Reden

Haushalt 2015, Einzelplan 03 (Inneres)

- unkorrigiertes Redemanuskript, es gilt das gesprochene Wort -

Herr Präsident,
meine Damen und Herren,

der Bereich des Innenministeriums gehört mit insgesamt 1,44 Mrd. Euro zu den größten Einzeletats im Landeshaushalt. Davon entfallen allein 1,13 Mrd. Euro auf die Personalkosten der rund 24.000 Beschäftigten. Größter Bereich dabei ist die Polizei mit rund 16.500 Vollzeitstellen, wovon 14.000 Vollzeitstellen auf den Polizeivollzug und 2.500 Stellen auf die Polizeiverwaltung entfallen. Gerade hier, bei den Beamtinnen und Beamten will die Koalition in besonderem Maße sparen.

Am Montag dieser Woche demonstrierten in Wiesbaden und Kassel 3.500 Polizei- und Feuerwehrbeamtinnen und -beamten- gegen die weitere Sparpolitik,  der neuen schwarzgrünen Landesregierung, denn im aktuellen Landeshaushalt ist nach dem Koalitionsvertrag, wegen der Schuldenbremse, eine Nullrunde für 2015 vorgesehen. In den nachfolgenden Jahren sind dann lediglich Besoldungserhöhungen von 1% pro Jahr vorgesehen, ganz gleich wie die Tariferhöhungen ausfallen oder ganz egal wie sich die Preissteigerungsrate entwickelt. Eine solch obrigkeitsstaatliche Alimentierung der Beamten rein nach Kassenlage führt zu weiteren Frustrationen und Demotivierung und ist schlicht verfassungswidrig!

Darüber hinaus sollen im Landeshaushalt zukünftig pro Jahr Kürzungen von insgesamt 20 Mio. Euro bei der Krankenversicherung des Beamtinnen und Beamten vorgenommen werden. Gerade hier wird seitens der Koalition Stimmung gemacht und es werden die Vorurteile an den Stammtischen mit dem Hinweis auf Abschaffung von Chefarztbehandlung und Zweibettzimmern im Krankenhaus, bedient. Tatsache ist aber, dass allein durch diese Leistungskürzungen nur ein Bruchteil dieser 20 Mio. Euro zusammen zu bringen sind.

Tatsache ist auch, dass die Landesregierung zwar diese Kürzungen von 20 Mio. in den Haushalt eingestellt hat, der Innenminister aber im Ausschuss nicht beantworten konnte, welche Leistungskürzungen im Detail vorgesehen sind. Mit anderen Worten, die Landesregierung weiß es halt noch nicht genau, aber sie wird schon einen Weg finden dieses Ziel zu erreichen.

Bereits seit dem DIE LINKE hier im Landtag vertreten ist streiten wir für eine angemessene Besoldung und für angemessene Arbeitsbedingungen der hessischen Beamtinnen und Beamten, ebenso wie für die der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und deshalb haben wir uns auch an beiden Kundgebungen von GdP und DGB solidarisch beteiligt.

Stets haben wir uns für eine zeit- und inhaltsgleiche Übertragung der Tarifergebnisse der Arbeitnehmer des Landes Hessen eingesetzt und werden dies auch weiterhin tun. Dass Vertreter der Koalition angesichts der Proteste der Polizeibeamten auf die zurückliegenden Besoldungssteigerungen von 2,8% und 2,6% hinweisen ist erbärmlich, denn selbst diese Erhöhungen wurden zeitverzögert nach den Tarifabschlüssen vorgenommen und sie decken im Übrigen den zurückliegenden Zeitraum ab.

