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schied zum Ende der 19.Legislaturperiode aud dem Landtag aus.
Die Fraktion dankt Ihr für Ihren parlamentarischen Einsatz.


 
  
 


Reden

Rede zum Antrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Land und Kommunen arbeiten bei der Asyl- und Flüchtlingshilfe weiterhin Hand in Hand

Rede von Gabi Faulhaber am 4. Mai 2017 im Hessischen Landtag

– Es gilt das gesprochene Wort –


Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Ende des vergangenen Jahres sah es noch so aus, als würde die „große Pauschale“, also das, was das Land den 26 Gebietskörperschaften nach dem Landesaufnahmegesetz für die Aufnahme, Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen zahlt, reduziert werden. Erich Pipa, der Präsident des Landkreistages, hatte ja entsprechende Pläne der schwarz-grünen Landesregierung bekannt gemacht. Nun treten die befürchteten Mittelkürzungen also nicht ein.

Das ist gut zu wissen. Was wir aber nicht wissen und nicht verstehen, ist der tiefere Sinn dieses Antrags, der uns heute vorliegt.

(Günter Rudolph (SPD): Doch, ich verstehe das! Lobhudelei!)

– Ja? – Hier klopfen sich die Regierungsfraktionen gegenseitig auf die Schultern, weil sie ihren ursprünglichen Plan, die Flüchtlingspauschale abzusenken, nun doch nicht realisiert haben. Ich hätte die Jubelstimmung noch verstanden, wenn sich die finanzielle Ausstattung der Kommunen wirklich substanziell verbessert hätte. Aber das sehe ich nicht. Meine Damen und Herren, die sogenannte „große Pauschale“ ist eine politische Pauschale, die sich nicht am tatsächlichen Bedarf der Kommunen orientiert.

So hat etwa der Landkreis Hersfeld-Rotenburg im Jahr 2016 für die Unterbringung, Versorgung und Betreuung von Geflüchteten 9,1 Millionen € ausgegeben, bekam vom Land aber nur 8,5 Millionen € erstattet. Oder nehmen wir ein anderes Beispiel, den Landkreis Kassel. Dieser hat 35,4 Millionen € ausgegeben und blieb auf 6 Millionen € sitzen.

Nun ist es ja nicht so, dass die Kreise solche Mehrkosten einfach wegstecken könnten, meine Damen und Herren.

An den Kosten für die soziale Betreuung anerkannter Flüchtlinge, die Hartz IV beziehen, beteiligt sich das Land nunmehr mit 120 € im Monat, das ist eine Steigerung um 90 €. Das ist mehr als zuvor. Aber diese kleine Pauschale deckt nicht die Kosten, die entstehen, wenn Integrationskurse und eine gute Unterstützung für die berufliche Eingliederung geleistet werden sollen. Für die Jobcenter ist der Arbeitsaufwand bei dieser Gruppe wesentlich höher als für andere Gruppen von Hartz IV-Empfängern.

Auch die Kosten für die Kitas bleiben beispielsweise bei den Kommunen hängen. Die Absenkung des Grenzbetrags bei den Gesundheitskosten um 226 € – jetzt noch 10.000 € die zu zahlen sind –, ist auch keine substanzielle Entlastung für die Kommunen.

(Anhaltende Unruhe)

Präsident Norbert Kartmann:

Frau Kollegin, einen Augenblick bitte. Wir sind ein Parlament, aber kein Parlament zum allgemeinen Schwätzchen-Halten. Meine Herren da hinten, ich darf Sie bitten, Ihre Gespräche einzustellen. Auch ansonsten bitte ich um mehr Ruhe und mehr Aufmerksamkeit für die Rednerin. – Bitte schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Gabriele Faulhaber (DIE LINKE):

Gerade bei der Gruppe der anerkannten Flüchtlinge, die immer größer wird und für die die große Pauschale nicht mehr gilt, wäre ein größeres Engagement des Landes erforderlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, völlig unberücksichtigt bleiben die Vorhaltekosten der Kommunen für die Gemeinschaftsunterkünfte. Viele Kommunen haben mit Betreibern mehrjährige Verträge für die Unterbringung von Geflüchteten abgeschlossen. Die Flüchtlingszahlen sind aber gesunken, und die Kommunen zahlen nun für die Plätze, die sie nicht belegen können. Das Land sollte diese Kosten nicht den Kommunen aufbürden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sind der Ansicht, dass die Kommunen eine finanzielle Ausstattung brauchen, die sich einerseits an den tatsächlichen Kosten orientiert und andererseits verbindliche menschenrechtliche Mindeststandards erfüllen muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Was wir auch vermissen, ist eine Unterstützung von Kommunen im ländlichen Raum. Warum unterstützt das Land denn die Kommunen nicht mit strukturpolitischen Investitionen, die das Landleben attraktiv machen. Wäre das nicht ein besserer Ansatz für die Integration von Geflüchteten, als sie mit Wohnsitzauflagen aufs Land zu zwingen?

(Beifall bei der LINKEN)

Außerdem wäre auch ein Konjunkturprogramm für ländliche Regionen für alle Bewohnerinnen und Bewohner, nicht nur für die Geflüchteten, nützlich. Damit würde auch die Akzeptanz und Integration der Neuhessinnen und Neuhessen wesentlich erhöht werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)