140x190 willi van ooyenWilli van Ooyen

schied im Frühjahr 2017 aus dem Landtag aus.
Die Fraktion dankt Ihr für Ihren langjährigen parlamentarischen Einsatz.
 
   
 

 
  


Reden

Schwarzgrüner Nachtragshaushalt ist leider nur die Verlängerung schwarz-gelber Politik

- unkorrigiertes Manuskript - es gilt das gesprochene Wort -

Meine Damen und Herren,

gelegentlich kommt in der Öffentlichkeit der Eindruck auf, dass in den Parlamenten in Deutschland die Fußballweltmeisterschaft dazu genutzt würde, um klammheimlich Gesetze zu verabschieden, die man gern unter dem faktischen Ausschluss der öffentlichen Aufmerksamkeit beschließen möchte.

Für den aktuellen Nachtragshaushalt will ich dies jedenfalls so nicht - und ich kann die Fußballfans hier im Haus beruhigen: keine Sorge – ich habe nicht vor, einen Anlass für einen Ältestenrat zu liefern.

Vielmehr ist dieser Nachtragshaushalt so ambitionslos, dass man sich die Debatte über den Inhalt des Nachtrags fast sparen könnte. Denn die schwarz-grüne Landesregierung setzt nur das fort, was schwarz-gelb bereits auf den Weg gebracht hat.

Von den angekündigten Schwerpunkten jedenfalls, setzt die Landesregierung keine, zumindest keine neuen Akzente. Das altbekannte Politikmuster wird weiter vorgesetzt.

Das oberste Ziel dieser Landesregierung ist es, die Zahlen im Landeshaushalt möglichst schön aussehen zu lassen. Und so schafft es der Finanzminister dann auch die Netto-Neuverschuldung im Haushaltsnachtrag unter die Marke von einer Milliarde zu drücken.
Erreicht wird das im Wesentlichen durch zwei Methoden: auf der einen Seite bleiben die Kommunen unterfinanziert und auf der anderen Seite unterbleiben Investitionen in die Zukunft.

Was hier also unter dem Banner der Generationengerechtigkeit präsentiert wird, ist nichts anderes als das Kürzen an der Gegenwart und der Zukunft der Menschen in diesem Land.

Damit dann aber diese schwarz-grüne Landesregierung die Marke von einer Milliarde Neuverschuldung auch tatsächlich knacken kann, geht sie an die Rücklagen. Um es klar zu sagen: in gewissem Umfang ist das auch richtig und nachvollziehbar.

Wenn hier im Doppelhaushalt unerwartete Mehreinnahmen des Jahres 2013 gleichermaßen unerwartete Mindereinnahmen in diesem Jahr decken, so geht das aus meiner Sicht in Ordnung. Wenn sie aber gleichzeitig in die Rücklagen greifen, nur damit die neue Landesregierung einen ersten vermeintlichen Konsolidierungserfolg verbuchen kann, dann sind das Zahlenspielereien.

Sicher aber keine erfolgreiche Finanzpolitik, wie wir LINKE sie fordern.


Gänzlich unseriös wird der Nachtragshaushalt aber an der Stelle wenn es um die sogenannte Weimar-Rücklage geht. Hier streicht die neue Landesregierung 108 Millionen Euro aus dem Haushalt, verbunden mit der Ankündigung, dass diese dann aber doch Ende des Jahres aus dem Hut gezaubert werden. Mit Verlaub, auch wenn sie Herr Dr. Schäfer im Ausschuss bereits mitgeteilt haben, dass sie das für eine philosophische Frage halten.

Wenn über 100 Millionen Euro aus dem Haushalt erwirtschaftet werden sollen, um in eine freiwillige Versorgungsrücklage gezahlt zu werden, dann ist das keine Frage von Philosophie, sondern eine von Haushaltsrecht. Allein dieser Punkt macht den Nachtragshaushalt aus unserer Sicht rechtswidrig – konkret verstoßen sie damit gegen den Paragrafen 8 des Haushaltsgrundsätzegesetzes und gegen den Paragraph 11 der Landeshaushaltsordnung.

Dort heißt es unmissverständlich jeweils in Absatz 2 gleichlautend:

„Der Haushaltsplan enthält alle im Haushaltsjahr
1. zu erwartenden Einnahmen
2. voraussichtlich zu leistenden Ausgaben und
3. voraussichtlich benötigten Verpflichtungsermächtigungen.“

Dieser Nachtragshaushalt aber enthält 108 Millionen Euro, die sie - das haben sie deutlich angekündigt - in die Weimarrücklage einzahlen wollen, aber nirgendwo veranschlagt haben.

