Reden

Rede zum Antrag der SPD: „Mietpreisbremse wirkt – Mietendeckel und Zweckentfremdungsverbot müssen kommen“

Herr Präsident/Frau Präsidentin, Meine Damen und Herren,

die Wohnungsnot nimmt in Hessen mittlerweile dramatische Ausmaße an. Immer mehr Menschen müssen einen immer größeren Teil ihres verfügbaren Einkommens für die Miete ausgeben. Bundesweit muss jeder siebte Haushalt mehr als 40 Prozent des Einkommens für die Miete ausgeben. Die Zahl der Sozialwohnungen ist erneut gesunken. Von einst über 200.000 Wohnungen sind nur noch 80.000 übrig. Die neoliberale Leier, der Markt wird es schon richten, hat uns in eine Sackgasse geführt.

Der Mietenwahnsinn verdrängt mittlerweile sogar Menschen mit einem normalen Einkommen aus unseren Innenstädten, während Immobilienfonds die Mieten nach oben treiben und das Kapital durch unsere Städte walzt! Dieser soziale Sprengsatz muss gestoppt werden. Wohnen ist ein Menschenrecht und kein Spekulationsobjekt!

Die zaghaften Maßnahmen der schwarzgrünen Landesregierung reichen bei weitem nicht aus. Deshalb ist es wichtig, dass wir heute auf Antrag der SPD über Maßnahmen sprechen, wie wir in Hessen dem Mietenwahnsinn begegnen können.

Nun setzt eine ganz große Allianz der Fraktionen von CDU, Grüne, FDP bis zur AfD auf den Markt, auf Investoren, darauf die „Privaten nicht zu verschrecken“ und vor allem auf Neubau. Auch die SPD fordert „bauen, bauen, bauen“. Aber Neubau allein wird nicht reichen. Regelmäßig werden Ziele verfehlt, gebaut werden ohnehin vor allem teure Luxusapartments und kaum Sozialwohnungen. Deshalb müssen wir den Wohnungsbestand sichern und effektive Maßnahmen ergreifen, um Mieter vor Profitstreben und Verdrängung zu schützen. 

Und was macht der Grüne Wohnungsminister? Er organisiert Supermarktgipfel und feiert sich für zahnlose Vorschläge wie die geplante örtliche Ausweitung der Kappungsgrenzenverordnung, die auch weiterhin eine Mieterhöhung von 15 Prozent in drei Jahren zu lässt und den Mietenwahnsinn dadurch mehr fortsetzen als beenden. Wirksamer Mieterschutz sieht anders aus.

Wirkungsvollen Maßnahmen, wie ein Mietendeckel und ein Gesetz gegen Leerstand und Zweckentfremdung, Maßnahmen die wirklich geeignet wären, Mieter zu schützen, verweigert sich der Minister. Dafür müsste man sich ja mit den Immobilienkonzernen anlegen. Das mögen die marktgläubigen Grünen gar nicht. Wer aber die Krise bei der Wohnungsversorgung lösen will, der muss zum Schutze der Mieter und im öffentlichen Interesse in den Markt und in die Verfügungsgewalt der Investoren eingreifen.

Dabei hilft die „Mietpreisbremse“ der GroKo leider wenig, auf die im SPD-Antrag so freudig verwiesen wird. Weitgehend wirkungslos muss man konstatieren. Bundesweit hat der Anstieg der Bestandsmieten seit 2015 sogar noch an Tempo zugelegt.

Zurückzuführen ist die Wirkungslosigkeit u.a. auf die zahlreichen Ausnahmeregelungen. So greift die Mietpreisbremse nicht bei Neubauten, umfassenden Sanierungen, in möblierten Wohnungen, oder wenn die Vormiete bereits höher als zulässig war. Bei Verstößen durch Vermieter gibt es keine spürbaren Sanktionen.

Die von der Bundesregierung angestrebte Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2025 ist zwar zu begrüßen – ändert aber nichts daran, dass die bisherigen Regelungen weitgehend ins Leere laufen.

Statt der wirkungslosen Mietpreisbremse, bislang eher eine politische Fata Morgana, brauchen wir bundesweit und in Hessen einen wirksamen Mietenstopp! Ein Mietendeckel ist das Gebot der Stunde!

