140x190 marjana schottMarjana Schott

schied zum Ende der 19.Legislaturperiode aud dem Landtag aus.
Die Fraktion dankt Ihr für Ihren langjährigen parlamentarischen Einsatz.
  
 
  

www.marjana-schott.de
 


Reden

Landesregierung selbst ist ein schlechtes Beispiel für Geschlechtergerechtigkeit

Rede  zum Entwurf der SPD zum Hessischen Gesetz über die Gleichberechtigung von Frauen und Männern und zum Abbau von Diskriminierung von Frauen in der öffentlichen Verwaltung

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

es gibt einiges, das bei der Landesregierung nicht in guten Händen ist, aber weniges, das in so schlechten Händen ist wie die Frauenpolitik. Dies scheint ein unbedeutendes und unbeliebtes Anhängsel zu sein, das keiner Aufmerksamkeit bedarf.

Der Blick auf die Webseite des Sozialministeriums klärt uns auf. Frauen fallen unter Familie und Soziales. Da gibt es auch eine Stabsstelle, allerdings erfährt die geneigte Leserin nicht, ob und wie sie zu kontaktieren ist. Aber es gibt einen Newsletter – nein, der ist vom Frauenreferat der Stadt Frankfurt, auch die Veranstaltungen werden von anderen organisiert. Aber da ist doch tatsächlich ein Verweis auf den Internationalen Frauentag, der steht uns ja im nächsten Monat bevor. Allerdings handelt es sich dabei um ein Video zu dem 100. Frauentag, zufällig weiß ich, dass dieser Tag 1911 von Clara Zetkin eingeführt wurde. Also auch schon vier Jahre alt. So wichtig scheint der die hessische Landesregierung die Frauen- und Gleichstellungspolitik zu sein, sehr geehrte Damen und Herren.

Aber immerhin hat das Land ein Hessisches Gleichberechtigungsgesetz, das u.a. festlegt, dass alle 5 Jahre über die Entwicklung des Frauenanteils an den Beschäftigten dem Landtag berichtet werden soll. Das ist im Februar 2011 passiert, wäre damit erst nächstes Jahr fällig, allerdings bezieht sich der 4. Bericht zur Umsetzung des Gleichberechtigungsgesetzes auf die Daten aus dem Jahren 2005 bis 2008. Das ist jetzt aber mehr als sechs Jahre her und damit kann man heute nicht mehr arbeiten, meine Damen und Herren.

Eigentlich wollte der Sozialminister alle drei Jahre berichten, so steht es im letzten Bericht. Aber jetzt zur Novellierung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes. Dieses ist bereits 2013 passiert, so sagte es Minister Grüttner im Juni desselben Jahres zu. Leider liegt noch nichts vor, im Gegenteil die Laufzeit wurde bis zum 31.12.15 verlängert. Da verstehe ich schon, dass die SPD die Geduld verliert und ihren Gesetzentwurf nochmals einbringt. Wer weiß, wie lange die Landesregierung noch braucht und ob sie genauso ein Mäuslein gebärt, wie es bei der Quotierung in Privatunternehmen auf Bundesebene aktuell von der großen Elefantenkoalition auf den Weg gebracht wird. Nach sechs Referentenentwürfen werden es etwa 180 Frauen sein, die in 108 Aufsichtsräten ihren Platz finden sollen. Und dafür der viele Aufruhr.

Aber das aktuelle hessische Gesetz taugt auch nicht mehr viel.

Das haben bereits die Grünen im Wahlkampf erkannt. Sie kritisierten mit uns gemeinsam, dass die bisherigen Frauenförderpläne, die das Hessische Gleichberechtigungsgesetz (HGIG) vorsieht, zu unverbindlich sind. Sie strebten wie wir eine Frauenquote von 50 Prozent für Führungspositionen im öffentlichen Dienst an. Sanktionen und das Klagerecht für Frauenbeauftragte sollen ebenfalls im Hessischen Gleichberechtigungsgesetz verankert werden. Da sind wir gespannt, wie sie jetzt zum Gesetzentwurf der SPD stehen und wie die schwarzgrünen Reformen des Gesetzes schließlich aussehen werden.

Allerdings sollten die Frauen und insbesondere die Frauenbeauftragten nicht zu viele Hoffnungen machen. Schließlich haben die Grünen auch in ihr Wahlprogramm geschrieben, dass „über eine aktive Frauenförderung, Anpassung von Rahmenbedingungen und Vergabeverfahren öffentlicher Aufträge … auch in der freien Wirtschaft eine nachhaltige Gleichberechtigung realisiert werden“ soll. Das ist beim Vergabe- und Tariftreuegesetz gründlich misslungen. Da steht doch tatsächlich ein ganzer Spiegelstrich drin, dass es dem öffentlichen Auftraggeber frei steht, von den Unternehmen die Förderung von Frauen zu fordern. So mager ist das Ergebnis, wenn man sich in der Koalition zu innig liebt.

