Reden

Terminal 3 ist überflüssig – kein Einstieg in eine neue Wachstumsrunde

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident/in,
meine Damen und Herren,

„Die aktuellen Zahlen des Flugverkehrs rechtfertigen auf keinen Fall den Bau des Terminals 3. So ist die Zahl der Flugbewegungen im ersten Quartal des Jahres um fast sechs Prozent zurückgegangen. Spätestens jetzt muss Fraport die Reißleine ziehen und die weiteren Ausbaupläne, zu denen auch der Bau des Terminals 3 gehört, vollständig stoppen.  Die Belastung der Region ist jetzt schon überschritten, ein weiterer Ausbau ist den Menschen rund um den Frankfurter Flughafen nicht zuzumuten“,  unterstreicht der für die Belange des Frankfurter Flughafens zuständige Abgeordnete der GRÜNEN, Frank Kaufmann.
Das alles stammt aus einer Presseerklärung vom 16.Mai 2013.
Wie wir alle wissen sind diese Aussagen immer noch zutreffend. Es hat sich nur eines geändert, die Grünen regieren jetzt in Hessen mit. Sie haben sogar alle politischen Schlüsselpositionen in Sachen Flughafenausbau inne, denn neben dem Verkehrsminister, kommen auch der für die Baugenehmigung des Terminals 3 zuständige Frankfurter Dezernent und Bürgermeister Cunitz und die für Genehmigungsverfahren zuständige Regierungspräsidenten in Darmstadt aus den Reihen der Grünen. Aber geändert hat sich dadurch nichts.

Obwohl die schwarzgrüne Landesregierung als Hauptanteilseigner derzeit den Bedarf des Terminals 3 prüfen lässt, hat Fraport bereits die Baugenehmigung in der Tasche; Ohne jegliche Einschränkung, erteilt von der schwarzgrünen Stadtregierung in Frankfurt.
Baurecht sei schließlich keine Baupflicht erklärte daraufhin beschwichtigend Verkehrsminister Al-Wazir, aber das schert Fraport Chef Schulte überhaupt nicht und so erklärte dieser vor gut zwei Wochen mit den Bauarbeiten bereits in diesen Sommer beginnen zu wollen.
Selten ist eine Landesregierung, selten ist ein zuständiger Verkehrsminister und selten sind die Grünen so von einem Fraport-Chef öffentlich vorgeführt worden. Nicht einmal die Schamfrist bis zum Abschluss der Bedarfsprüfung durch das Ministerium wollte Fraport abwarten um ihre Macht zu demonstrieren.

Damit ist endgültig klar, wer in Sachen Flughafen stets das Sagen hatte und auch weiterhin hat. Nicht die Mehrheitsanteilseigner, Land Hessen und Stadt Frankfurt, bestimmen, sondern Fraport sagt Stadt und Land wo es lang geht.  Aber das wussten viele Menschen in der Region sowieso und deshalb hat es sie auch nicht so sehr überrascht. Überrascht von Schultes Vorbrechen war aber neben Verkehrsminister Al-Wazir, auch der grüne Fraktionsvorsitzende Mathias Wagner, der am 19.01.2015 erklärte:
„Warum Herr Schulte da vorprescht und das in dieser Tonlage, die die Sorgen der lärmgeplagten Anwohner ziemlich ignoriert, das verwundert uns doch sehr.“ Warum wundern Sie sich eigentlich, Herr Wagner?  Uns wundert das nicht, dass sich Schulte ganz sicher ist, dass Fraport beim T3 - ebenso wie in der Vergangenheit bei jedem Ausbauprojekt-  niemand, weder die Landesregierung noch ein grüner Minister, in die  Quere kommen wird!
Und deshalb sind sowohl Ihre Aussagen  wie auch die Aussage des Ministerpräsidenten Bouffier,  „dass wir das gemeinsam erörtern werden" nichts anderes als Ablenkungsmanöver. Was Fraport will ist doch klar: Den Ausbau des Flughafens, gegen die Interessen eines Großteils der Menschen in der Region weiterhin ungebremst fortzusetzen. Nach den derzeitigen Flugbewegungen ist das Terminal 3 nicht notwendig. Auch im vergangen Jahr ist die Zahl der Flugbewegungen um 0,8 Prozent auf 469.000 gesunken und dies sogar bei Steigerung der Passagierzahlen um 2,6 % auf % 59,6 Mio. pro Jahr.  Wie geht das? Ganz einfach! Die Fluggesellschaften verwenden zunehmend größere Flugzeuge und lasten sie zudem auch besser aus.