Hessen könnte hier von Berlin lernen. In der Bundeshauptstadt wird souverän gehandelt. LINKE, SPD und GRÜNE machen es vor wie es geht! Da könnten sich die hessischen GRÜNEN mal ein Beispiel nehmen. Und das der Mietendeckel ein wirksames Instrument ist, zeigen die Reaktionen: „Sozialismusphantasien des Senats“, „DIE LINKE brennt die Stadt nieder“, Vergleiche mit Nordkorea“ werden gezogen. Eigentlich so wie hier in Hessen. Die Immobilienwirtschaft gründet eine Bürgerinitiative und lässt flächendeckend plakatieren. Die Aktienkurse von Deutsche Wohnen und Vonovia purzeln in den Keller! Bereits jetzt wirkt die Diskussion um den Mietendeckel! Ich finde: Und das ist gut so!

Wie sieht der jetzige Stand aus? Zwar liegen die festgelegten Obergrenzen nach dem Kompromiss mit den Koalitionspartnern knapp zwei Euro über den ursprünglich maximal geforderten 7,97 Euro. Zudem werden die Mieten nicht flächendeckend unter die festgelegten Obergrenzen gesenkt. Nur diejenigen die mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufwenden müssen können sie – auf Antrag – absenken. Trotzdem ist der Mietendeckel die entschlossenste Maßnahme gegen die Macht der Märkte seit Jahren oder gar Jahrzehnten.

Zumal nicht einmal eine Flucht der Investoren zu befürchten ist. Denn wenn der Deckel gültig ist, dürfen Vermieter ohne Antrag nur noch Modernisierungszuschläge von bis zu einem Euro pro Quadratmeter verlangen, Neubaumieten sind von der Regulierung ganz ausgenommen. Das macht Investitionen in Bestandsimmobilien unattraktiver. Es bleibt dann bei einem effektiven Mietendeckel mehr Kapital für den Neubau – ein Geschäftsfeld auf dem nach wie vor noch Geld verdient werden kann. Was Sie alle freuen müsste hier.

Bereits im April 2019 hat DIE LINKE. im Hessischen Landtag einen Antrag gestellt, auch hier einen Mietendeckel einzuführen. Doch anstatt sich ernsthaft mit den nun vorliegenden Vorschlägen der LINKEN und der SPD für einen Mietendeckel auseinanderzusetzen, reagiert die Landesregierung in Schulterschluss mit der Immobilienwirtschaft mit Ablehnung, Horrorszenarien und Entsetzen.

Dabei insistieren viele Mieterinitiativen und –verbände, das Bündnis Mietenwahnsinn Hessen und auch die Stadt Frankfurt auf einen effektiven Mietendeckel, da er Möglichkeiten zum Schutz vor Verdrängung und Segregation schafft.

Ja, ein Mietendeckel wäre ein Eingriff in das Privateigentum von Immobilienbesitzern. Wenn die Mieter*innen jeden Tag durch explodierende Mieten enteignet werden, dann muss man Immobilienbesitzer auch für eine gewisse Zeit ihrer Renditeansprüche enteignen. Denn wie heißt es im Grundgesetz: Eigentum verpflichtet.

Rückendeckung erhält diese regulative Maßnahme durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. In dem heißt es:

„Es liegt im öffentlichen Interesse, der Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Stadtteilen entgegenzuwirken. Die Regulierung der Miethöhe ist auch im verfassungsrechtlichen Sinne geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Sie schneidet Preisspitzen auf angespannten Wohnungsmärkten ab und kann damit zumindest die Voraussetzungen für einen Marktzugang einkommensschwächerer Mieter schaffen.“

Dieses Urteil erklärt Widerstand gegen Verdrängung und soziale Spaltung zum öffentlichen Interesse.

Leider werden die Vorstöße für den Mietendeckel bisher ebenso durch schwarz-grün blockiert, wie die Gesetzesentwürfe gegen Leerstand und Wohnraumzweckentfremdung.

