Reden

Rede zur aktuellen Stunde der CDU-Fraktion: "Ehrenamts-Card in Hessen. Noch attraktiver mit einem Hessenticket."

Rede von Jan Schalauske im Hessischen Landtag am 23. August 2018

– Es gilt das gesprochene Wort –

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

lassen Sie mich vorweg bemerken: DIE LINKE begrüßt es ausdrücklich, wenn weitere Personengruppen hessenweit kostenlos oder kostengünstig Bus und Bahn fahren können. Der öffentliche Nahverkehr gehört aus sozialen und ökologischen Gründen massiv gefördert!

Ehrenamt

Auch unser Dank und unsere Anerkennung gelten den unzähligen Menschen, die sich in Vereinen, Verbänden und Initiativen ehrenamtlich für das Gemeinwohl und das Gemeinwesen engagieren.

Das Spektrum ehrenamtlichen Engagements ist groß und vielfältig und reicht vom Einsatz im Sportverein, der Freiwilligen Feuerwehr über Aktive in Sozialverbänden, Gewerkschaften, Eine-Weltläden, Umweltgruppen, Flüchtlingshelfern bis zu antifaschistischen Initiativen und Bildungsarbeit. Ihnen allen – und ich sage ausdrücklich allen - gehört unser Dank und unsere Anerkennung.

Im Übrigen wäre, in Zeiten, in denen rechte Hetze gegen Migranten und Geflüchtete an der Tagesordnung sind, die bessere Anerkennung der vielen ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe tätigen Menschen ein richtiges und gutes Signal.

Aber es gibt beim Thema Ehrenamt auch eine andere Seite: Seit Jahren zieht sich der Staat aus Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge zurück und überträgt sie dem Ehrenamt. Ich sage klar: Das zunehmende – und unterstützenswerte - ehrenamtliche Engagement darf nicht dazu missbraucht werden, öffentliche Aufgaben auf die Schultern der Ehrenamtlichen abzuwälzen.

Ehrenamtscard

Nun hatte der hessische Ministerpräsident und CDU-Spitzenkandidat im HR-Sommerinterview eine Idee. Alle Inhaber einer Ehrenamtscard sollen analog zum Schülerticket und zum Landesticket ein Hessenticket für den ÖPNV bekommen. Wir begrüßen die Initiative. Je mehr Menschen diese Möglichkeit umso besser.

Aber werfen wir ein Blick auf die Zahlen. Die CDU-Fraktion spricht in ihrer Pressemitteilung von rund zwei Millionen Bürgerinnen und Bürger, die sich in Hessen ehrenamtlich engagieren.

Was meinen Sie, wie viele davon kämen in den Genuss des Hessentickets? Wenn man auf die Homepage der Hessencard schaut, sind es lediglich 15.000 ehrenamtlich tätige Hessinnen und Hessen, die eine solche Karte ihr Eigen nennen können. 2 Mio. Ehrenamtliche und 15.000 Ehrenamtskarten. Demnach könnten 0,75% aller ehrenamtlich Tätigen von dem Hessenticket profitieren. Diese Zahl zeigt, die Initiative ist leider nicht mehr als ein Tippelschritt in die richtige Richtung.

Würden alle ehrenamtlichen Aktiven ein solches Hessenticket bekommen, dann wären wir fast beim Nulltarif.

Schülerticket

Aber auch andere Ungerechtigkeiten beim Schüler- und beim Landesticket, auf das sich hier bezogen wird, müssen beseitigt werden.

Für viele Schülerinnen und Schüler ist das ‚Schülerticket‘ eine Verbesserung ihrer Mobilität. Das ist zu begrüßen. Allerdings bleiben wir bei unserer Kritik, die auch vom Landeselternbeirat und anderen Stellen geäußert wurde: Das Schülerticket führt in seiner jetzigen Form zu nicht hinnehmbaren Ungerechtigkeiten. Bei manchen Schülerinnen und Schülern wird das Ticket komplett erstattet, bei anderen nicht. Und in einigen Städten ist die Fahrt zur Schule vor einem Jahr deutlich teurer geworden, weil günstigere Alternativen zum hessenweiten Ticket wegfielen.

Gerade für Familien mit mehreren Kindern sind die 31 Euro pro Monat und Kind immer noch eine erhebliche Belastung. Um Bildungshürden zu vermeiden und echte Chancengleichheit zu gewährleisten, muss die Schülerbeförderung kostenlos sein. Auch dann, wenn Kinder weniger als zwei bzw. drei Kilometer von ihrer Schule entfernt wohnen.

Dazu haben wir bei den Haushaltsberatungen im vergangenen einen entsprechenden Antrag gestellt. Dieser ist aber leider von CDU, Grünen und FDP abgelehnt worden.

Landesticket

Kommen wir zu einem anderen Projekt, auf das sie sich die CDU bezieht und zu einer weiteren Ungerechtigkeit. Im Juli haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universitätsklinik Frankfurt am Main dagegen protestiert, dass sie - anders als Ärztinnen und Ärzte - kein Landesticket erhalten.

Wir finden, es ist eine schreiende Ungerechtigkeit, wenn etwa 1.000 Ärztinnen und Ärzte sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Klinik ein Landesticket erhalten. Jedoch etwa 3.500 Klinik-Beschäftigte, ausgerechnet die deutlich schlechter bezahlten Pflege- und Reinigungskräfte sowie Küchenpersonal, leer ausgehen.

Gleiches gilt für andere Beschäftigte wie z.B. bei den Studentenwerken. Es muss endlich Schluss damit sein, dass es Landesbedienstete erster und zweiter Klasse gibt.

Schluss

Das Hessenticket für Ehrenamtler wäre ein Tippelschritt in die richtige Richtung. Beim Schülerticket und Landesticket gilt es Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Damit Mobilität aber wirklich für alle möglich ist, müssen wir dafür sorgen, dass Menschen, ob jung oder alt, mit niedrigem Einkommen endlich Busse und Bahnen besser nutzen können. Mobilität unabhängig vom Geldbeutel ist ein Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe. Lassen Sie uns endlich aus sozialen wie ökologischen Gründen Konzepte zur Einführung eines generellen Nulltarifs für alle Hessen in Angriff nehmen!