Reden

Rede zum Haushaltsentwurf – Anträge der LINKEN Ressort Inneres

Rede zum Haushaltsentwurf – Anträge der LINKEN Ressort Inneres

– Es gilt das gesprochene Wort –

Herr Präsident / Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir diskutieren heute einen Landeshaushalt bei dem wir alle wissen, dass er so nicht  bleiben wird. Wir sollen heute Abend sogar darüber abstimmen, obwohl doch die Landesregierung bereits umfangreiche Änderungen öffentlich bekannt gemacht hat. Möglicherweise brauchen wir sogar im kommenden Jahr noch einen Nachtragshaushalt.

Wohlbemerkt: Ich mache der Landeregierung da keinen Vorwurf. Viele Fragen die in Zusammenhang mit den Geflüchteten stehen, müssen neu berechnet werden. Mit dem Aktionsplan zur Flüchtlingspolitik, den die Landesregierung jüngst vorgeschlagen hat, ist allerdings noch eine paradoxe Situation entstanden. Warum?

Weil die Landesregierung – das muss man feststellen – eine ganze Reihe von Vorschlägen macht, die unbestreitbar richtig und wichtig sind. Da breche ich mir auch als Oppositionspolitiker keinen Zacken aus der Krone. Aber das paradoxe ist: Vieles von dem was die Landesregierung jetzt endlich machen will, schlagen wir seit Jahr und Tag  schon vor – eben weil es nicht erst jetzt richtig und wichtig ist. Zum Beispiel die Aufstockung der Polizeianwärter,  den Abbau der Überstunden oder die Anhebung  der DUZ, der Zulage für den Dienst zu ungünstigen Zeiten im Polizeidienst.

Da freue ich mich, dass die Landesregierung an einigen Punkten endlich ein bisschen dazu gelernt hat und wünsche mir  maßlos wie immer  noch mehr Lernfähigkeit in Zukunft. Übrigens: Wenn sie zukünftig unsere Anträge nicht gleich in Bausch und Bogen verdammen, dann müssen sie später auch nicht so weit zurück rudern. 

Im Einzelnen: Wer die jährlichen Haushaltsanträge auch liest, der weiß, dass wir seit Jahren fordern, die Anzahl der Polizeianwärter deutlich zu erhöhen, weil wir altersbedingt mehr Abgänge als neue Anwärter haben.

Dadurch wird die Personaldecke immer dünner, werden die Überstunden immer mehr und die Belastung  auch aufgrund der deutschlandweit längsten Arbeitszeiten – viel zu hoch. Man sagte uns immer: Mehr Anwärter brauchen wir nicht und das geht auch gar nicht, weil die Ausbildungskapazitäten nicht mehr erhöht werden können.

Ich stelle fest: Die Landeregierung hat entgegen ihrer ständigen Ablehnung die Stellen für Polizei-Anwärter erhöht. Mit dem Aktionsplan sollen nun noch einmal 200 zusätzliche Stellen kommen. Plötzlich geht es also! Natürlich hätten wir die ausgebildeten Polizeibeamten jetzt schon  jetzt wo wir sie dringend brauchen  wenn sie das in der Vergangenheit nicht immer abgelehnt hätten. Denn die Ausbildungszeit dauert ja immerhin drei Jahre. Deshalb: Bleiben sie jetzt nicht auf halber Strecke stehen. Lösen wir das Problem ernsthaft und verstetigen wir das Personal. Wir brauchen dazu jährliche Kapazitäten an den Fachhochschulen für Polizei und Verwaltung für 900 bis 1000 neue Anwärter. Nur so lassen sich die Herausforderungen auf Dauer bewältigen. Und zwar insbesondere auch dann, wenn die Arbeitszeit endlich schrittweise aus das Normalniveau anderer Bundesländer   also auf 40 Stunden  reduziert wird. Nach teilweisem Lob von den LINKEN für den Schwarzgrünen Aktionsplan will ich sie nun nicht noch weiter irritieren. Denn da gibt es auch etwas mit dem wir überhaupt nicht einverstanden sind. Nämlich mit wie sie selbst sagen  historisch einmaligen Ausbau des Geheimdienstes.

Seit 2001 wachsen die Dienste Jahr für Jahr. Während in allen Bereichen gekürzt und gestrichen wird, kann es für den Geheimdienst gar nicht genug Geld, Personal und Kompetenzen geben. Ohnehin war auch dieses Jahr wieder ein Ausbau um 45 Stellen geplant. Jetzt sollen es sogar 55 neue Stellen werden. Das wäre eine Steigerung um satte 20 Prozent! Man stelle sich einmal vor: 20 Prozent mehr Personal für Bildung. Ein Traum! 20 Prozent mehr Personal in Krankenhäusern oder in Kindertagesstätten – wie toll wäre das denn? Aber leider wird in diesen nun wirklich systemrelevanten Bereichen das Personal nicht aufgestockt.