Aber die Landesregierung selbst ist ja ein schlechtes Beispiel für Geschlechtergerechtigkeit. Fünf Frauen von 22 Mitgliedern sind gerade mal 22 Prozent Wie ist dies mit dem Koalitionsvertrag vereinbar, dass der öffentliche Dienst seine Vorbildfunktion nachkommt, sehr geehrte Damen und Herren? Ich möchte Ihren Blick jetzt aber auf die hessischen Frauenbeauftragten richten. Was erwarten diese von der hessischen Politik? Ihre erste Forderung, dass die „hessische Frauen- und Gleichstellungspolitik … wieder mehr Profil bekommen“ muss, ist im letzten Jahr enttäuscht worden. Weder ist die Frauenpolitik Teil einer Ministeriumsbezeichnung geworden noch hat eine direkte Anbindung an die Staatskanzlei stattgefunden. Frauenpolitik ist ein Bestandteil des Ministeriums für Soziales und Integration. Besonders augenfällig wird dies, wenn sich bundesweit die Frauen- und Gleichstellungsministerinnen sowie Senatorinnen treffen und in der Zeitung dann das Gruppenbild mit einem Herrn erscheint.

Weiterhin fordern sie die konsequente Anwendung des Gender Mainstreaming in allen Politikbereichen, die Hälfte der Landesregierung sollen Frauen sein, die Überprüfung von Rahmenbedingungen und Gepflogenheiten parlamentarischer Arbeit auf kommunaler und Landesebene auf die Vereinbarkeit z. B. mit Familienaufgaben und einiges mehr.

Inwiefern hilft der Gesetzentwurf der SPD den Frauenbeauftragten in der Erfüllung ihrer wichtigen Aufgaben? Sie bekommen die Möglichkeit ihre Aufgabe wahrzunehmen, da sie mehr Rechte und Möglichkeiten erhalten, durch Widerspruchs-, Sanktions- und Klagerechte. Sie erhalten mehr personelle Kapazitäten für ihre Tätigkeit. Denn es darf nicht passieren, dass wir keine Frauen mehr finden, die bereit sind diese Aufgabe zu übernehmen, weil sie die Tätigkeit nicht mit ihrer Arbeitszeit und familiären Aufgaben vereinbaren können. Dies ist oft in den Hochschulen der Fall, da aufgrund der befristeten Beschäftigungen viele Neueinstellungen vorgenommen werden. Über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gerade bei jungen Frauen brauchen wir dabei nicht mehr zu diskutieren. Diese Beschäftigten sind ohne berufliche Perspektive und können somit auch schwerlich eine Lebensperspektive entwickeln. Da brauchen wir keine Demografieerörterung und Klagen über den Geburtenmangel, sondern sichere Arbeitsplätze, von deren Gehalt man auch leben kann, sehr geehrte Damen und Herren.

Es gibt auch und zunehmend im öffentlichen Dienst viel Arbeit für Frauenbeauftragte, Personal- und Betriebsräte sowie Schwerbehindertenvertretungen. Ein Beispiel will ich nur erwähnen. Ich hoffe, dass alle, die heute hier im Landtag für Chancengleichheit und Gleichstellung von Frauen sind, sich aktiv an der Kampagne zur Aufwertung sozialer Berufe beteiligen. Ob Erzieherin, Sozialpädagogin, Heilerziehungspflegerin – gemeinsam ist ihnen, dass sie bei gleicher Ausbildung schlechter bezahlt werden als Berufe im technischen Sektor. Kein Wunder, dass so wenige Männer dort tätig sind. Die Einstiegsgehälter liegen beispielsweise für Erzieherinnen bei knapp über 2.300 Euro brutto und enden bei knapp 3.200 Euro brutto. Da sehr viele Erzieherinnen - meist ungewollt - in Teilzeit arbeiten, ist ihr tatsächliches Einkommen jedoch deutlich geringer. Sie müssen dann häufig Zweitjobs annehmen – und ihnen droht Altersarmut. Menschen in sozialen Berufen leisten wichtige und gute Arbeit. Das muss entsprechend bezahlt werden.

Hier geht es um die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie, um Gleichberechtigung und gleiche Chancen für Frauen.