Reden

Rede zum Setzpunkt der Fraktion DIE LINKE zur Mietbegrenzungsverordnung DS. 19/6294

Rede von Hermann Schaus am 26. April 2018


– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Herr Präsident/Frau Präsidentin,

Meine Damen und Herren,

das Landgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 27.03.2018, die hessische Mietbegrenzungsverordnung vom 17.11.2015 für unwirksam erklärt. Die Unwirksamkeit begründete das Landgericht Frankfurt auf die fehlende gleichzeitige Veröffentlichung der Begründung zurück.

Entgegen der Vorgaben in §556d BGB wurde die Begründung nicht gleichzeitig mit der Verordnung im Staatsanzeiger veröffentlicht, sondern erst mehr als ein Jahr später.

In der Presseerklärung des Landgerichts Frankfurt vom

28.03.2018 mit der Überschrift „Mietpreisbremse ist unwirksam“

„Die offizielle Begründung der Mietpreisbegrenzungs-verordnung habe die Hessische Landesregierung frühestens im Jahr 2017 als pdf-Download auf der Homepage des zuständigen Ministeriums öffentlich zugänglich gemacht. Eine Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Hessen sei nicht erfolgt. Das nachschieben einer Begründung heile den Mangel der Verordnung nicht.“

 

Aus diesem formalen Grund hat ein klagender Mieter seinen Prozess wegen überhöhter Miete in zweiter Instanz verloren.

Und aus diesem von Ministerin Hinz zu verantwortenden Fehler werden bis auf weiteres alle Mieterinnen und Mieter in Hessen die ebenfalls Klagen wegen überhöhte Mieten eingereicht haben Ihre berechtigten Forderungen nichtdurchsetzen können.

In einer ersten Reaktion danach haben Sie Frau Wohnungsministerin Hinz erklärt, dass die hessischen Mieterinnen und Mieter ganz beruhigt sein können, da die Mietpreisbremse weiterhin gelte.

Ja, formaljuristisch ist dies auch korrekt, allerdings geht von diesem Urteil ein fatales Signal aus.

Denn alle Vermieterinnen und Vermieter wissen nun, sie können die Mietpreisbremse ignorieren, es passiert ihnen nichts. 

Darüber hinaus verunsichert es natürlich auch alle Mieterinnen und Mieter. Denn wer klagt denn bei dieser Rechtslage jetzt noch gegen seine überhöhte Miete? Niemand wird klagen, Frau Ministerin!

Faktisch ist die Mietpreisbremse mit diesem Urteil außer Kraft gesetzt. Und das aufgrund eines Formfehlers von Umweltministerin Hinz.

Also kleine Ursache – aber große Wirkung!

Frau Umweltministerin Hinz: Es ist nicht neu und ich sage es immer wieder: Sie sind mit der Wohnungspolitik komplett überfordert. Die Wohnungspolitik führt im Umweltministerium ein Schattendasein und das muss sich schleunigst ändern!

Diese Überforderung zieht sich wie ein roter Faden durch diese bald endende Legislaturperiode. Beginnend mit den völlig unzureichenden Änderungen am Wohnraumförderungsgesetz 2014, die verkorkste Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe 2015 bis zur heute diskutierten unwirksamen Mietpreisbremse.

Wie wir es auch drehen und wenden, die schwarz-grüne Wohnungspolitik ist für die hessischen Mieterinnen und Mieter schlicht und ergreifend eine Katastrophe.

Dies belegen im Übrigen auch die Zahlen am Hessischen Wohnungsmarkt.

Seit 2014 schwarz-grün erleben wir eine dramatische Entwicklung beim sozialen Wohnungsbau in Hessen. Seither hat sich die Zahl der Sozialwohnungen von 114.354 auf gerade noch rund 85.000 Wohnungen zum 31.12.2017 verringert. Die ist ein Verlust von fast 30.000 Wohnungen innerhalb Ihrer Amtszeit, Frau Hinz

Gleichzeitig hat sich die in den Jahren davor wenigstens stagnierende Zahl an registrierten Sozialwohnungs-suchenden Haushalten von 45.603 auf 50.252 erhöht.

