Reden

Zum Gesetzentwurf: Weiterentwicklung der Förderung von sozialem Wohnraum in Hessen

Hermann Schaus, Rede zum Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Förderung von sozialem Wohnraum in Hessen, DS 19/2162.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Herr Präsident,
Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ein Jahr ist es nun her, dass wir als LINKE Ihnen unser Gesetz zum Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen vorgelegt haben und die erste Lesung dazu stattfand.

Seinerzeit wurde in dieser Debatte seitens CDU, Bündnis 90/Grüne und auch von der Landesregierung vollmundig ein Gesetzentwurf angekündigt, der „bald“ bzw. „im Herbst“ also noch in 2014 vorliegen würde.

Ja, meine Damen und Herren, auch Sie merken es an den  Wetterverhältnissen, dass wir jetzt Sommer haben, folglich  das  Gesetz zur Fehlbelegungsabgabe also erst im Winter 2015 beschlossen werden wird. So ist ein weiteres Jahr ohne zusätzliche Einnahmen für den Bau der dringend benötigten Sozialwohnungen ins Land gegangen. Ein Ruhmesblatt ist diese Verzögerung nicht.

In Hessen sind nach jüngsten Angaben aus dem Ministerium fast 45.000 Familien  registriert, die eine Sozialwohnung suchen und sie können teilweise über Jahre nicht versorgt werden, sondern müssen sich auf dem privaten Wohnungsmarkt um eine Wohnung bemühen.

Parallel zu dieser wachsenden Zahl sinkt aber der Bestand an Sozialwohnungen in Hessen kontinuierlich weiter. Alleine in den letzten zwei Jahren sind mehr als 8.200 Wohnungen aus der Sozialbindung gefallen. Die Reduzierung  von sozial gebundenen Wohnungen hat sich seit 25 Jahren von 205.000 auf jetzt 111.000 nahezu halbiert. Bis zum Ende der  80er-Jahren war der Wegfall der Sozialbindungen in vielen Städten jedoch kein Problem, denn diese dann freien Wohnungen blieben im Bestand kommunaler Wohnungsbaugesellschaften und wurden weiter nach den gleichen sozialen Kriterien wieder vermietet.  Heute ist das anders und ich ärgere mich darüber, wie nach dem Wegfall der Gemeinnützigkeit in 1989,  viele der kommunalen Wohnungsgesellschaften den Sozialwohnungsbau eher als lästiges Über ihrer Geschäftstätigkeit auf dem privaten Markt verstehen.

Vor dem Hintergrund der negativen Entwicklungen bei den Sozialwohnungen kommt der Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe in Hessen eine wichtige Rolle zu.

Dabei sind die durch die Fehlbelegungsabgabe generierten Einnahmen für die Kommunen wichtig, allerdings für uns nur zweitrangig.

Es ist völlig klar, dass die Hauptlast des sozialen Wohnungsbaus von Bund und Land getragen werden muss.

Die aus der Fehlbelegungsabgabe generierten Mittel sind höchstens als eine Ergänzung anzusehen.

Vielmehr muss es bei der Fehlbelegungsabgabe darum gehen, die große Gerechtigkeitslücke zu schließen, dass Menschen mit einem Anspruch keine Sozialwohnung finden, während Menschen deren Einkommen deutlich über der Anspruchsgrenze liegt weiterhin in einer subventionierten Sozialwohnung leben können.

Wir haben in unserem Gesetzentwurf aus 2014 dabei aber sehr genau darauf geachtet, dass hierbei Familien, deren Einkommen „gerade so“ über der Einkommensgrenze liegt nicht zusätzlich belastet werden. Unsere Fehlbelegungsabgabe soll deshalb erst bei einer 50%igen Überschreitung der Einkommensgrenze beginnen.

In Ihrem Gesetzentwurf setzt die Fehlbelegungsabgabe jedoch schon bei einer 20%igen Überschreitung der Einkommensgrenze an.

Das halten wir nicht für sozial gerecht! Hier werden viele Menschen mit immer noch sehr niedrigem Einkommen, die gerade so die Grenze überschreiten unverhältnismäßig stark zur Abgabe herangezogen. Solche Familien werden jedoch kaum in der Lage sein, auf dem privaten Wohnungsmarkt eine Wohnung zu bezahlen.

Eine deutlich höhere „Freigrenze“ als 20% ist auch zwingend erforderlich um die viel zitierten Erzieherinnen oder Polizisten mit mittlerem Einkommen nicht zusätzlich zu belasten.

Auch der im Gesetzentwurf  vorgesehene einheitliche Beginn der Leistungspflicht wird viele Kommunen vor Umsetzungsprobleme stellen.

Wir haben hier eine gestaffelte Einführung nach dem Baujahr der Wohnung vorgesehen. Dies war im Übrigen eine ausdrückliche Empfehlung aus den kommunalen Wohnungsämtern, denn die alte und auch die von Ihnen wieder aufgenommene einheitliche Einführung wird zu einer alle zwei Jahre wiederkehrenden Saisonarbeit in den Wohnungsämtern führen, die es zu vermeiden gilt. Mit einer Staffelung wie wir sie vorgenommen haben, werden die Kommunen in die Lage versetzt reibungslos die Einführung vorzunehmen und in den Folgejahren kontinuierlich auslaufende Leistungsbescheide zu bearbeiten.

Ein weiterer Punkt, den wir in Ihrem Gesetzentwurf kritisieren ist die in § 5 Absatz 3 aufgeführte Auskunftspflicht des Arbeitgebers der Mieterin oder des Mieters.

Meine Damen und Herren! Es geht keinen Arbeitgeber der Welt etwas an, in was für einer Wohnung seine Arbeitnehmerin oder sein Arbeitnehmer lebt. Es ist aus unserer Sicht völlig ausreichend, wenn Verdienstnachweise durch die Mieterinnen und Mieter gegenüber dem entsprechenden Amt vorgelegt werden.

Alles in allem ist ihr Gesetzentwurf zur Fehlbelegungsabgabe zwar im Ansatz richtig, jedoch insgesamt nicht sozial ausgewogen.

Warten wir es also ab, was die Sachverständigen in der Anhörung zu den beiden vorliegenden Gesetzentwürfen sagen werden.

Unser, bereits im vergangenen Jahr vorgelegter Gesetzentwurf ist sozial ausgewogen und hätte zudem längst  umgesetzt werden können.