140x190 barbara cardenasBarbara Cárdenas

hat zum 31.10 2016 Ihr Mandat im Hessischen Landtag aus persönlichen Gründen niedergelegt.

Die Fraktion dankt Ihr für Ihren mehr als achtjährigen parlamentarischen Einsatz.



  


Reden

Rede zu GA Hauptschulen

– Es gilt das gesprochene Wort –

Herr Präsident,
meine Damen und Herren!

Unlängst haben wir über den verkorksten Gesetzentwurf der FDP beraten, die die viel zu frühe Auslese der Kinder nach der vierten Klasse noch weiter verschärfen wollte. Ganz weg von diesem Thema sind wir mit dieser großen Anfrage nicht.

Die Antwort der Landesregierung hat mich dennoch auch aus anderen Gründen an der einen oder anderen Stelle aufhorchen lassen.

Das fängt schon bei Frage eins an, die die Schülerschaft nach Migrationshintergrund aufschlüsselt. Prozentual gesehen ist der Anteil der Schüler und Schülerinnen mit Migrationshintergrund in Hauptschulen erschreckend hoch. Da frage ich mich, wie kommt das? Wieso schafft ein Bildungssystem sogenannte „Bildungsverlierer“ aufgrund ihrer Herkunft?

Im Schuljahr 2013/2014 betrug der Anteil der Übergänge von der Grundschule auf die Hauptschule bei Kindern mit Migrationshintergrund 43,6 Prozent. Erkläre mir das doch bitte mal einer!

Und in Antwort zur Frage 2 schließt sich ein weiteres Staunen an, denn hier wird sehr deutlich, dass die angebliche Durchlässigkeit im Schulsystem, mit der die CDU sich seit Jahren und die Kolleginnen und Kollegen der Grünen seit ihrer Regierungsbeteiligung loben, im Grunde nur in eine Richtung funktioniert – nämlich nach unten. Im Schuljahr 2011/2012 und 2012/2013 wechselten 616 Schülerinnen und Schüler von einer Hauptschule auf eine Realschule. Im gleichen Zeitraum wechselten über 2300 Schülerinnen und Schüler von einer Realschule auf eine Hauptschule. Das ist doch ein Alarmsignal, liebe Kolleginnen und Kollegen, das muss doch eine Aufforderung zum Handeln sein!

Ich könnte nun Frage für Frage weiter durchgehen, alles in allem werfen die Antworten ein tiefschwarzes Licht auf die Bildungspolitik der vergangenen Jahre. Durchlässigkeit Note 6, Inklusion Note 5-6, Schaffung gleicher Bildungschancen Note 6.

Ich möchte die Zeit aber nutzen, um erneut ein Plädoyer für die Überwindung der Mehrgliedrigkeit und die Schaffung eines echten, inklusiven Schulsystems zu halten.

Im Vordergrund der Schulpolitik und im Visier eines jeden Lehrers muss immer stehen: Die individuelle Förderung eines jeden Kindes unter Berücksichtigung seiner Stärken und dem Ziel des Ausgleichs seiner Schwächen.

Schule muss vom Kind aus gedacht und gestaltet werden! Und Bildungschancen müssen allen Menschen gleichermaßen zur Verfügung stehen.

Verstehen Sie mich nicht falsch, diese Große Anfrage gibt auch her, wie wichtig Qualifizierungsmaßnahmen wie SchuB beziehungsweise nun PuSCH und Intea sind, und wie wichtig es wäre, die Sozialarbeit an den Schulen auszubauen. Für die Fortführung von SchuB haben wir uns ja vehement eingesetzt und sind auch dankbar für seine Nachfolgeprogramme. Aber nichtsdestotrotz sind wir auch der Überzeugung, dass die Probleme, die mit diesen Programmen angegangen werden, hausgemacht sind. Würde individuelle Förderung ganz selbstverständlich von der ersten Klasse an bei jedem Kind im Mittelpunkt stehen und auch personell und organisatorisch abgesichert, wären Lehrerinnen und Lehrer dafür ausreichend aus- und fortgebildet, und hätten sie zu diesem Zweck ein multiprofessionelles Team an ihrer Seite, dann würde sich eine ganz andere Abschlusssituation zeigen und dann wären diese Programme sicher in weit geringerem Maße nötig.

Nun, der Titel der Großen Anfrage lautete: Zukunft der Hauptschulen in Hessen. Wie schon in den Vorbemerkungen angesprochen, ist es so, dass zu Beginn der fünften Klasse relativ wenig Schülerinnen und Schüler die Hauptschule besuchen, im Laufe der Mittelstufe aber ein stetiger Zuwachs stattfindet.

Wie also ist die Zukunft der Hauptschule? Ich wünschte, sie hätte keine. Genauso wenig wie die Realschulen, von denen im Laufe der Mittelstufe Schülerinnen und Schüler in die Hauptschulen querversetzt werden, oder wie die Gymnasien, die mit den Hauptschulen wie auch den Hauptschüler_innen eh nichts zu schaffen haben wollen.

Wir wollen alle diese Schulformen zurückführen auf eine Schule für alle, in der also alle Kinder von der ersten bis zur zehnten Klasse gemeinsam lernen. Punkt!

Dann braucht man sich auch keine Gedanken darüber zu machen, wie man die Hauptschule aufwertet. Und das Kultusministerium kann das Geld und die Kreativität einsparen, die es mit solchen Kampagnen völlig unnütz ausgibt Geld, das woanders (z.B. in der Inklusion) immer noch fehlt.

Vielen Dank!