Reden

Rede zur Zweiten Lesung zum Nachtragshaushalt 2019 des Landes Hessen

- Es gilt das gesprochene Wort -

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

mit diesem Nachtragshaushalt setzt die schwarzgrüne Landesregierung letztlich nur das fort, was sie in der vergangenen Legislaturperiode begonnen hat. Maßnahmen, um ihre Vorhaben im Koalitionsvertrag voranzubringen, sind jedenfalls nicht enthalten. Das hat auch eine Logik. Die schwarzgrünen Vorhaben stehen ohnehin alle unter Vorbehalt. Im Wesentlichen werden die Zahlen also nur auf einen aktuellen Stand gebracht.

Nehmen wir mal in den Blick, welche Änderungen enthalten sind. Aber auch welche Änderungen NICHT enthalten sind. Da fällt auf der Einnahmenseite auf, dass die Landesregierung darauf verzichtet die zusätzlichen Steuereinnahmen, die in der aktuellen Steuerschätzung prognostiziert worden sind, auch voll zu veranschlagen. Das Resultat: Im Haushalt fehlen gut 70 Millionen zusätzlicher Einnahmen.

Nun werden Sie uns sicher erklären, dass diese Herangehensweise Ausdruck besondere Vorsicht ist. Das finde ich wenig überzeugend. Meine Vermutung ist eher, dass sie, koste es was es wolle, Ihre heiß geliebte schwarze Null am Jahresende feiern und wieder nutzlose Schuldentilgung betreiben wollen.

Ich sage es auch hier und heute wieder. Wer unter dem Deckmantel von schwarzer Null und Schuldentilgung notwendige Investitionen und Ausgaben unterlässt, der verschuldet sich bei kommenden Generationen!

Solange wir in diesem Land marode Schulen, arme Kinder, einen ÖPNV, der aus allen Nähten platzt und die Herausforderung des Klimawandels haben, ist und bleibt der Abbau öffentlicher Schulden ein nachrangiges Problem.

Den nachfolgenden Generationen ist nämlich nicht geholfen, wenn sie unter schlechten Schulen, einer Kindheit in Armut oder den Folgen des Klimawandels leiden, nur weil einige nicht verstanden haben, dass Investitionen auch der öffentlichen Hand auch durch Kredite finanziert werden sollten.

Kommen wir zu anderen Bereichen des Nachtragshaushalts. Da finden sich 500 zusätzliche Stellen. Gut, könnte man meinen. Die Landesregierung sorge sich um einen handlungsfähigen Staat und möchte weitere Stellen schaffen. Doch so einfach ist es nicht. Man muss schon genauer hinschauen. Unstrittig sind die Anwärterstellen in der Finanzverwaltung. Die Kolleg/innen werden gebraucht, nicht nur angesichts der anstehenden Grundsteuerreform, unabhängig davon wie sie ausgestaltet wird. Die letzten Meldungen machen mich eher nachdenklich, ob da nicht doch ein Wettbewerbsföderalismus droht. Aber das ist ein anderes Thema.

Es stellt sich aber die Frage wie viel Ausbildungskapazitäten sie eigentlich in so kurzer Zeit schaffen können und ob hier nicht vor allem auch Versäumnisse der Vergangenheit aufgearbeitet werden.

Und auch 250 Stellen für Lehramtsreferendare sind erst einmal eine gute Sache. Aber mit nur 750.000 Euro für das Jahr 2019 sind die Kosten auch sehr überschaubar, deshalb veranschlagen sie auch keine zusätzlichen Mittel für diese Stellen. Das liegt schlicht daran, dass der Einstellungstermin für diese Stellen im November ist. Entscheidend wird sein, was dann im Haushalt für 2020 steht.

Richtig problematisch wird es allerdings bei 90 zusätzlichen Stellen bei der Polizei – was erst mal nach Sicherheit klingt bedeutet dann konkret aber nichts anderes als ein schwarz-grünes Abschiebepaket. Getrieben vom rechten Rand des Hauses werden hier großzügig Stellen für den neuen Hessischen Abschiebeknast geschaffen. Allein 60 Stellen bei der Wachpolizei sind direkt in besagtem Abschiebeknast beschäftigt. Aber damit nicht genug. Hessen wird unter schwarzgrün auch noch ein Abschiebekommando – ich darf Sie zitieren Kollege Weiß - mit weiteren 10 Stellen besetzen.