Die Notwendigkeit eines Gesetzes, wie wir es bis 2004 hatten, wird zwar von Schwarzgrün bestritten, andere sind da weiter:

In der Anhörung zu den Gesetzesentwürfen vor zwei Wochen wurde von zahlreichen Mieterverbänden, dem DGB, dem Netzwerk für gemeinschaftliches Wohnen, dem Bündnis Mietenwahnsinn Hessen und Vertreterinnen der Städte Wiesbaden und Frankfurt am Main unmissverständlich gefordert, dass sie ein solches Gesetz brauchen,

Es geht eigentlich um etwas Selbstverständliches. Sicherstellen zu können, dass Wohnraum auch dafür genutzt wird, wofür er gebaut wurde – nämlich zu Wohnzwecken.

Bedanken möchten wir uns in diesem Zuge für die vielen ausführlichen Änderungsvorschläge des Gesetzestextes, die im Vorfeld der Anhörung mit den Stellungnahmen eingegangen sind. Insbesondere bei der Stadt Frankfurt am Main, den DMB, dem IWU, Mieter helfen Mietern. Wir sind dabei, die Vorschläge genauer zu sichten und werden Änderungen einbauen.

Woran wir allerdings festhalten wollen, ist §6 - die Möglichkeit der Beschlagnahmung und der Bewirtschaftung zweckentfremdeter Immobilien über ein Treuhandmodell.

Langfristiger Leerstand schadet der Lebensqualität und befördert auch eine künstliche Verknappung des Flächenangebots, verursacht daher Kosten und schädigt das kommunale Gemeinwohl.

Das Lieblingsargument des Ministers, Leerstand sei quantitativ nicht relevant, konnte in der Ausschusssitzung über eine Präzisierung des Leerstandsbegriffs kompetent begegnet werden. Gängige Leerstands-Statistiken erfasst lediglich den marktaktiven Teil des Leerstands, also der, der binnen 3 Monaten wieder dem Wohnungsmarkt zugeführt werden kann. In diesen Zahlen finden u.a. Sockelleerstand, struktureller Leerstand, und Leerstand von Schrottimmobilien keine Erwähnung. Die Wohnungsämter und Ortsbeiräte erreichen kontinuierlich Hinweise auf monatelang leerstehende Gebäude aus der Bevölkerung. Das zeigt, dass Leerstand kein Ausnahme- oder Randphänomen ist.

Im übrigen hat das Beispiel München deutlich gezeigt, dass ein gesetzliches Verbot von Zweckentfremdung und Leerstand nicht kontraproduktiv oder verfassungswidrig ist, weil dort seit 1972 erfolgreich gegen Zweckentfremdung vorgegangen wird. Bayern ist bekanntlich nicht der Hort des Sozialismus!

Ein gesetzliches Verbot von Leerstand und Zweckentfremdung, wie wir es vorgelegt haben, ist natürlich nur eine von zahlreichen notwendigen Maßnahmen, um der aktuellen Wohnungskrise politisch zu begegnen. Dies gilt auch für den Mietendeckel.

In Hessen werden diese Initiativen von Schwarzgrün blockiert, obwohl sie von den am stärksten vom Mietenwahnsinn betroffenen Kommunen, dem Bündnis „Mietenwahnsinn Hessen“ und den Mieterinnen und Mietern der profitorientierten Marktakteure nachdrücklich gefordert werden. Die wohnungspolitische Irrfahrt von Grünen und CDU sorgt damit lediglich für Rückenwind bei profitorientierten Immobilieninvestoren und Eigentümern.

Wir brauchen einen breiten Maßnahmenkatalog um der derzeitigen Wohnungsnot zu begegnen. Im Zweifel gehört dazu auch die Enteignung oder Vergesellschaftung von großen Immobilienkonzernen in Einklang mit dem Grundgesetz nach Art. 14, 15 GG.

Gemeinsam mit Mietern, Initiativen, Gewerkschaften und Bewegungen werden wir als LINKE weiter Druck machen, damit auch in Hessen endlich wieder eine Politik gemacht wird, in der die Versorgung der Menschen mit bezahlbarem Wohnraum und nicht die Jagd nach maximaler Rendite im Wohnungsbau im Mittelpunkt steht. Wohnen ist ein Menschenrecht und kein Spekulationsobjekt!