Reden

Fehlbelegungsabgabe schließt Gerechtigkeitslücke

Rede zum Gesetzentwurf DIE LINKE zur Fehlsubventionierung im Wohnungswesen in Hessen, Erste Lesung, (Drucksache 19/629)

- unkorrigiertes Redemanuskript, es gilt das gesprochene Wort -

Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

„Mit der Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe eröffnen wir den Kommunen die Möglichkeit, ihre zweckgebundenen  finanziellen Handlungsspielräume für den Bau und Erhalt von preisgünstigem Wohnraum zu stärken“. So steht es klar und wörtlich im Koalitionsvertrag  von CDU und Grünen in den Zeilen 3928 – 3930.

Obwohl die Koalition bereits seit sechs Monaten im Amt ist und es eigentlich ein leichtes wäre auf der Grundlage des Mitte 2011 ausgelaufenen Gesetzes einen neuen Gesetzentwurf einzubringen, ist bisher nichts passiert. Deshalb machen wir der Koalition jetzt Beine und bringen heute unseren Gesetzentwurf zum Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen in den Landtag ein.

Mit unserem Gesetzentwurf ist es möglich den Kommunen ein wichtiges Instrument zum Bau zusätzlicher Sozialwohnungen wider zurück zu geben und zudem eine Gerechtigkeitslücke zwischen den vielen unversorgten Anspruchsberechtigten und denjenigen, die erheblich über der Einkommensgrenze liegen aber weiterhin in ihrer Sozialwohnung verbleiben wollen, endlich wieder zu schließen. Hessenweit waren nach Angaben der Landesregierung auf unsere Kleine Anfrage in 2012 mehr als 40.000 Familien als Anspruchsberechtigte für eine Sozialwohnung registriert.
Studien des Pestel-Instituts, Hannover aus dem Jahr 2011 kommen sogar zu dem Ergebnis, dass in Hessen bis zu 280.000 Haushalte eigentlich Anspruch auf eine Sozialwohnung haben. Bei diesen Zahlen konnten die gestiegenen Einkommensgrenzen nach dem hessischen Wohnraumförderungsgesetz noch gar nicht berücksichtigt werden. Der Wohnungsbedarf von 227.000 hessischen Studierenden ist ebenfalls nicht berücksichtigt.

Viele Sozialwohnungsberechtigte haben schon vor dem Gang zum Wohnungsamt aufgegeben und lassen sich erst gar nicht registrieren und versuchen es gleich auf dem privaten Wohnungsmarkt, mit erheblich teureren Mietpreisen. Nicht selten kommt es vor, dass Familien mehr als 50% ihres monatlichen Einkommens alleine für ihre Miete aufbringen müssen.

Jährlich fallen hessenweit rund 3.200 Sozialwohnungen aus der Sozialbindung

Die Situation verschärft sich zudem weiter, denn jährlich fallen hessenweit rund 3.200 Sozialwohnungen aus der Sozialbindung, ohne dass ausreichend neue Sozialwohnungen gebaut werden. So ist es zu erklären, dass sich der Sozialwohnungsbestand in Hessen seit 1991 von über 200.000 auf rund 110.000 Wohneinheiten nahezu halbiert hat und der Trend wird sich weiter fortsetzen, wenn hier nicht endlich massiv gegen gesteuert wird. Deshalb fordern wir schon seit Jahren ein hessisches Sonderprogramm von jährlich 12 Mio. Euro zum Bau von 4.000 Sozialwohnungen wenigstens aufzulegen, damit der jährliche Verlust an Sozialwohnungen aufgehalten werden kann. Auch deshalb legen wir Ihnen  heute mit unserem Gesetzentwurf einen weiteren Baustein für eine nachhaltig finanzierte und gerechte Wohnungspolitik vor.

Mit dem ersatzlosen Auslaufen des alten Gesetzes zum 30.06.2011 gingen den Hessischen Kommunen  jährliche Einnahmen von 18 Mio. Euro verloren. Auch wenn das Land die politische Verantwortung für eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum inne hat, sind es doch vorwiegend die Kommunen, die über ihre eigenen Wohnungsbaugesellschaften für eine Entspannung  auf dem Wohnungsmarkt sorgen können.