Außerdem finden sich noch weitere 20 Polizeistellen von denen wir bisher aus der kursorischen Lesung nur wissen, dass sie am verkehrsberuhigten Flughafen Kassel-Calden eingesetzt werden sollen. Was die dort dann genau machen – also ob Calden jetzt zum Abschiebedrehkreuz ausgebaut werden soll, oder ob diese zehn Wachpolizisten dort Aufgaben für die Flughafengesellschaft übernehmen sollen, dass konnte die Landesregierung uns bisher noch nicht genau erklären. Fakt ist aber, weite Teile dieses Geldes brauchen sie für Abschiebungen – das könnte man sich sparen. Motto dieses Haushaltes ist: „Schwarz-Grün schiebt ab!“. Ich weiß, anders als im Bundestag haben die Grünen in Hessen mit dieser Politik keine Probleme.

Da sind die zahlreiche Hebungen und Versetzungen schon fast eine Nebensache. Auch wenn sich bei ihrer Personalpolitik der Eindruck aufdrängt, dass Schwarzgrün wieder einmal mehr Häuptlinge einstellt obwohl es in vielen Bereichen der Landesverwaltung an Stellen fehlt – warum sonst kann die Landesregierung nicht annähernd beziffern wie hoch der Investitionsstau an Hessischen Schulen ist?

Ich will noch kurz etwas zu unseren Änderungsanträgen sagen. Wir haben uns darauf konzentriert einige wenige Dinge die auch im Nachtrag ohne weiteres machbar sind, zu beantragen. Zu allererst fordern wir die anstehende Abschaffung der Straßenausbaubeiträge im Haushalt einzuplanen. Auch wenn Schwarzgrün gerade so tut als könnten sie die Sorgen der Menschen einfach aussitzen und das Problem auf die Kommunen abwälzen, zeigen wir, dass die Abschaffung dieser Beiträge ohne weiteres finanzierbar ist. Das Ergebnis der Anhörung ist eindeutig. Straßenausbaubeiträge sind unsozial und gehören abgeschafft- und zwar sofort!

Zum neuen Schuljahr wollen wir Lehrerinnen und Lehrer an Grundschulen nicht weiter schlechter bezahlen als andere Lehrkräfte an Hessischen Schulen, wie es die Gewerkschaft seit Jahren fordert. – für eine Vergütung nach A13 ist auch genug Geld in diesem Nachtrag da.

Erst recht genug Geld ist für die Ausfinanzierung der Ombudsstelle Kinderrechte. Angesichts der steigenden Zahl von Kindesmisshandlungen in Hessen ist diese Forderung nicht weniger als die Aufforderung hier schnell mehr zu tun um die Rechte von Kindern zu schützen. Und auch mit unserem Antrag zur Berufseinstiegsbegleitung zeigen wir, dass schwarz-grün in diesem Nachtragshaushalt noch einiges zu tun hat. Wir wollen, dass das gute Programm zum Berufseinstieg weitergeführt werden kann indem das Land wegfallende EU-Mittel ersetzt.

Das alles ist ohne weiteres auch im Nachtrag finanzierbar. Allein müsste sich die Landesregierung von ihrer Vorstellung verabschieden, dass der Schuldenabbau Priorität hat. Es gibt schlicht zu viel zu tun in diesem Land, als dass man jetzt die Hände in den Schoß legen kann um sich über schöne Zahlen zu freuen. Denn eins ist doch klar: der Schuldenabbau macht im Moment gar keinen Sinn. Auf der einen Seite fehlt an allen Ecken und Enden das Geld für dringende Aufgaben und gleichzeitig sind die Zinsen seit Jahren im Sinkflug. Und wenn der Hessische Finanzminister sich nicht heftig mit windigen Derivatgeschäften verspekuliert hätte, dann würden wir allein dadurch jedes Jahr über 80 Millionen Euro an Zinsen einsparen. Das wäre ein Schuldenabbau den sogar wir mitgetragen hätten – Zinsen sparen statt das Geld zu verspekulieren. Investieren, statt der schwarzen Null, das ist jedenfalls unsere Devise.