140x190 Gabi Faulhaber WebsiteGabi Faulhaber

schied zum Ende der 19.Legislaturperiode aud dem Landtag aus.
Die Fraktion dankt Ihr für Ihren parlamentarischen Einsatz.


 
  
 


Reden

Rede zum Abschiebestopp Afghanistan

Rede von Gabi Faulhaber am 26. Januar 2017 im Hessischen Landtag

– Es gilt das gesprochene Wort –


Herr Präsident,
meine Damen und Herren,

diese Woche, am Montagabend, startete am Frankfurter Flughafen
die zweite Sammelabschiebung nach Afghanistan.

Wieder wurden 26 Menschen in ein Land abgeschoben, von dem jeder weiß, dass es dort nirgendwo sicher ist. Günter Burkhardt, der Geschäftsführer von Pro Asyl, hat diesen Abschiebeflug als „Tabubruch“ bezeichnet. Es ist ein Tabubruch, meine Damen und Herren, weil es Unrecht ist, Menschen in ein Kriegsgebiet abzuschieben.

Abschiebungen in ein Kriegsgebiet verstoßen immer gegen das Völkerrecht. Außerdem verstoßen sie gegen unsere Rechtsordnung und die von uns unterzeichneten Konventionen zum Schutz von Flüchtlingen.

Diese Abschiebeflüge sind ein Tabubruch, weil es sich um eine politische Entscheidung handelt, die wider besseres Wissen die Fakten ignoriert. Mehr noch: ein Rechtsbruch wird als Erfolg zelebriert.
Die Mär von den angeblich sicheren Gebieten ist nichts weiter, als eine Pseudolegitimation für diese unrechtmäßigen Abschiebungen.

Meine Damen und Herren,

das UNHCR, also das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, hat die Situation in Afghanistan noch einmal untersucht. Der aktuelle Lagebericht des UNHCR ist unmissverständlich:
Ganz Afghanistan ist von einem bewaffneten Konflikt überzogen. Die Lage hat sich seit April 2016 deutlich verschlechtert. Eine Unterscheidung zwischen sicheren und unsicheren Regionen ist nicht möglich.
Das UNHCR kommt sogar zu dem Schluss, dass länger zurückliegende Asylentscheidungen im Lichte der aktuellen Entwicklung neu aufgerollt werden müssten.

Erstaunlich ist nicht das Ergebnis dieser UNHCR-Untersuchung. Erstaunlich ist, meine Damen und Herren, die Schlussfolgerung des Bundesinnenministers de Maizière:
In einem Brief vom 9. Januar an seine Länderkollegen sieht er sich in seiner Politik bestätigt und fordert eine Intensivierung der Abschiebungen.

Rückenwind bekommt er von den Grünen. Sie zeigen sich nun offen für Abschiebungen nach Afghanistan.  „Chicago oder Kundus – wo ist es gefährlicher?“ spottete der grüne Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer. Wie sich Palmer und Kretschmann aktuell in der Asylpolitik verhalten, ist blanker Hohn. Mit grüner Politik hat das jedenfalls nichts mehr zu tun.

Meine Damen und Herren,

zu den Abgeschobenen gehören Menschen, die teilweise seit Jahren in Deutschland lebten. Sie hatten Arbeit und eine Familie. Gestern etwa erreichte uns ein Brief der Schülervertretung der Philipp-Holzmann-Schule aus Frankfurt. Die Schülerin Sadaf Amiri und ihre Familie sind aktuell von Abschiebung bedroht. Anfang des Monats wurden die Asylanträge abgelehnt.

Sadaf Amiri ist Auszubildende bei der Deutschen Bahn und Schülerin einer Berufsschule. Sadafs Bruder Issa wurde von Taliban entführt und gefoltert. Die Familie verließ deshalb Kabul und suchte Schutz in Deutschland. Nun soll sie binnen weniger Tage zurückgeschoben werden.

Die Schülervertretung hat sich mit der Familie solidarisiert und wendet sich gegen die drohende Abschiebung. Ich finde das wunderbar, dass diese Schülerinnen und Schüler menschlich reagieren und ihre Mitschülerin verteidigen! Genau das brauchen wir jetzt!

Ein Kontrastprogramm zur Politik des Innenministers, ein Kontrastprogramm der Solidarität! Denn das Bundesinnenministerium behauptet, dass primär Straftäter oder alleinstehende Männer abgeschoben werden. So soll offensichtlich die Hemmschwelle für Abschiebungen gesenkt werden.
Aber auch für Straftäter gilt: Sie dürfen nicht in ein Kriegsgebiet und in den Tod geschickt werden.

Meine Damen und Herren,

die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Dieser Satz aus Artikel 1 unseres Grundgesetzes ist kein veraltetes Relikt deutscher Nachkriegsgeschichte.Es ist weiterhin geltendes Recht.

Wer Menschen nach Afghanistan abschiebt, missachtet diesen Grundsatz. Er setzt Menschen bewusst einer Lebensgefahr aus, um im Wahljahr 2017 Handlungsfähigkeit in der Asylpolitik zu demonstrieren.
In Afghanistan herrscht Krieg, meine Damen und Herren! Und deswegen fordern wir den Abschiebestopp!

Ich danke Ihnen.