140x190 marjana schottMarjana Schott

schied zum Ende der 19.Legislaturperiode aud dem Landtag aus.
Die Fraktion dankt Ihr für Ihren langjährigen parlamentarischen Einsatz.
  
 
  

www.marjana-schott.de
 


Reden

Rede Marjana Schott zum Antrag der SPD betreffend „Frühe Bildung stärken – Kommunen und Eltern entlasten“

Rede von Marjana Schott im Hessischen Landtag am 31. Mai 2017

Weiterer Redebeitrag von Marjana Schott

– Es gilt das gesprochene Wort –


Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD,

das meinen Sie jetzt nicht ernst, war mein erster Gedanke, als ich Ihren Antrag gelesen habe.

Wir haben am 27. Januar 2016 einen Gesetzentwurf als LINKE eingebracht, mit dem die Elternbeiträge abgeschafft, die Kommunen finanziell und organisatorisch entlastet werden sollen, um die Qualität zu verbessern und die bürokratische Mittelbeantragung zu reduzieren. Kennen Sie das? Das sind im Wesentlichen Ihre Vorschläge. Es gibt nur kleinere Unterschiede. Sie wollen die Elternbeiträge in vier Schritten abschaffen, wobei leider kein Zeitplan eingefordert wird. So könnte die Landesregierung zustimmen und die Schritte in eine ferne Zukunft verlagern. Wir wollten die Beiträge sofort abschaffen. Dafür wollten wir die Kommunen bis 2020 von der Kitafinanzierung entlasten. Die SPD will den kommunalen Anteil auf zwei Drittel der Kosten beschränken. Die bürokratische Landesförderung pro besetzten Platz soll durch eine gruppenbezogene Förderung ersetzt werden. So weit sind wir nicht gegangen, allerdings haben wir uns die Arbeit gemacht, einen Gesetzentwurf zu formulieren und keine Antrag mit Vorschlägen, Auffassungen und Absichtserklärungen. Die Abschaffung der Sondertöpfe, wie es die SPD nennt, zu Gunsten einer höheren Grundförderung, war ebenfalls unser Antrag mit der Absicht, die Träger und Kommunen von bürokratischem Aufwand zu entlasten.

Da gibt es eine Menge Übereinstimmung. Schließlich haben wir sogar einen neuen Gesetzentwurf eingereicht, weil in der Anhörung zusätzliche Aspekte genannt wurden, wie die Anpassung an tarifliche Entwicklung, die Notwendigkeit einer weiteren Differenzierung und die Festschreibung von fachlichen Standards. Es hätte also genügend Gelegenheit gegeben, zu einem gemeinsamen Gesetzentwurf oder Antrag zu kommen. Stattdessen hat die SPD unseren Gesetzentwurf abgelehnt. Verstehe das, wer will.

Sehr geehrte Damen und Herren,

nahezu täglich erreichen uns Meldungen von Kommunen, die Beschlüsse zur Beitragsfreiheit und Entlastung der örtlichen Haushalte von der Finanzierung der Kinderbetreuung fassen. Gerade heute kam die Resolution des Werra-Meißner-Kreises. Einstimmig hat der Kreistag den Hessischen Landtag aufgefordert, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, dass Eltern von den Kita-Gebühren und Kommunen von den Kosten entlastet werden. Auch die CDU hat zugestimmt. Ebenfalls im Werra-Meißner-Kreis liegt die Gemeinde Ringgau, die die Landesregierung auffordert, die finanziellen Mittel für die Gebührenbefreiung und die Entlastung der Kommunen bereit zu stellen. Auf Antrag der CDU wurde in Wanfried einstimmig eine solche Resolution beschlossen. Im Kreistag Kassel wurde ein ähnlicher Beschluss gefällt, der Kreistag in Groß-Gerau hat sogar schon zwei Mal diese Position festgehalten, beim letzten Mal einstimmig. Und das ist nur einiges, was an Neuem hereinkam.

Sehr geehrte Vertreter*innen der Landesregierung,

Sie geraten unter Handlungsdruck. Ist Ihnen das bewusst? Die Ausflüchte, von wegen es kommt den Wohlhabenden zu Gute oder die Qualität steht im Vordergrund, das zieht nicht mehr. Gute Qualität ist nur möglich, wenn genügend Geld in den Kommunen für die Kindertagesbetreuung vorhanden ist. Ansonsten wird es schwierig, qualifizierte Erzieher*innen zu finden und genügend Personal für die Qualität zur Verfügung zu haben. Schöne Bauten erfreuen uns zwar, nutzen aber nichts, wenn Kinder Menschen brauchen, die sich ihnen zuwenden.

Dass immer mehr Eltern rechnen müssen, ob sie die Kinder und wenn ja, wie lange in die Kindertagesbetreuung geben oder ob sie die Tageseltern nutzen, weil dies mancherorts günstiger ist, oder ob das Mittagessen für jeden Tag beansprucht werden kann, ist bekannt. Schließlich redeten wir bei der Sitzung Anfang Mai über Kinderarmut, die 18 Prozent der hessischen Kinder betrifft und nur ein Teil erhält Grundsicherungsleistungen. Im Hinblick auf die Haushaltsberatungen in den Kommunen für 2018 rollt schon wieder eine Beitragserhöhungswelle an.

In der Evaluation des Kifög wurde eines sicher ganz besonders deutlich. Mit diesem Gesetz und seiner kleinteiligen Individualförderung wurde ein Bürokratiemonster geschaffen, das Träger, Einrichtungen, Kommunen, Kreisverwaltungen, Erzieher*innen erschlägt. Immerhin sie kommen dann nicht mehr auf dumme Gedanken, etwas zu fordern oder etwas zu ändern, dazu fehlt die Zeit, man kann nur noch funktionieren. Das ist mir in den Gesprächen bei den verschiedenen Auswertungsveranstaltungen aufgefallen, insbesondere Erzieher*innen werden davon blockiert. Da frage ich mich doch, war das Absicht? Erschlage ich die mit Kitabetreuung beschäftigten mit Bürokratie, um deren kreative Kompetenz zu verhindern?

Ich erwarte von der Landesregierung eine klare Aussage, was soll mit dem Kifög passieren? Wie hält sie es mit der Beitragsfreiheit? Wann bekommen die Kommunen endlich mehr Geld? Diese Fragen müssen im Hinblick auf die Landtagswahlen beantwortet werden.