieren, würde an diesen Klagen und Urteilen kaum etwas ändern.

Es bliebe bei einem parallelen Rechtssystem maßgeschneidert nach Konzerninteressen, dass Entscheidungen zum Beispiel zu Arbeits- und Umweltstandards riskant und teuer machen würde.
Es ist gefährlich, wenn nun darüber gesprochen wird, Teile des CETA Abkommens bereits jetzt in Kraft zu setzen. Ein solches Vorgehen würde Fakten schaffen, deren Rücknahme selbst dann unwahrscheinlich wäre, wenn CETA später durch Bundestag oder Bundesrat abgelehnt würden. Wir warnen daher eindringlich vor einem solchen Vorgehen.

Da passt auch ins Bild, dass das Abkommen einseitig nur unter äußerst schwerwiegenden Bedingungen kündbar ist. Zum einen gilt eine 20 Jahre andauernde Übergangsfrist und das aussteigende Land wäre zudem mit einem Zwangs-Austritt aus der EU konfrontiert. In der Privatwirtschaft würde man eine solche Vereinbarung wohl als „Knebelvertrag“ bezeichnen.

Die Menschen in den USA, Kanada und Europa haben jedoch besseres verdient, als einen solchen Knebelvertrag, der am Ende vor allem den mächtigen wirtschaftlichen Konzernen, Banken und Monopolen dient.

Eine gerechte Handels- und Investitionspolitik muss für höhere ökologische und soziale Standards stehen. Sie muss zudem ein nachhaltige Entwicklung in allen Ländern fördern. Auch in denen der sogenannten Dritten Welt und den Schwellenländern.

Anders als in den Freihandelsabkommen TTIP und CETA muss eine solche Politik die Demokratie und den Rechtsstaat fördern. Sie muss Standards zum Schutz von Mensch, Umwelt und guter Arbeit stärken und die Entwicklung zu einer gerechten Weltwirtschaftsordnung hin fördern.
Daher stehen die Demonstrationen am kommenden Samstag nicht nur gegen TTIP und CETA, sondern auch für einen gerechten Welthandel.

Immer mehr Menschen –und nicht nur die Ökonomen- erkennen, dass es ein Fehler war, allein Märkte zu deregulieren, Kapitalströme zu liberalisieren und den globalen Konkurrenzkampf immer weiter zu verschärfen. Ohne verbindliche Regeln und auch negative Effekte zu bedenken, führen diese Maßnahmen allesamt ins Chaos.

Es kommt nicht von ungefähr, dass eine Studie der Weltbank zu dem Ergebnis kommt, dass von den wirtschaftlichen Entwicklungen der vergangenen 30 Jahre insbesondere das reichste Prozent der weltweiten Einkommensbezieher profitiert habe. Deren Einkommen stiegen seit 1988 noch einmal um weitere 60 Prozent. Die Einkommen der ärmsten fünf Prozent der Weltbevölkerung hingegen sanken seit 1988 weiter.

Diese Zahlen zeigen, dass wir keine weiteren Freihandelsabkommen brauchen, sondern über „internationale Harmonisierungsabkommen“ reden müssen wie sie der US Ökonom Larry Summers fordert. Wir müssen Abkommen entwickeln, in denen Arbeitnehmerechte und Umweltschutz Vorrang haben.

Ein solcher Wandel in der globalen Wirtschaftspolitik ist zwingend notwendig, wenn wir Rechtspopulisten, die die globalisierungskritische Stimmung für ihre eigenen nationalistischen Ziele nutzen, stoppen wollen.
Mit den Demonstrationen am kommenden Samstag werden wir ein deutliches Zeichen gegen diese Freihandelsabkommen und für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung setzen!
Vielen Dank!