Reden

Rede zur aktuelle Stunde der CDU „Hessen weiterhin entschieden im Kampf gegen Steuerkriminalität“: Symbolpolitik im Kampf gegen Steuerkriminalität ist nicht genug

Rede von Jan Schalauske im Hessischen Landtag am 12. September 2018

– Es gilt das gesprochene Wort –


Meine Damen und Herren!

Frau Präsidentin!/Herr Präsident!

Die aktuelle Stunde der CDU heißt heute „Hessen weiterhin entschieden im Kampf gegen Steuerkriminalität“. Ein kurioser Titel. In den Medien war zu lesen, dass das Finanzministerium sich endlich auch mit dem letzten der vier Steuerfahnder geeinigt hat, der zwangspsychiatrisiert und aus dem Dienst entfernt wurde, weil auch er der Meinung war, die hessische Landesregierung behindert die Arbeit der Steuerfahndung.

Auch wenn es nun eine Einigung gibt, diese Affäre bleibt ein dunkler Fleck in der Geschichte des Landes Hessen

Insofern stellt sich schon die Frage wofür diese Landesregierung „weiterhin entschieden“ kämpft. Denn bisher haben sie sich kaum über Symbolpolitik hinaus für den Kampf gegen Steuerkriminalität eingesetzt – Steuer-CDs etwa durften regelmäßig andere Bundesländer ankaufen.

Steuervermeidung und –hinterziehung sind Strafbestände und keine Kavaliersdelikte. Konzerne und Vermögende begehen Diebstahl am Gemeinwohl. Die öffentliche Hand verliert jährlich durch Steuerbetrug 30 Milliarden Euro – so die Schätzung der Deutschen Steuergewerkschaft.

Der Kampf gegen Steuerkriminalität darf sich nicht auf Symbolpolitik beschränken!

Aber, auch das will ich durchaus anerkennen, im Wahljahr hat selbst die CDU das Thema Steuergerechtigkeit entdeckt. Unserer Forderung nach mehr Steuerfahndern und Betriebsprüfern sind sie nach vielen Jahren bereits mit dem Haushalt nachgekommen. Allerdings haben sie den Ausbau der Ausbildungskapazitäten verschlafen, was, wie ich hörte in Rothenburg mittlerweile erhebliche Probleme bereitet bei der Unterbringung der Anwärterinnen und Anwärter.

Und auch die angeblich zusätzlichen Steuerfahnderstellen die eigentlich ein alter Hut. Oder habe ich den Nachtragshaushalt in dem sie zusätzliche Stellen geschaffen haben verpasst. All das was sie uns hier heute präsentieren ist längst beschlossen. Beim Blick in den Haushaltsplan wird dann auch deutlich, dass es offensichtlich auch nicht zusätzliche Stellen sind um die es geht, sondern lediglich die Hebung und Umwidmung anderer Stellen. Hier wird die Steuerverwaltung also nicht entlastet, sondern lediglich die Überlastung anders verteilt.

So sehr es mich freut, wenn die Steuerfahndung gerade in den Bereichen gestärkt wird wo der Personalbedarf am größten ist – mich interessiert auch welche Stellen und deren Aufgaben sind denn jetzt weggefallen?

In Folge des Brexits wollen Sie zahlreiche Banken an den Finanzplatz Frankfurt locken. Insofern ist es schön, wenn endlich einige Spitzenkräfte eingestellt werden um Großverfahren am Finanzplatz Frankfurt zu führen, nur warum sind das keine zusätzlichen Stellen?

Hessen braucht eine starke Finanzverwaltung, dazu gehören mit Sicherheit diese und in Zukunft weitere Spitzenkräfte für Großverfahren, aber eben auch genügend Stellen in den Ämtern. Es geht hier um 50 Stellen, mit Verlaub, das ist erstens nicht sonderlich viel, zum anderen darf man annehmen, dass diese Stellen sich in der Steuerverwaltung über kurz oder lang mehr Geld bringen als sie kosten werden.

Kurzum der Beitrag dieser Landesregierung zur Steuergerechtigkeit am Ende ihrer Legislaturperiode beschränkt sich darauf 50 Stellen zu heben. Dabei war diese Landesregierung einmal angetreten noch mehr zu tun. Etwa bei der Grunderwerbsteuer. Da hört man immer nur, dass sich da etwas tun soll, erreicht ist bislang nichts. Immer noch sind die sogenannten Shared Deals mehr als nur ein Ärgernis für die ehrlichen Steuerzahler.

Auch bei der Digitalsteuer kommt man nicht voran. Auch weiterhin können große Konzerne wie Apple, Google oder Facebook ihre Steuern auf nahe Null drücken.

Vor zehn Jahren, am 15. September 2008 beantragte die Bank Lehmann Brothers Insolvenz. Es war der Beginn einer tiefen Krise des Finanzmarktkapitalismus, die bis heute nicht überwunden ist, aber folgenschwere soziale Probleme nach sich gezogen hat.

Waren zunächst Rufe nach Regulierung zu vernehmen, laufen die Finanzgeschäfte heute weiter als wäre nichts passiert.

Ich meine, ein Finanzminister, der sich den Kampf für Steuergerechtigkeit auf die Fahnen schreiben will, an einem der wichtigsten Finanzplätze Europas sollte nicht 50 weitere Stellen in der Steuerfahndung als großen Wurf verkaufen, sondern sich mit aller Kraft für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, einer Strafsteuer für Steuervermeidung in Steueroasen und für ein Ende von Steuerflucht öffentlicher Landesunternehmen wie Fraport in Steueroasen einsetzen.

Ich finde hier braucht es viel mehr als warme Worte und schöner Bilder auf Instagram. Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit schafft diese Landesregierung jedenfalls nicht.