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NSU-Skandal: Spitze des Hessischen Innenministeriums meint, dass alles korrekt gelaufen sei und kann sich Widersprüche nicht erklären

Zur heutigen Vernehmung der ehemaligen Staatssekretärin des Innenministeriums Oda Scheibelhuber erklärt Hermann Schaus, Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag und Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss:

„Oda Scheibelhuber hat als ehemalige Staatssekretärin im Innenministerium nach eigener Aussage eine merkwürdige Rolle gespielt. Demnach wurde sie möglicherweise erst Anfang oder Mitte Mai 2006 vom Mordverdacht gegen einen Mitarbeiter des Verfassungsschutzes bei einem NSU-Mord informiert – obwohl die restliche Hausspitze, und laut eines Vermerks auch sie selbst dies seit dem 21. April 2006 wusste.

Redundant wiederholte sie, eine Unterrichtung des Geheimgremiums des Parlamentes sei auch dann nicht möglich gewesen, als mit Polizisten, ‚Verfassungsschutz‘, Staatsanwaltschaft, Bundesermittlern und der BILD-Zeitung weit über hundert Personen Kenntnis davon hatten.“

Eine Beeinträchtigung des Landesamtes für ‚Verfassungsschutz‘ mochte sie trotz Hausdurchsuchung im Amt sowie der Beschlagnahme von Dienstunterlagen, Materialien und polizeilicher Ermittlung zu Mitarbeitern und Quellen nicht erkennen, so Schaus. Sie habe auch nicht zu begründen vermocht, warum der damalige VS-Mitarbeiter Andreas Temme angeblich rein privat im Internet-Café gewesen sei und die Staatsanwaltschaft kein ernsthaftes Interesse an der V-Leute-Vernehmung gehabt habe.

Schaus: „Scheibelhuber bezog sich hier immer wieder auf eine einzige Quelle – auf das Landesamt für ‚Verfassungsschutz‘ selbst. Alle anderen Akten, die dazu in eklatantem Widerspruch stehen, erklärte sie, nicht zu kennen und nahm sie auch in der Sitzung nicht ernst.“

Eklatant sei das Vorgehen gegen die Opferfamilie Yozgat gewesen, das Scheibelhuber als damals Verantwortliche auch noch gerechtfertigt habe. Laut einem ‚nachrichtendienstlichen Hinweis‘ sei der Familie Yozgat fälschlicherweise unterstellt worden, sie wolle Blutrache am unter Mordverdacht stehenden Verfassungsschutzmitarbeiter Temme nehmen und dazu Leute aus der Türkei herbei holen. Scheibelhuber habe so Maßnahmen zum Schutz von Temme zu rechtfertigen versucht, so Schaus.

„Ich hätte mir hier nichts weniger als eine persönliche Entschuldigung und harte Kritik am sogenannten Verfassungsschutz erwartet. Die Behörde, deren Mitarbeiter unter Mordverdacht stand, sorgte mit einer Rufmord-Aktion dafür, dass gegen die Opferfamilie vorgegangen wurde.

Dass dies auch heute noch als rechtens und im Rahmen der Fürsorgepflicht dargestellt wird, ist mehr als bedauerlich.“

Pressestelle DIE LINKE. Fraktion im Hessischen Landtag
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