Klar erkennbar: Die Tendenz der Suchenden steigt spürbar, während die zur Verfügung stehenden Wohnungen jedes Jahr deutlich abnehmen.

Ich habe mir mal die Mühe gemacht und die Zahl der jährlich neugebauten Sozialwohnungen in den Geschäftsberichten der WI-Bank nachgelesen und dabei erstaunliches festgestellt:

In den Jahren in denen der FDP Wirtschaftsminister Posch zuständig war wurden in:

2009 – 407 Sozialwohnungen neu bewilligt

2010 – 649

2011 – 565

2012 – 1492 und

2013 – 351

Zusammen: 3464

Viel zu wenig, gegenüber dem Wegfall der Bindungen!

In Ihrer Amtszeit Frau Hinz sind es aber noch viel weniger!

In 2014 wurden nur 404 Sozialwohnungen neu bewilligt

In 2015 waren es 444

Und in 2016 nur noch magere 213

Für 2017 liegt der Geschäftsbericht noch nicht vor, aber ich glaube kaum, dass sich diese mageren Neubauzahlen entscheidend verbessert haben. Mit 2017 und 2018 dürften das dann in dieser Legislaturperiode

1700 bis 1800 neugebaute Sozialwohnungen sein.

Das wäre gerade mal die Hälfte dessen was Minister Posch geschafft hat. Das ist Ihre Wohnungsbilanz Frau Hinz: Ein Rohrkrepierer, eine Luftnummer und eine Täuschung der Bevölkerung!

Vor dem Hintergrund dieser Zahlen ist es geradezu dreist, dass Sie auf der Landesmitgliederversammlung der Grünen am vergangenen Wochenende von einer erfolgreichen Wohnungspolitik gesprochen haben und weiter –man beachte das Wort „weiter“ – dafür kämpfen wollen, dass es für jede Familie in Hessen eine bezahlbare Wohnung geben solle.

Für immer weniger Familien in Hessen stehen bezahlbare Wohnungen zu Verfügung. Und zum Glück merken das die Menschen in Hessen auch!

Bei der letzten Umfrage zur Landtagswahl von Ende März, räumten gerade einmal 8% der Befragten Ihnen und Ihrer Partei die Kompetenz zu, die Wohnungssituation zu verbessern. Das ist für die Partei die die Wohnungsministerin stellt ein regelrechter Schlag ins Gesicht.

Sie haben es in den vergangenen Jahren weder geschafft eine rechtsgültige Mietbegrenzungsverordnung zu erlassen. Sie haben es auch nicht geschafft, eine positive Trendwende am hessischen Wohnungsmarkt einzuleiten. Ihre vielen Ankündigungen haben sich am Ende wirkungsloser Aktionismus entpuppt. Die Zahlen sprechen dabei eine ganz eindeutige Sprache.

Frau Ministerin Hinz. Wir fordern Sie auf, wenigstens den von Ihnen begangenen Fehler beim Erlass der Mietbegrenzungsverordnung endlich einzugestehen und diese sofort mit einer rechtsgültigen Begründung neu zu erlassen.

Damit die Mieterinnen und Mieter in Hessen noch vor den Sommerferien in der Lage sind erfolgreich gegen überhöhte Mieten klagen zu können.

Weiter fordern wir, dass sie sich erst dann ein neues Gutachten erstellen lassen auf dessen Grundlage dann hoffentlich weitaus mehr als nur 16 Städte in die Verordnung einbezogen werden.

Ich weiß, die Mietpreisbremse ist weiß Gott keine Wunderwaffe gegen Mietwucher und die in der sogenannten Großen Koalition in Berlin vereinbarte Verbesserungen sind unzureichend. Notwendig wäre es vielmehr im Gesetz auch Sanktionsmöglichkeiten und ein Bußgeld gegen Vermieter, bei überhöhte Mieten vorzusehen.

Die Mieterinnen und Mieter haben ein Recht auf eine juristisch saubere und praxistaugliche Mietpreisbremse.

Es bleibt weiterhin Ihre Verantwortung, Frau Ministerin Hinz, die Mieterinnen und Mieter vor überhöhten Mieten zu schützen.