140x190 marjana schottMarjana Schott

schied zum Ende der 19.Legislaturperiode aud dem Landtag aus.
Die Fraktion dankt Ihr für Ihren langjährigen parlamentarischen Einsatz.
  
 
  

www.marjana-schott.de
 


Reden

Rede zur Zweiten Lesung zum Schwangerschaftskonfliktgesetz

Rede von Marjana Schott am 13. Dezember 2016

– Es gilt das gesprochene Wort –

Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Ich finde die Debatte, die wir hier leider führen müssen, ziemlich traurig. Herr Rock hat eben versucht, zu beschreiben, worüber wir reden. Um es genau zu sagen: Wir reden bei den Frauen, die sich in eine solche Beratung begeben, darüber, ob ein Kind leben wird oder nicht. Das heißt, wir sprechen über Leben und Tod und über die entsprechende Beratung. Ich glaube, dass man an der Stelle, wie an allen anderen Stellen, zwar immer auch über Haushaltsfragen nachdenken muss, diese aber ganz weit hinten zu stehen haben.

Ganz vorne zu stehen haben die Qualität der Beratung und das Aufzeigen aller Möglichkeiten, die es für eine Frau in einer solchen Situation gibt: das Kind auszutragen und ihm ein würdevolles Leben zu geben oder es eben nicht auszutragen und dann mit der belastenden Situation fertig zu werden, ohne selbst Schaden zu nehmen. Das ist die Aufgabenstellung. Sie ist sehr komplex, ausgesprochen schwierig und in jedem Fall immer wieder eine neue Herausforderung. Um dem gerecht zu werden, braucht man gut ausgestattete Beratungsstellen mit Beraterinnen, die sich nicht über ihre eigene existenzielle Absicherung Sorgen machen müssen. Dafür haben wir hier Verantwortung zu tragen.

Wenn wir das tun, müssen wir die Beratungsstellen auch so finanzieren, dass diejenigen, die dort arbeiten – überwiegend Frauen –, gut versorgt sind, wenn sie in den Ruhestand gehen. Genau darüber beraten wir heute leider nicht. Deshalb muss es eine Änderung geben. Wir haben nicht nur das Problem, dass die Kosten nicht ordentlich erstattet werden, sondern auch das Problem, dass wir die Beratung durch Ärzte in einem Umfang anerkennen, der der Sache nicht gerecht wird. Es geht nicht darum, dass die Ärzte nicht gut beraten oder nicht beraten sollen. Selbstverständlich sollen auch Ärzte beraten dürfen. Man muss nur schauen, ob man nicht, wie es bei diesem Gesetzentwurf der Fall ist, die Beratungsstellenlandschaft schwächt, indem man Ärzten die Genehmigung zur Beratung erteilt. Das genau sollten wir nicht machen. Deswegen lehnen wir den Gesetzentwurf ab.


Die Ärzte können und sollen beraten; sie können es gern on top machen. Die Anzahl der Beratungsgespräche durch Ärzte ist so gering, dass es dieses Land nicht umbringen wird.
Der nächste Punkt, den ich für diese Debatte wirklich bezeichnend finde, ist die Auseinandersetzung um die anonyme Geburt. Wir reden hier von maximal einer Handvoll oder sogar von nur zwei anonymen Geburten im Jahr. Wir reden Gott sei Dank von ganz wenigen Fällen. Aber wir reden darüber, ob eine Frau es schafft, in eine Klinik zu gehen, um dort zu entbinden, oder ob sie das Kind allein irgendwo im Wald, in einer Garage, zu Hause in der Badewanne oder sonst wo bekommt, und wir reden dar- über, ob sie und das Kind das überleben.


Das sind so wenige Fälle, dass wir eigentlich über die Finanzierung einer solchen Beratung überhaupt nicht nachdenken müssen. Dann denken wir aber nur dann darüber nach, wenn es auch zu einem – in Anführungszeichen – „erfolgreichen“ Abschluss kommt. Wenn aber im Laufe der Beratung die Frau zu dem Ergebnis kommt, eben nicht anonym z zu entbinden, es anders zu machen, und sie eine Lösung findet, die für sie und das Kind noch zuträglicher ist, dann wird die Beratung nicht erstattet. – Was ist denn das für eine Debatte? – Das ist doch komplett schräg. Das Ganze bei vielleicht einem, zwei, drei oder fünf Fällen im Jahr. Das kann nicht Ihr Ernst sein.

Deshalb finde ich die Debatte, wie sie hier geführt wird, einfach nur traurig und diesem Land nicht würdig.


Hinweis: Stichpunkte zum Pflege- und Betreuungsleistungsgesetz anbei.