Und wenn wir den Landtag mit seinem Haushaltsrecht ernst nehmen, dann sollten sie auch deutlich machen, dass dieses Geld an anderer Stelle im Haushalt entweder eingenommen oder eingespart werden soll. Alles andere ist unseriös und letztlich rechtswidrig.

Mit rechtswidrigen Gesetzen kennt sich die CDU in der Landesregierung ja bereits aus, was uns hier in Hessen die Situation beschert, dass der Finanzausgleich zwischen Land und Kommunen gegenwärtig verfassungswidrig ist.

Ich verstehe ja durchaus, dass man für eine notwendige umfassende Reform des KFA sicher noch Zeit braucht. Allerdings verstehe ich nicht, warum man sich weiter Zeit lässt, die Kommunen angemessen mit Mitteln auszustatten, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.

Nehmen wir etwa den Bereich der Flüchtlingsunterbringung. Wenn die Landesregierung erklärt, dass die neu eingeplanten 60 Millionen, die sie im Nachtragshaushalt für die Unterbringung von Flüchtlingen veranschlagt hat, ein wichtiger Beitrag seien,
um die Kommunen bei dieser Aufgabe zu entlasten, dann hört sich das ganz anders an, wenn man einmal die Kommunen dazu befragt.

Die haben uns nämlich in der Anhörung im Haushaltsausschuss deutlich gemacht, dass sie nicht 60 Millionen zusätzlich brauchen, sondern 120 Millionen. Einfach, weil das Land sich bereits seit Jahren weigert den Kommunen die tatsächlich anfallenden Kosten zu erstatten. Die 60 Millionen, die jetzt eingeplant sind, sorgen also nicht für eine Entlastung der Kommunen, sondern bedeuten wahrscheinlich noch nicht einmal eine wirksame Begrenzung der zusätzlichen finanziellen Belastung.

Das alles hört sich jetzt noch sehr technisch und abstrakt an. Wenn wir dann aber in den Kommunen vor Ort in den nächsten Monaten erleben, wie vor Krieg geflüchtete Menschen zwangsweise in Zeltlagern und Notunterkünften untergebracht werden – dann werden wir auch in Hessen erkennen, welche dramatischen Folgen eine Unterfinanzierung haben kann.

Zumindest dann, wenn es in einigen Kommunen - trotz der Bemühungen vor Ort - nicht gelingt, die Not von Flüchtlingen wirksam zu mindern.

Also, an diesem Beispiel wird deutlich: außer symbolische Politikelemente enthält dieser Nachtrag so gut wie nichts Substantielles.

Daran ändert dann auch der Antrag der Regierungsfraktionen, den wir hier mit beraten, nichts. Ich bin ein wenig darüber gestolpert, dass Sie hier das Sozialbudget erwähnen. Denn von diesem Sozialbudget ist zwar immer die Rede, passiert ist aber bisher gar nichts in diesem Bereich. Das hat schwarz-grün bisher immer nur angekündigt – im Nachtragshaushalt ist wie gesagt, davon nichts zu sehen.

Die klare Ansage dieses Landeshaushalts ist: Soziales kann warten. Ihnen geht es eben nicht vorrangig darum das Sozialbudget einzubringen – ihnen geht es zu allererst darum, schöne Zahlen zu präsentieren, ob die nun tatsächlich Substanz haben oder nicht.

Diese Landesregierung zielt mit diesem Nachtrag vor allem darauf, Ressorts neu zuzuschneiden und Stellenhebungen vorzunehmen, die damit verbunden sind. Vielleicht ein Recht der neuen Landesregierung, aber sicher zu üppig ausgefallen.

Einige kurze Anmerkungen zum Nachtragshaushalt:

•    Maßnahmen, wie der Verlustausgleich für Kassel Calden, finden im Nachtrag ihren Platz. Der fällt allerdings höher aus, als geplant.


•    Man hätte sich im Nachtrag sicherlich mehr Initiativen gewünscht. Selbst bei Programmen, die eigentlich unstrittig hier im Haus sind, wie JEKI, herrscht offensichtlich Unklarheit, wie diese in Zukunft finanziert werden sollen.

•    Wir hätten uns auch gut vorstellen können, dass man, wenn man schon die Grunderwerbsteuer erhöht, auch den Sozialen Wohnungsbau zusätzlich fördert. Aber auch dieser Bereich hat keinen Vorrang.

Und so ist dieser Nachtragshaushalt ein Nachtrag, der vor allem die Fortsetzung schwarz-gelber Schuldenbremsenpolitik auf Kosten der Kommunen praktiziert. Ein paar mehr grüne Flecken hätte man da schon erwartet – aber offensichtlich ist es auch hier der Union gelungen, den kleinen gelben kraftlosen Koalitionspartner durch einen kleinen grünen kraftlosen zu ersetzen.