Wir werden als LINKE in die Haushaltsberatungen 2015, wie in allen zurückliegenden Jahren auch, wieder entsprechende Anträge zur zeit- und inhaltsgleichen Übertragung der Tarifergebnisse des TV-H einbringen. Dabei kalkulieren wir Tariferhöhungen von mindestens 3 % ein.
Von den großen Protesten der Polizei- und Feuerwehr-beamten  überrascht versuchen Abgeordnete der Koalition nun auch noch Falschmeldungen zu verbreiten. So wies der CDU- Abgeordnete Heinz in der FAZ vom 16.12.2015 darauf hin,  (Zitat) „dass die Besoldung der Beamten im bundesweiten Vergleich  auf hohem Niveau liege. So verdiene beispielsweise ein Polizeioberkommissar in der höchsten  erfahrungsstufe in Hessen jährlich rund 700 Euro mehr als sein Kollege im sozialdemokratisch regierten  Nordrhein-Westfalen.“ (Zitat Ende).

Herr Heinz ich habe das mal genau nachgerechnet und komme zu einem ganz anderen Ergebnis:
So beträgt die Grundvergütung in A10 Endstufe (8) in Hessen 3358, 10 Euro, in NRW sind es mit 3385,07 Euro 27 Euro mehr.  Somit erhält der hessische Polizeibeamte tatsächlich 324 Euro weniger als sein Kollege in NRW und der hat auch nur 40 Stunden pro Woche zu arbeiten.
Rechnet man also die Vergütung der hessischen Polizeibeamten von 42 Stunden auf 40 Stunden, entsprechend der Mehrarbeitsvergütung von 19,01 Euro pro Stunde um, so komme ich auf eine Besoldungsdifferenz von 180 Euro pro Monat oder über 2000 Euro pro Jahr. Dann wird auch klar, dass der DGB Recht hatte als er 2011 in seiner Studie zum Besoldungsniveau unter den Bundesländern feststellte, dass Hessen mit der Bezahlung seiner Beamtinnen und Beamten an drittletzter Stelle liegt.

Bei den Berufsfeuerwehrleuten, die sich  zum weitüberwiegenden Teil übrigens in den mittleren Besoldungsgruppen  A7 oder A8 befinden beträgt die Differenz zu ihren Kollegen in anderen Bundesländern  sogar bis zu 4.800 Euro pro Jahr.
Hören sie endlich auf der Öffentlichkeit falsche Zahlen zu präsentieren und stehen sie dazu, dass Sie als schwarzgrün eine zweite Operation düstere Zukunft mit diesem Haushalt eingeleitet haben.
Auch aus diesen Gründen unterstützen wir den vorliegenden SPD Antrag die Vergütung beim Dienst zu ungünstigen Zeiten endlich in angemessener Weise anzuheben.

Sie haben als Koalition auch die Streichung von weiteren 1800 Stellen in dieser Legislaturperiode vereinbart, wovon 480 im Bereich des Innenministeriums vorgesehen sind. Das sind pro Jahr also 96 Stellen weniger. Da der Polizeivollzugsbereich mit seinen 14.000 Stellen davon jedoch ausgenommen ist bekommen es die übrigen Bereiche, also das  Ministerium, die Regierungspräsidien  und nachgeordnete Behörden voll ab.  Sogar im Polizeiverwaltungsbereich werden jährlich 29,5 Stellen abgebaut, arbeiten, die dann zukünftig Polizeibeamte aus dem Vollzugsdienst erledigen werden und dann dort fehlen.

So lügen sie sich auch noch in die eigene Tasche, wenn sie der Bevölkerung vorgaukeln bei der Polizei würden keine Stellen abgebaut.
Übrigens, finden die Stellenstreichungen fast ausschließlich in den unteren und mittleren Bereichen statt, während neue Stellen, die es ja auch gibt fast ausschließlich in den oberen Bereichen geschaffen werden.

Das dreisteste Vorgehen finden wir beim Verfassungsschutz. In der Öffentlichkeit verkündete der Innenminister die Schaffung von fünf neuen Stellen zur Salafismusbekämpfung. Ein Blick in den Stellenplan zeigt aber eindeutig, dass alle neuen Stellen im höheren Dienst geschaffen werden, darunter alleine 4 von 5 in der Besoldungsgruppe A 15. Hier bedient sich also die Führungsriege des Landesamtes für Verfassungsschutz, unter dem Deckmantel der Salafismusbekämpfung ungeniert selbst und das Ministerium macht mit.     
Diese Beispiele aus den Stellenplänen könnte ich noch weiter fortsetzen, ich will mich aber in Anbetracht der Zeit   darauf beschränken auch andere kritikwürdige Vorhaben anzusprechen.

