140x190 willi van ooyenWilli van Ooyen

schied im Frühjahr 2017 aus dem Landtag aus.
Die Fraktion dankt Ihr für Ihren langjährigen parlamentarischen Einsatz.
 
   
 

 
  


Reden

Kommunalfeindliche schwarz-gelbe Politik geht in schwarz-grüne Verlängerung

- unkorrigiertes Redemanuskript - es gilt das gesprochene Wort! -

Meine Damen und Herren, Herr Präsident!

Wofür die CDU bei der FDP mehrere Jahre brauchte, dafür reichen ihr bei den Grünen nur wenige Monate: Sie führen ihren Koalitionspartner vorzüglich vor.

In der Drucksache 19/375  vom 7. Mai 2014, über die wir heute hier sprechen heißt es: „Der Landtag begrüßt den Kommunalen Schutzschirm als geeignete Maßnahme zur Unterstützung von Kommunen mit hohen Kreditverbindlichkeiten. Mit rund 2,8 Mrd. € an Entschuldungshilfen und 400 Mio. € an Zinsdiensthilfen bekennt sich das Land klar zu seiner Verantwortung für die hessischen Städte, Gemeinden und Landkreise […]“

Vor fast genau zwei Jahren, schrieben die Grünen in ihrem Antrag mit der Drucksachennummer 18/5637 noch:

„Der Landtag stellt fest, dass der Kommunale Schutzschirm die chronische Unterfinanzierung der Kommunen nicht beseitigen kann. Die intensive Anhörung im Haushaltsausschuss hat vielmehr eindrucksvoll bestätigt, dass die großen strukturellen Mängel der derzeitigen Finanzierung von Kreisen, Städten und Gemeinden nur durch grundlegende Reformen wirksam zu beheben sind.“

Daran hat sich bis heute nichts geändert – noch nicht einmal die Anträge der Regierung – lediglich der kleinere Koalitionspartner der CDU ist ein anderer geworden.

Noch deutlicher waren die Grünen mit der Kritik am Schutzschirm im Januar 2012, da hieß es in ihrem Antrag mit der Drucksachennummer 18/5230:

„Der Landtag kritisiert, dass die Landesregierung den Kommunen im Kommunalen Finanzausgleich jährlich weit über 340 Millionen Euro entzogen hat, während sie für den Schutzschirm mit einem Gesamtvolumen von rund drei Mrd. € bei einer Laufzeit von 30 Jahren lediglich 100 Millionen Euro pro Jahr aufwendet.“

Was die Grünen noch vor der Wahl kritisierten, begrüßen sie heute – dabei hat sich für die Kommunen faktisch nichts geändert. Weiter gilt, dass von dem 1,1 Milliarden großen Finanzierungsdefizit der Hessischen Kommunen den weitaus größten Teil nicht die Kommunen selbst zu verantworten haben, sondern eine Landesregierung, die ihren Haushalt unter dem Druck der Schuldenbremse auf Kosten der Städte, Gemeinden und Landkreise sanieren will.

Nehmen sie allein die 390 Millionen Euro, um die das Land den Kommunalen Finanzausgleich gekürzt hat, die 120 Millionen Euro die für die Flüchtlingsunterbringung in den Kommunen fehlen und die zusätzlichen Kosten für den Betrieb der U3 Betreuung, von 300 Millionen.

Insgesamt fast 800 Millionen Euro fehlen allein wegen dieser Maßnahmen bei den Kommunen und weil das Land nicht bereit ist, diese Landesaufgaben, die wesentlich von den Kommunen bezahlt werden, auskömmlich zu finanzieren. Daran ändert dann auch der sogenannte Schutzschirm nichts.

Oder wie es die Kollegin Enslin am 10. Mai 2012 hier im Plenum für die Grünen erklärte:

„Der Entschuldungsfonds wird an der chronischen Unterfinanzierung der Kommunen nichts Wesentliches ändern. Hier muss das Land endlich seiner Verantwortung nachkommen, im Rahmen seiner Möglichkeiten für alle Kommunen eine auskömmliche Finanzausstattung sicherzustellen.“

Recht hatte die Kollegin! Aber all das gilt jetzt nichts mehr, wo die Grünen die gleiche Politik fortsetzen dürfen, die zuvor schwarz-gelb hier zu verantworten hatte. Ganz schnell haben die Grünen vergessen, was sie noch vor der Wahl versprochen haben. Und keine Rede ist heute davon, dass den Kommunen eine ordentliche Finanzausstattung zusteht. Heute erklären Grüne Politiker den Vertretern der Kommunalen Spitzenverbände auch schon mal, dass die Kommunen selbst dafür verantwortlich sind, wenn die Kommunen keine ausreichenden Einnahmen haben.

Den schwarz-gelben Grottenkick auf dem Feld der Kommunalfinanzen setzt schwarz-grün in dieser Saison fort – der Abstiegskampf für die Kommunen geht also weiter.  Man kann also nur hoffen, dass das Spiel nicht wieder durch die Schiedsrichter beim Staatsgerichtshof entschieden werden muss, damit die Finanzausstattung der Kommunen nachhaltig verbessert wird, sondern, dass sich die Landesregierung sich endlich auf die Kommunen zubewegt und die Verfassung einhält.

Denn was wir im Moment erleben  ist, dass die Schuldenbremse des Landes auf Kosten der Kommunen erreicht werden soll. Die Kommunen haben bereits in den letzten zwanzig Jahren ihre Investitionsquote halbiert. Einfach weil ihnen angesichts des Drucks, den die Landesregierung auf ihre „Parteifreunde“ ausübt, nichts anderes übrig bleibt. Unter der Maßgabe, dass die Landesregierung den nachfolgenden Generationen weniger Schulden hinterlassen will, wird jetzt schon in den Kommunen dafür gesorgt, dass wir den nachfolgenden Generationen auch keine vernünftige Infrastruktur mehr hinterlassen.

Ganz zu schweigen von dem Rosenmontagserlass des Hessischen Innenministers, der gleich zu Beginn seiner Amtszeit deutlich gemacht hat, dass von dieser Landesregierung nichts Gutes für die Kommunen zu erwarten ist. Statt sich zu der Verantwortung für die Kommunen gemäß Artikel 137 der Hessischen Verfassung zu bekennen, macht der Innenminister deutlich, dass sich die Selbstverwaltung in vielen Kommunen darauf beschränken muss, zu entscheiden in welcher Reihenfolge Einrichtungen geschlossen und Gebühren erhöht werden. Wir sind daher gespannt wie die Beratungen der Landesregierung mit den Kommunen über einen neuen Finanzausgleich aussehen wird.

Denn der sogenannte Schutzschirm hat sich genau als der Knirps erwiesen, den man befürchten musste. Um noch einmal die Kollegin Enslin zu zitieren: „Machen Sie endlich Ihre Hausaufgaben. Den Kommunen läuft die Zeit davon.“

Meine Damen und Herren von den Grünen und an sie zum Schluss nur der Hinweis Erich Kästners:

„Was auch immer geschieht: Nie dürft ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken!“