Und bei den Geheimdiensten kann ich nur sagen: Mehr als unsägliche Skandale hatten die in den letzten Jahren doch nicht zu bieten. Der NSU-Skandal – es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht neue Details bekannt werden. Der BND-Skandal: Man spähte mal eben so den französischen Außenminister, die Weltgesundheitsorganisation und das UN-Kinderhilfswerk aus. Ja richtig: das Kinderhilfswerk!! Die bisher unbekannteste der gefährlichen Bedrohungen! Wer wie ich versucht Licht ins Treiben des LfV beim NSU-Skandal in Hessen zu bringen und ich habe schon viel interessantes in den Akten entdeckt  der hat keinen Anlass, dieser Truppe – die bisher keinen überzeugenden Leistungsnachweis erbringen konnte  ständig mit weiterem  Personal auszustatten.

Die Grünen haben mal klipp und klar für die Auflösung der Geheimdienste gestanden. Das ist schon ein paar Jahre her – ich weiß. Gestern hat mich der Grünen Fraktionsvorsitzende Mathias Wagner in seiner ihm eigenen rhetorischen Art gefragt, wer denn die hunderte von privaten Wachleute sicherheitsüberprüfen soll, wenn nicht der Verfassungsschutz?

Herr Wagner, ich habe da sogar zwei Antworten für Sie:

  1. Diese Sicherheitsüberprüfungen kann auch die Polizei durchführen und
  2. Sie könnten sich diese Stellen beim Verfassungsschutz gänzlich sparen, wenn Sie statt problematische Sicherheitsdienste beauftragen zu müssen, rechtzeitig mehr Polizeibeamte eingestellt hätten. Hier holen die Landesregierung  jetzt ihre hausgemachten Versäumnisse der vergangen Jahre ein.

Es ist doch geradezu absurd wenn Sie jetzt dafür mehr Verfassungsschützer einstellen wollen.

Zumindest früher blieben die Grünen gegenüber den Geheimdiensten und ihrer Allmacht immer skeptisch. Dass sie sich jetzt an einem historischen Ausbau beteiligen, zeigt ihre fundamentale Wendung. DIE LINKE hingegen sieht sich in ihrer Kritik bestätigt: Die Geheimdienste sind längst ein Staat im Staat. Sie waren sind und bleiben unkontrollierbar. Wir brauchen gute Prävention, soziale Integration, vernünftige Polizeiarbeit und eine friedliche Außenpolitik.  Wir beantragen deshalb wie jedes Jahr  den  Rückbau des Geheimdienstes. Und das Geld soll in mehr Prävention bei zivilgesellschaftlichen Organisationen und gute Polizeiarbeit investieret werden.

Natürlich haben wir auch dieses Jahr wieder Mittel beantragt, damit die ständigen Kürzungen auf Kosten der Mitarbeiter des Landes aufhören. Unsere Mitarbeiter können nichts dafür, dass die Landesregierung weiterhin ihre Konsolidierungspolitik á la Schuldenbremse weiterhin auf ihrem Rücken austragen will. Allein die Streichung der Beihilfe und die Null-Runde bei den Beamtinnen und Beamten in diesem Jahr, sowie die Festlegung von Besoldungssteigerungen um nur 1 Prozent in den nächsten Jahren führen zu weiteren Einkommensverlusten.

Wir fordern, dass das Land seiner Verantwortung gerecht wird und beantragen deshalb die volle Übertragung des Tarifergebnisses, die Rücknahme der Beihilfekürzungen sowie die Rückkehr zur 40 Stundenwoche für alle Beamtinnen und Beamten. Ein letzter wichtiger Bereich sei kurz erwähnt: Das  Projekt von Roland Koch, Hessen zu einem Musterland der Privatisierung zu machen, ist krachend gescheitert. Allen voran gescheitert sind die sogenannten PPP-Projekte, also die Überlassung öffentlicher Aufgaben an Privatunternehmen, die sich dann eine goldene Nase damit verdienen, indem sie dem Land schlechte Leistungen in Rechnung stellen.

Wir beantragen seit Jahren, die Förderung dieser PPP-Projekte endlich einzustellen und die sogenannte PPP-Kompetenzstelle in eine Kompetenzstelle für Rekommunalisierung umzuwandeln. Es gilt die vielen guten Beispiele, wo in den letzten Jahren öffentliche Aufgaben wieder öffentlich wahrgenommen wurden, durch das Land  endlich angemessen zu unterstützen.