Fraport kalkuliert aber weiterhin mit einem Zuwachs an Flugbewegungen von zwei bis drei Prozent pro Jahr und dafür brauche man schließlich das neue Terminal, sagt Schulte. Und um alle Zweifel an der Notwendigkeit des Baus des 3. Terminals entgegen zu treten wird zudem frech behauptet, dass schon jetzt mehrere Gate-Positionen für die vielen großen Flugzeuge in Frankfurt fehlten.

Derzeit verfügt Fraport über 19 Gate-Positionen für Großraumflugzeuge. Experten haben hingegen errechnet, dass selbst bei der unwahrscheinlichen Verdopplung des Einsatzes dieser Großraumflugzeuge in den nächsten 10 – 15 Jahren aber nur 14 Gate-Positionen gebraucht würden. Es ist also ausreichend Platz für alle Passagiere vorhanden. Die derzeitigen Abfertigungskapazitäten am Frankfurter Flughafen reichen also sogar für eine Steigerung der Fluggastzahlen auf knapp 70 Mio. Passagiere aus, einige sprechen sogar von bis zu 74 Mio.

Warum wird dennoch der Bau des Terminals 3 weiter betrieben? Für die Bürgerinitiativen  und für uns liegt ganz klar auf der Hand, dass sich dieser Bau für 2,5 Mrd. Euro  nur dann langfristig rechnen wird, wenn wenige Jahre später eine weitere Start- und Landebahn gebaut wird!
Die Strategie von Fraport ist seit Jahrzehnten dieselbe:  Man baue eine Bahn und sage, um die Kapazitäten nutzen zu können, müsse man nun auch ein neues Terminal bauen.  Dann hat (unerwartet) das Terminal Überkapazitäten und man braucht eine weitere Start- und Landebahn.
Wie der Rückzug vom Flughafen Hahn, das Buhlen um die Billigflieger und das Rabattprogramm zeigen, geht es Fraport in erster Linie darum das Passagieraufkommen immer mehr zu steigern.

Das, meine Damen und Herren,  sind die berechtigten Ängste der lärmgeplagten Menschen, die wir als LINKE teilen. Sie haben es satt, von der Landesregierung weiter mit Scheinaktivitäten und Krokodilstränen hingehalten und vertröstet zu werden. Sie befürchten zu recht, dass die Lärmbelastung weiter steigen wird. Deshalb darf das Terminal 3 nicht gebaut werden, weil es eine Voraussetzung für noch mehr Lärm ist und weil es die Wachstumsspirale am Frankfurter Flughafen  weiterhin in Gang hält.

Die Flugbewegungen am Flughafen sind nach wie vor nicht gedeckelt, das Wachstum der flughafennahen Gemeinden aber schon!
Inmitten eines dicht besiedelten Ballungsraums kann ein Flughafen nicht immer weiter wachsen. Der Lärm und die Schadstoffe verschlechtern die Lebensqualität in der Region zunehmend. Die Grenzen des Wachstums sind überschritten. Das alles haben DIE GRÜNEN - vor ihrer Regierungsbeteiligung - auch so gesehen. Mit dem Bau des dritten Terminals am Frankfurter Flughafen geht die Wachstumsspirale aber in eine neue Runde. Ob freiwillig oder unfreiwillig, die Grünen in Hessen kurbeln nun am Wachstumsrad mit.