Meine Damen und Herren, wir haben in Hessen unterschiedliche Mietpreisentwicklungen. Während in den ländlichen Regionen, insbesondere in Nord- und Mittelhessen die Nachfrage nach preisgünstigen Wohnungen oft befriedigt werden kann, ist dies im Rhein-Main-Ballungsgebiet sowie in allen Groß- und Universitätsstädten ganz anders. Genau hier soll mittels einer Fehlbelegungsabgabe ein stärkerer Neubau von Sozialwohnungen unterstützt werden.

Fehlbelegungsabgabe bringt Kommunen jährlich rund 20 Millionen Euro für  sozialen Wohnungsbau

Nach unseren Berechnungen stünden dadurch den Kommunen jährlich rund 20 Mio. Euro, zweckgebundener  Mittel zur Verfügung. Unser vorgelegter Gesetzentwurf orientiert sich sowohl am ausgelaufen Gesetz, als auch am Wohnraumförderungsgesetz. Es wurde gemeinsam mit Praktikern aus den Kommunen an die veränderte Rahmengesetzgebung angepasst und an einigen Stellen verbessert.  So haben wir die Einkommensgrenzen und auch die Ausgleichsbeträge angepasst. Statt wie bis 2011 bei 40% müssen die Einkommen neu um mindestens 50% über der Grenze liegen, bevor eine Abgabe von 1,00 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche zu entrichten ist.

Darüber hinaus haben wir die sozialen Staffeln von 20% auf 25% erhöht und gleichzeitig die Tabelle bis auf  200% erweitert. Wir wollen aber dennoch an einer Höchstbegrenzung der Abgabe, die maximal die ortsüblichen Vergleichsmiete nicht übersteigen darf, festhalten. Die Überprüfung der Einkommensgrenzen soll weiter bei drei Jahren liegen. Allerdings haben wir zum Zwecke einer laufenden Bearbeitung einen schrittweisen Start der Überprüfungen, nach dem Baujahr der Sozialwohnung vorgesehen. Dies führt in der Praxis zu festen Stellen in den Wohnungsämtern, anstatt einer alle drei Jahre wiederkehrenden Saisonarbeit.

Aus der Praxis heraus haben wir auch den Zeitpunkt für die Verwendung der Mittel ausgeweitet, weil es teilweise nicht möglich war diese Gelder innerhalb von zwei Jahren zweckgebunden zu verwenden. Darüber hinaus haben wir mit einen neuen § 14 Regelungen zur Ordnungswidrigkeit bei der Abgabe falscher Auskünfte in betrügerischer Absicht eingeführt.

Gerechtigkeitslücke wird damit geschlossen

Meine Damen und Herren, unser Gesetzentwurf zielt nicht darauf ab, langjährige Mieterinnen und Mieter aus ihren Sozialwohnungen zu vertreiben. Es geht aber darum, eine Gerechtigkeitslücke zu schließen, damit für diejenigen, die  trotz Anspruchs auf eine Sozialwohnung auf langen Wartelisten stehen endlich mehr getan wird. Im Grundsatz streben dies nun vier von 5 Fraktionen an. Wir nehmen zur Kenntnis, dass die SPD eine freiwillige Regelung für die Kommunen möchte. Dies sieht unser Gesetzentwurf derzeit nicht vor. Wir sind aber offen, darüber mit den Experten in der Anhörung zu beraten und Änderungen vorzunehmen.

Mit unserem Gesetzentwurf liegt Ihnen ein gangbarer Weg für mehr Mietgerechtigkeit vor. Wir haben damit den Koalitionsfraktionen die mühsame Gesetzesarbeit bereits abgenommen. Lassen Sie uns also gemeinsam die Anhörung und die weiteren Beratungen im Ausschuss vornehmen, damit wir die Fehlbelegungsabgabe schon zum Jahreswechsel wieder einführen können.