140x190 barbara cardenasBarbara Cárdenas

hat zum 31.10 2016 Ihr Mandat im Hessischen Landtag aus persönlichen Gründen niedergelegt.

Die Fraktion dankt Ihr für Ihren mehr als achtjährigen parlamentarischen Einsatz.



  


Interviews

Landesregierung versagt beim Tierschutz

Interview mit Barbara Cárdenas, tierschutzpolitische Sprecherin der Fraktion 

Ehrenamt nicht für kommunale Aufgaben missbrauchen / Gequält, totgeschlagen und weggeworfen - Traurige Realität in der Nutztierhaltung

Barbara, welchen Stellenwert hat der Tierschutz in Hessen?
Einen sehr geringen. Beim Tierschutz muss an vielen Stellen nachgebessert werden. Da spricht auch der kürzlich erschienene Jahresbericht 2013 der Landestierschutzbeauftragten, Madeleine Martin, eine klare Sprache. Die Landesregierung hat  sich bezüglich guter Vorschläge in den vergangenen Jahren allerdings leider beratungsresistent gezeigt. 

Wo siehst du dringenden Handlungsbedarf?
In vielen Bereichen. Am gravierendsten sind die Missstände in der Nutztierhaltung. Wir brauchen eine gute Alternative zu der quälenden Massentierhaltung und deren Auswüchsen wie der Anpassung der Tiere an ihre Haltungsformen durch Schwanzamputationen bei Schweinen und Schnabelkürzungen in der Geflügelhaltung. Umgekehrt muss es sein: Die Haltungsformen müssen den Bedürfnissen der Tiere angepasst werden. Es ist unglaublich, dass heute immer noch Kühe in der ganzjährigen Ständerhaltung gehalten werden. 365 Tage im Jahr angebunden im Stall, das geht so nicht!

Wie steht es um die Tierheime?
Für Haustiere, die von ihren Besitzern nicht mehr gehalten werden können, und Fundtiere brauchen wir  besser ausgestattete Tierheime als Anlauf- und Auffangstellen. Die bestehenden Einrichtungen  haben zu wenig Geld für ihre Aufgaben. Die Tierheime übernehmen mit der Fundtierverwaltung eine wichtige kommunale Aufgabe. Die Finanzierung seitens der Kommunen deckt aber in vielen Fällen nicht im Ansatz die Kosten. Das liegt auch daran, dass die Städte und Gemeinden einfach nicht genügend finanzielle Mittel zur Verfügung haben. Hie ist das Land gefordert. Wir brauchen eine bessere Ausstattung der Kommunen mit Finanzmitteln, damit diese ihre Aufgaben stemmen können. Ich bin sehr dankbar für den Einsatz der vielen Ehrenamtlichen, aber das Ehrenamt darf nicht für die Erfüllung kommunaler Aufgaben missbraucht werden.

Halten sich Tierrechte und wirtschaftliche Interessen die Waage?
Überhaupt nicht. Nutztiere sind in unserer Gesellschaft als Produktionsfaktor  der Ausbeutung durch die Wirtschaft hilflos ausgeliefert.Die ARD-Dokumentation  ,Gequält, totgeschlagen und weggeworfen‘ zeigte erschreckende Bilder aus Deutschlands Ferkelzuchtbetrieben. Hochgezüchtete Sauen bringen in einem Wurf oft mehr Ferkel zur Welt, als sie säugen können. Deshalb werden die überzähligen Ferkel brutal erschlagen.  Eine Fütterung mit Trinkautomaten scheint den Ferkelproduzenten zu teuer.Ein weiteres Beispiel: Alleine aus wirtschaftlichen Interessen werden alleine in Hessen jährlich 12 Millionen männliche Eintagsküken getötet. Sie legen keine Eier und setzen wohl zu wenig Fleisch an für eine ausreichend rentable Fleischproduktion.Tierschutz darf aber einfach nicht unter dem Vorbehalt wirtschaftlicher Interessen stehen. Einen Antrag, das Töten der Eintagsküken umgehend zu stoppen, haben wir kürzlich im Landtag eingebracht. Er wird voraussichtlich nach der Sommerpause im Landtag aufgerufen werden. Ich bin insbesondere gespannt, wie sich die Grünen hierzu positionieren werden.

Wie steht es um die Situation von Versuchstieren?
Jedes Tier, das in einem Labor stirbt, ist eines zu viel! Täglich leiden und sterben Tiere in den hessischen Tierversuchslaboren. Doch welcher Nutzen steht der Qual der Versuchstiere gegenüber? Die Ergebnisse von Tierversuchen lassen sich nicht mit der notwendigen Zuverlässigkeit auf den Menschen übertragen. Nur acht Prozent der Wirkstoffe, die sich im Tierversuch als wirksam und sicher erwiesen haben, bekommen eine Zulassung. Die Hälfte hiervon wird später wieder vom Markt genommen, weil sich beim Menschen schwerwiegende, oft sogar tödliche Nebenwirkungen herausstellen. Der Bundesverband der Tierversuchsgegner trägt seit Langem effiziente Maßnahmen für den Ausstieg aus dem Tierversuch an die Politik heran. Dazu gehören angemessene Budgets für tierversuchsfreie Forschung und die Einführung von Lehrstühlen und Forschungspreisen. Es wird Zeit umzudenken und sich von der Tradition der Tierversuche los zu sagen.

Wird der Tierschutz denn ausreichend kontrolliert?
Oftmals fehlt eine gerichtliche Kontrolle. Bisher kann in Hessen niemand vor Gericht klagen, wenn Tierschutzvorschriften nicht in vollem Umfang durchgesetzt werden. Die Behörden erweisen sich in diesem Zusammenhang als zahnlose Tiger. Wir brauchen deshalb ein Recht auf eine Tierschutz-Verbandsklage, wie wir sie seit 2008 fordern. Dieses Recht würde anerkannten Tierschutzverbänden ermöglichen, als Anwalt der Tiere tierschutzrelevante Entscheidungen von Behörden gerichtlich überprüfen zu lassen.


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Um die Hessischen Tierschutzakteure besser zu vernetzen und gemeinsam Lösungen zu finden, organisiert die Linksfraktion im Hessischen Landtags gemeinsam mit der Bundestagsfraktion eine Tierrechtetagung im Hessischen Landtag. Sie wird voraussichtlich am 21. Februar 2015 stattfinden.  Wer Lust hat zum Thema Tierrechte und im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Tagung mit der Fraktion zusammen zu arbeiten, kann sich gerne bei unserer Referentin für Tierrechte, Kim Sodemann (
Tel.: 0611 350 6092), melden.


 

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