Wenn aber das ungebremste Wachstum einer Firma anfängt die Gesundheit der Menschen in der Region zu beeinträchtigen, sind Appele viel zu wenig; Da ist Ordnungsrecht gefragt. Es war der städtische Planungsdezernent Olaf Cunitz, der die Baugenehmigung - ohne spürbaren Wiederstand - erteilt, obwohl er es nicht hätte tun müssen.

In dem mittlerweile allseits bekannten juristischen Gutachten des Münchener Rechtsanwalts Dr. Schröder, sind eine ganze Reihe von Gründen aufgezählt, warum der gestellte Bauantrag nicht genehmigungsfähig ist. Es hätte also juristische Möglichkeiten gegeben, die Genehmigung nicht zu erteilen. Zumindest aber hätte man den Antrag nicht einfach durchwinken müssen.  Wir merken uns: DIE GRÜNEN sind - ohne spürbaren Wiederstand - zur Flughafenausbaupartei geworden.  Was wir eigentlich bräuchten - meine Damen und Herren - das wäre ein europäisches Flughafenkonzept. Derzeit haben wir viel zu viele Flughäfen in Deutschland. Alle zusammen aber haben riesige Kapazitätsüberschüsse. Deshalb brauen wir eine vernünftige Abstimmung zwischen den Flughäfen, zunächst in Deutschland, aber auch darüber hinaus.

Vorrangige Ziele sollten
•    die Vermeidung unnötigen Luftverkehrs,
•    die Verringerung der Belastungen durch den Luftverkehr,
•    die Abschaffung der Subventionierung des Flugverkehrs und
•    die Beteiligung der Luftverkehrswirtschaft an den Folgekosten des Luftverkehrs,

sein.

Übrigens alles Inhalte, die die GRÜNEN noch bis vor der Wahl mit uns geteilt haben. Jetzt sehen wir Null Aktivität in diese Richtung.
Um die Umsteigefunktion des Flughafens zu erhalten, schlagen wir schon seit langem eine schrittweise Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf den Bahnverkehr vor.  Wie wir bereits 2012 hier vorgetragen haben, sind mehr als die Hälfte der Flüge vom Frankfurter Flughafen kürzer als 1.000 km.
Im Dezember letzten Jahres hat der Bund für Umwelt- und Naturschutz errechnet, dass rund drei Millionen Passagiere aus 28.000 Kurzstreckenflügen am Frankfurter Flughafen schon heute ohne Komfortverzicht die Bahn statt des Flugzeugs nutzen könnten.
Die Anzahl der Flugbewegungen am Frankfurter Flughafen muss und kann daher auf maximal 380.000 pro Jahr begrenzt werden.
Wir sagen  zudem – unter  Verweis auf das Gutachten von Dr. Martin Schröder aus München – dass die hessische Landesregierung berechtigt ist, den Betrieb am Frankfurter Flughafen einzuschränken. Sie kann sogar den weiteren Ausbau stoppen wenn es um die Gesundheit der Anrainer geht. Das ist allein eine Einschätzungsfrage der Behörde und eine Frage des Wollens.

Alle wissen dass die Prognosen im Planfeststellungs-beschluss nicht eingetroffen sind. Die prognostizierten Fluggastzahlen fallen weitaus geringer aus, der Zuwachs an Arbeitsplätzen ist viel kleiner als prognostiziert, der des Bodenlärms hingegen deutlich größer.  Das hat die schwarz-gelbe Landesregierung nicht interessiert und das scheint auch die schwarz-grüne Landesregierung nicht zu interessieren.

Die Möglichkeit der Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf den Bahnverkehr, die Deckelung der Flugbewegungen auf maximal 380.000 pro Jahr sowie die nicht eingetroffenen Luftverkehrsprognosen des Planfeststellungsbeschlusses und die überhöhten Prognosen der sogenannten Bedarfsprüfung der Fraport AG, rechtfertigen den Bau eines dritten Terminals am Frankfurter Flughafen nicht.
Wir fordern die Landesregierung auf, den immer noch nicht rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss endlich zugunsten einer nachhaltigen und damit raumverträglichen  Planung zu ändern.

Die Baugenehmigung für das Terminal 3 muss und kann widerrufen werden.