Pressemitteilungen
Flüchtlingskinder haben Recht auf Bildung – Sozial- und Erziehungsdienste stärken
Am 11. und 12. September 2015 sind die Fraktionsvorsitzenden der LINKEN im EU-Parlament, des Bundes und der Länder in Wiesbaden zusammengekommen, um gemeinsam mit Marlis Tepe, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), unter anderen über die neuen Herausforderungen an das Bildungssystems, die durch die stetig wachsende Zahl der Flüchtlingskinder auf die Kindertagesstätten und Schulen zukommen und die Forderungen aus dem KITA-Streik zu sprechen.
Dazu erklärt Willi van Ooyen, Vorsitzender der LINKEN-Fraktionsvorsitzendenkonferenz:
„‘Wir sind mehr wert‘. Unter diesem Motto haben 2015 bundesweit Hunderttausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen des Sozial- und Erziehungsdienstes für eine bessere Bezahlung und für die Aufwertung ihrer wichtigen und verantwortungsvollen Berufe gestreikt. Der darauf folgende Schlichterspruch blieb weit hinter den Forderungen zurück und fand nicht die Zustimmung der Mitglieder von ver.di und GEW.“
Marlis Tepe, GEW-Vorsitzende, betont:
„Mit Blick auf die Haushaltsberatungen im Bundestag sind ein umfassender Zugang zu Bildung und Soforthilfen zur Unterstützung der Fachkräfte und Bildungseinrichtungen notwendig. Das Menschenrecht auf Bildung gilt für alle Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen – ohne Ausnahme und ungeachtet ihres Aufenthaltsstatus. Flüchtlinge müssen ab dem Zeitpunkt ihrer Ankunft in Deutschland Zugang zu Bildungsangeboten bekommen. Bildung ist die wichtigste Bedingung, um Integration zu ermöglichen.“
Viele Flüchtlinge würden dauerhaft in Deutschland eine neue Heimat finden. Deshalb müsse Bildung in den Erstaufnahmeeinrichtungen begonnen und ein schneller Zugang zu Kitas, Schulen, beruflicher Bildung, Weiterbildung und Hochschulen gesichert werden.
Tepe: „Dafür benötigen die Bildungseinrichtungen und ihre Beschäftigten zusätzliche personelle und materielle Unterstützung. Der Haushalt 2016 kommt dieser Anforderung nicht nach.“ Als unangemessen und unredlich bezeichnet es Tepe, wenn kommunale Spitzenverbände berechtigte Forderungen nach einer gerechten Bezahlung einer Berufsgruppe, mit den Sorgen und Nöten von Flüchtlingen in Verbindung zu setzen versuchen. Gruppen der Bevölkerung hier gegeneinander auszuspielen, sei nicht zuletzt vor dem Hintergrund der aktuell stattfindenden Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte gefährlich.
Dietmar Bartsch, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag ergänzt:
"In der Bildung liegt vieles im Argen. Besonders schlimm ist, dass bei uns Kinder aus armen Familien besonders schlechte Bildungs- und Entwicklungschancen haben. Kinder mit Migrationshintergrund betrifft das in besonderer Weise. Wenn es gelingt dies zu überwinden, dann nutzt es allen Kindern. Flüchtlingskindern eine gute Bildung zu sichern, ist eine Investition in die Zukunft. Für alles das muss Geld in die Hand genommen und die Länder und Kommunen dürfen nicht allein gelassen werden. Auch deshalb steht die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen auf der Tagesordnung."
„Und nicht nur an dieser Stelle sei der Bund gefragt. Mit einer steigenden Flüchtlingszahl vergrößern sich auch die Herausforderungen an das Bildungssystem“, so van Ooyen.
„Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Jedes Flüchtlingskind hat von Anfang an das Recht auf Bildung, jedes Flüchtlingskind im schulpflichtigen Alter das Recht auf einen Schulbesuch – auch in den Erstaufnahmeeinrichtungen und somit schon vor Einsetzen der Schulpflicht, die erst beginnt, wenn sie die Erstaufnahmeeinrichtungen verlassen. Doch es fehlt an Plätzen und es fehlt an ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern, die Deutsch als Zweitsprache unterrichten können.“
Viele dieser Kinder seien durch Krieg und Terror aus ihren Heimatländern vertrieben worden. Es sei in unser aller Verantwortung, ihnen hier schnell ein wenig Normalität mit auf dem Weg zu geben. Dazu gehöre ganz sicher auch der Schulbesuch.
„Das bedeutet, die Willkommens- bzw. Intensivklassen müssen flächendeckend ausgebaut und mit gut ausgebildeten Lehrkräften ausgestattet werden.
Die Kultusministerien sind nun gefragt, zeitnah gute Weiter- und Fortbildungsmöglichkeiten für Lehrerinnen und Lehrer anzubieten. Nur mit intensiver Förderung werden die jungen Flüchtlinge dann den Sprung von den Willkommens- bzw. Intensivklassen in die Regelklassen schaffen. Dazu gehört auch die Mitarbeit unter anderem von Schulpsychologen. Die entsprechenden Gelder und Ressourcen müssen ohne Wenn und Aber jetzt in die Lehrerbildung und an die Schulen fließen“, so van Ooyen abschließend.