So habe ich mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass für das seit Jahren so hochgelobte Ikarus-Programm, für Aussteiger aus der rechten Szene, auf das seitens der Minister immer wieder in den öffentlichen Debatten stolz hingewiesen wurde, ganze 50.000 Euro vorgesehen sind. Wie viele potenzielle Aussteiger glauben sie denn mit diesem lächerlichen Betrag betreuen zu können; einen oder gar zwei Personen? Und das soll reichen, Herr Minister?

Ein weiteres Lieblingskind, das ständig in der öffentlichen Darstellung der Landesregierung seinen Niederschlag findet ist die Garantiesumme von 30 Mio. Euro aus der Feuerschutzsteuer.

Schon in der letzten Plenarsitzung wurde Ihnen seitens der SPD vorgerechnet, dass die Einnahmen schon seit Jahren über den garantierten 30 Mio. Euro liegen, ihre Zusage also eine 0-Nummer darstellt. Da aber die Ausgaben für die Ausrüstungen der Feuerwehren in den letzten Jahren mit Preissteigerungen verbunden sind, fordern wir eine Steigerung dieser Garantiesumme versehen mit einer jährlichen Gleitklausel.
Darüber hinaus fordern wir weiterhin die Umwandlung sämtlicher Mittel des Kompetenzzentrums zur Förderung von ÖPP-Projekten in eine neu zu schaffende Beratungsstelle für Rekommunalisierung.

Zudem fordern wir ebenso wie die SPD von der geplanten Verlagerung der Kommunalaufsicht über die kreisnagehörigen Städte und Gemeinden auf die Regierungspräsidien Abstand zu nehmen. Diese Kompetenzverlagerung dient einzig und allein dazu den Druck auf die Haushalte der Kommunen zu erhöhen.

Da Sie nicht bereit sind die Kommunen ausreichend finanziell zu unterstützen, so dass sämtliche Pflichtausgaben gedeckt sind und noch ein Finanzspielraum bei den sogenannten freiwilligen Aufgaben bleibt, haben sie politisch jedes Recht verwirkt, die Kommunen so zu gängeln.
Meine Damen und Herren, zum Schluss möchte ich noch auf unseren vorgelegten Antrag zum Winter-Abschiebestopp von geflüchteten eingehen, worin die Landesregierung aufgefordert wird, dem Beispiel Thüringens und Schleswig-Holsteins zu folgen und Abschiebungen von Staatsangehörigen, insbesondere aus Afghanistan, Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Irak, Iran, Kosovo, Mazedonien, der Russischen Föderation, Serbien, Türkei, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Pakistan und Ukraine bis mindestens zum 31. März 2015 auszusetzen.

§60a des Aufenthaltsgesetzes räumt den Ländern die Möglichkeit ein, Abschiebungen u.a. aus humanitären Gründen für eine Dauer von sechs Monaten vorübergehend auszusetzen. Hiervon haben Thüringen und Schleswig-Holstein bereits Gebrauch gemacht und einen Winter-Abschiebestopp erlassen.

Herr Wagner hat uns in der gestrigen Haushaltsrede die Koalitionsvereinbarung der rot-rot-grünen Landesregierung Thüringens vorgehalten. Nun drehen wir mal den Spieß um, Herr Wagner, und verweisen an dieser Stelle auf die erste Kabinettsentscheidung in Thüringen.
Was die können, sollten wir in Hessen auch wollen. Und um die Entscheidungsfreude in der Koalition zu steigern beantrage ich namens meiner Fraktion hierüber eine namentliche Abstimmung vorzunehmen.