140x190 marjana schottMarjana Schott

schied zum Ende der 19.Legislaturperiode aud dem Landtag aus.
Die Fraktion dankt Ihr für Ihren langjährigen parlamentarischen Einsatz.
  
 
  

www.marjana-schott.de
 


Reden

Gesetzentwurf von CDU und Grünen für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuches und anderer Rechtsvorschriften

Rede Marjana Schott am 14. Dezember 2017 im Hessischen Landtag

– Es gilt das gesprochene Wort –


Sehr geehrte Damen und Herren,

ich knüpfe an den gestrigen Ausführungen zu dem Gesetzentwurf der SPD an und erwähne nochmals die Kriterien, an denen ich auch den Gesetzentwurf der CDU und der Grünen überprüfe:

Wir brauchen einen besseren Personalschlüssel mit einem Ansatz für die mittelbare pädagogische Arbeit und die Leitungstätigkeit sowie den Ersatz für Ausfallzeiten. Wir brauchen aber auch die Freistellung von den Elternbeiträgen, um Eltern mit niedrigen und mittleren Einkommen zu entlasten. Eine Gesetzesnovelle sollte weiterhin der Übersichtlichkeit dienen.

Dass Sie die Achtung der Kinderrechte in das Gesetz eingebracht haben, ist löblich. Lassen Sie uns schauen, welche Auswirkungen es hat. Das zweite Lob wollte ich Ihnen dafür geben, dass Sie versuchen, die Bürokratie abzubauen. Die Berichtspflicht der Träger zu reduzieren ist nicht einmal ein Versuch des Bürokratieabbaus. Was ist, wenn unterjährig der personelle Bedarf nach dem Gesetz nicht gedeckt ist und die Anforderung zur Zusammensetzung der Gruppe nicht nachgekommen wird? Dann erfährt das die Aufsichtsbehörde überhaupt nicht oder im Nachhinein. Im Gegenteil, an dieser Stelle geht es nicht um Bürokratie, sondern um die Sicherheit der Kinder und die Arbeitsbedingungen der pädagogischen Fachkräfte. Das ist gerade der falscheste Ort, um Vorschriften zu reduzieren.

Wenden wir uns zuerst der Freistellung von den Elternbeiträgen zu. Anscheinend haben Sie gewartet bis Frau Wiesmann aus dem Landtag ausgeschieden ist, um ihre Kehrtwende zum Thema Quality first und Beitragsbefreiung second in ein Gesetz zu gießen. Schließlich hat sie uns unermüdlich erklärt, dass wir mit der Befreiung von den Elternbeiträgen nur die Reichen sponsern.

Mir war klar, dass Sie irgendwann mit einem Vorschlag zur Befreiung von Elternbeiträgen um die Ecke kommen. Es gab zu viel Protest, nicht wenige CDU-Bürgermeister und Gemeindevertreter*innen haben Ihnen Druck gemacht. Ob der Protest jetzt versiegt, wage ich allerdings zu bezweifeln. Der Unmut in den kommunalen Parlamenten und bei den Verwaltungen zu Ihrem Vorschlag ist groß.

Auch wenn wir es gut finden, dass Sie endlich auf unsere Initiative zur Beitragsbefreiung eingehen, ist unsere Kritik an Ihrem Vorgehen umfassend. Ich will fünf Punkte nennen:

1. Die Pauschale ist zu niedrig. Viele Kommunen haben inzwischen höhere Elternbeiträge für sechs Stunden und müssen dann drauflegen. Die Folge werden höhere Beiträge bei den sonstigen Betreuungsstunden und höhere Defizite bei den Kommunen sein, die anderweitig ausgeglichen werden müssen.

2. Das Geld wird zum Teil aus dem kommunalen Finanzausgleich entnommen, das bedeutet, die Kommunen zahlen die Beitragsbefreiung teilweise selbst. Was ist denn mit der Konnexität in diesem Fall? Das sieht man, wie man durchaus sinnvolle Vorschriften in der hessischen Verfassung ad absurdum führt. Man stellt den Kommunen theoretisch frei, die Elternbeiträge zu erlassen und dann können sie nicht gegen die unzureichende Erstattung klagen.

3. Bei den Kitas kommt Ihre Initiative meist schlecht an. Es gibt einige, die eine Betreuungszeit unter sechs Stunden haben, und befürchten, dann ein Mittagessen anbieten zu müssen. Die meisten Kitas haben andere Module festgelegt und müssen jetzt neu rechnen.

4. Sechs Stunden Betreuungszeit ist für Berufstätige in der Regel nicht ausreichend. Dies läuft weiterhin auf eine Teilzeittätigkeit der Frauen hinaus. Für Alleinerziehende ist die Entlastung gering, sie werden durch dieses Gesetz zum wiederholten Male benachteiligt.

5. Für die anderen Bereiche der frühkindlichen Bildung, wie die unter Dreijährigen, die Tagespflege und die Schulkinder gibt es keine Entlastung und keine Verbesserungen.

Kommen wir zu Ihrer sogenannten Qualitätspauschale. Ich finde Anreize zur Teilnahme an Fortbildungen prinzipiell gut. Ob man das allerdings nur an Fortbildungen zum Bildungs- und Erziehungsplan binden sollte, macht mich skeptisch. Auch wenn wir diesen mal als gut akzeptiert haben, frage ich mich langsam, was hinter dahinter steckt, dass sie diesem eine solch hohe Bedeutung zuweisen.
Mit dem zusätzlichen Geld ist es zumindest möglich, ein paar Fachkraftstunden mehr im Jahr zu finanzieren, so dass es nicht so problematisch ist, wenn jemand aus dem Team auch noch zu einer Fortbildung will. Das war es aber auch. Mehr an Qualitätsverbesserung ist nicht und das ist verdammt wenig.

Im Gegenteil: sie bauen Qualität ab. Durch den unzureichenden Ausgleich der Beitragsfreistellung und den Entzug von KFA-Mitteln machen Sie es den Kommunen schwer, den aktuellen Stand zu halten. Die Diskussionen um Standards bei der Kinderbetreuung werden von Seiten der Kommunalaufsicht, in den kommunalen Vertretungen und von Seiten des Landesrechnungshofs weitergehen.

Dass die Förderung der Fachberatung pro Kita um 50 Euro pro Jahr erhöht wird, ist eine besonders noble Geste der Landesregierung. Ich hoffe, dass hierfür nicht die Schuldenbremse außer Kraft gesetzt werden muss.

Der Gesetzentwurf entspricht weder den Ergebnissen der Evaluation noch den Anliegen, mit denen sich viele an die Landesregierung und Fraktionen gewandt haben. Wir brauchen Vorgaben für die Freistellung von Leitungstätigkeit und mittelbarer pädagogischer Arbeit, wir brauchen eine Freistellung von allen Elternbeiträgen, wir brauchen weniger Bürokratie in der Kindertagesbetreuung. Alles das gibt der Gesetzesentwurf nicht her.