140x190 marjana schottMarjana Schott

schied zum Ende der 19.Legislaturperiode aud dem Landtag aus.
Die Fraktion dankt Ihr für Ihren langjährigen parlamentarischen Einsatz.
  
 
  

www.marjana-schott.de
 


Reden

Umwelt-Enzyklika von Papst Franziskus weist den Weg auch für Hessen

Rede von Marjana Schott, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag zu:

„Niemals haben wir unser gemeinsames Haus so schlecht behandelt und verletzt wie in den letzten beiden Jahr-hunderten“ – Umwelt-Enzyklika von Papst Franziskus weist den Weg auch für Hessen

Dr. 19/2097 (25.06.2015), Top: 69

Es gilt das gesprochene Wort 

Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident/in, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste,

für Kapitalismus-Gläubige rund um den Globus geht ein Gespenst im Papst-Gewand um.  Franziskus spricht klare Worte: der globalisierte Kapitalismus steckt in der Krise, eine allein profitorientierte Marktwirtschaft bringt neben Wachstum mehr Gewalt und Kriege, mehr soziale Ungleichheit, mehr Umweltzerstörung und verstärkten Klimawandel.

 [Zitat]

 „Die menschliche Umwelt und die natürliche Umwelt verschlechtern sich gemeinsam, und wir werden die Umweltzerstörung nicht sachgemäß angehen können, wenn wir nicht auf Ursachen achten, die mit dem Niedergang auf menschlicher und sozialer Ebene zusammenhängen.“ [48]

Und weiter betont er,

„dass die schwersten Auswirkungen all dieser Umweltverletzungen von den Ärmsten erlitten werden.“ [26, Bolivianische Bischofskonferenz, Hirtenbrief über Umwelt und menschliche Entwicklung in Bolivien El universo, don de Dios para la vida (2012), 17]“ [48]

Die Verbindung der sozialen mit der ökologischen Frage – ein großes Defizit Grüner Politik - gelingt dem Papst ausgesprochen gut: [Zitat]

"Es gibt nicht zwei Krisen nebeneinander, eine der Umwelt und eine der Gesellschaft, sondern eine einzige und komplexe sozio-ökologische Krise. Die Wege zur Lösung erfordern einen ganzheitlichen Zugang, um die Armut zu bekämpfen, … und sich zugleich um die Natur zu kümmern.“[139]

Zur Lösung der Krise wendet sich Papst Franziskus explizit gegen marktbasierte neoliberale Konzepte, wie den CO2-Emissionshandel, dessen weltweite Einführung Bundeskanzlerin Merkel  jüngst forderte.

Der Markt ist ökologisch blind und sozial rücksichtslos, so lautet ein Standard der Kapitalismuskritik. Papst Franziskus formuliert:

[Zitat]

„In manchen Kreisen meint man, dass die jetzige Wirtschaft und die Technologie alle Umweltprobleme lösen werden, ebenso wie man … behauptet, dass die Probleme des Hungers und das Elend in der Welt sich einfach mit dem Wachstum des Marktes lösen werden.“ [109}

Kein Green New Deal, nicht mehr Markt oder mehr Technik werden den Klimawandel und Hunger und Armut beseitigen. Das kann nur mit politischen Eingriffen gelingen.

Franziskus weiß wovon er spricht. Er hat die Folgen neoliberaler Schock-Therapien, wie sie heute die Griechen über sich ergehen lassen müssen, als Seelsorger in den Armenvierteln seiner argentinischen Heimat in den 1990gern selbst miterlebt.

Er kritisiert [Zitat]

„... ‚alles Schwache wie die Umwelt [bleibt] wehrlos gegenüber den Interessen des vergötterten Marktes, die zur absoluten Regel werden.“ [56]

Da steckt mehr Kapitalismuskritik drin, als in den Wahlprogrammen der hessischen Grünen der letzten zehn Jahren.  Ja - Papst Franziskus könnte den Weg auch für Hessen weisen. Nur weder Grüne noch die Christlich Demokratische Union  interessieren sich in Wahrheit auch nur das geringste bisschen, für das was ihnen der Papst zu sagen hat.

Mit Recht fordert Papst Franziskus

[Zitat]

„Die Politik darf sich nicht der Wirtschaft unterwerfen...". [189]

Das hätte die Grüne Umweltministerin Priska Hinz am Verhandlungstisch mit K+S berücksichtigen sollen, um den Dax-Konzern auf eine nachhaltige Kaliförderung zu verpflichten. Stattdessen verhilft sie ihm aber zu Extraprofiten.

Von Bundeswirtschaftsminister Gabriel an dieser Stelle ganz zu schweigen.

Als hätte Franziskus auch nach Frankfurt geschaut  schreibt er:
[Zitat]

„Unter anderem werden „ökologische“ Wohnanlagen geschaffen, die nur einigen wenigen dienen, wo man zu vermeiden sucht, dass andere eintreten und die künstliche Ruhe stören. Eine schöne Stadt voller gut gepflegter Grünflächen findet man gewöhnlich in einigen „sicheren“ Gebieten, jedoch kaum in weniger sichtbaren Zonen, wo die von der Gesellschaft Ausgeschlossenen leben.“ [45]

Das wendet sich explizit gegen grüne Mittelstandsökonomie: Passivhäuser mit Breitbandanschluss für die, die es sich leisten können. Die sozial abgehängten können in Offenbach bleiben. Das ist grüne Metropolenpolitik.

Anstelle hier mit Bezug auf die Umwelt-Enzyklika Weihrauch zu verströmen, sollten sich die Grünen die Haltung von Papst Franziskus zu Eigen machen und die ist:

sozial-ökologisch, technik- und  kapitalismuskritisch.

Was setzt der Grüne Wirtschaftsminister den Wachstumsansprüchen der Fraport entgegen? Wo sind die schwarz-grünen Initiativen zur post-Wachstumspolitik?

Die Grünen haben keinen Plan B, keine Konzepte einer solidarischen post-Wachstumspolitik - aber sie finden den Papst toll weil er von Ökologie redet und das ist doch ihr Thema.

Grüne Umweltpolitik ist aber im Kern neoliberal. Und als neoliberale Marktapologeten werden sie sich an der Umwelt-Enzyklika des Papstes die Finger verbrennen wie der Teufel am Weihwasser.

Ohne Wachstum des Frankfurter Flughafens geht in Hessen  die Welt unter - hören wir seit Jahren von der CDU. Jetzt sagt der Papst dass die Welt wirklich untergeht, wenn wir so weiter machen und  die hessischen Regierungsparteien betreiben Greenwashing mit der Umwelt-Enzyklika. Um im Genre zu bleiben: Das ist Blasphemie. Aber sie haben Glück: Die Heilige Inquisition wurde abgeschafft.