140x190 willi van ooyenWilli van Ooyen

schied im Frühjahr 2017 aus dem Landtag aus.
Die Fraktion dankt Ihr für Ihren langjährigen parlamentarischen Einsatz.
 
   
 

 
  


Reden

KFA-Reform: schwarz-grün setzt kommunalfeindliche Politik fort

KFA-Reform: schwarz-grün setzt kommunalfeindliche Politik fort

Drucksachennummer ist 19/1853

- Es gilt das gesprochene Wort -


Meine Damen und Herren, Herr Präsident!

Ich bin es ja eigentlich gewohnt, aber diesmal finde ich es doch bemerkenswert: Heute bin ich der einzige Redner, der hier eine Fraktion vertritt, die diesen Gesetzentwurf bereits letzte Woche im Haushaltsausschuss abgelehnt hat.

Weder FDP noch SPD haben im Haushaltsausschuss gegen diesen Gesetzentwurf Entwurf der Landesregierung zur Reform des Kommunalen Finanzausgleichs abgestimmt – und das, obwohl die Regierungsfraktionen alle Änderungsanträge der Opposition geschlossen abgelehnt haben. Schwarz-grün hat hier auch nochmals deutlich gemacht, was der neue Stil dieser Koalition ist: denn sie haben sogar Änderungsanträge abgelehnt, die sie aber dann selbst und wortgleich eingebracht haben.

Dreimal haben es die Regierungsfraktionen geschafft, eine Änderung des Gesetzes abzulehnen, bei der es schlicht darum geht, dass die Kommunen das Geld, welches der Bund ihnen zusätzlich geben (Vorschlag: gewähren) will, auch tatsächlich bekommen. Denn genau das haben alle drei Oppositionsfraktionen wortgleich beantragt.

Wer nun denkt, dass diese Änderung am Gesetz nicht vorgenommen wird, der irrt sich. Die Damen und Herren der CDU und Grünen bringen es fertig, erst dreimal hintereinander die Formulierung im Haushaltsausschuss abzulehnen, und dann sie wortgleich wieder einzubringen und schließlich sogar zu beschließen.

Offensichtlich fällt es den Regierungsfraktionen schwer, ihr Demokratieverständnis zu erweitern und sachlich die Verbesserungsvorschläge der Opposition zu berücksichtigen. Und bevor jetzt wieder jemand aus der CDU Fraktion darauf hinweist, dass sie selbst Änderungsanträge dann ablehnen, wenn sie gut sind – nur weil sie von der LINKEN kommen, möchte ich daran erinnern, dass ich sogar als Alternative eine Miteinbeziehung des FDP-Antrages vorgeschlagen hatte, aber selbst das schaffen sie nicht. Das ist der neue Stil dieser Landesregierung.

Wie gesagt, vor diesem Hintergrund bin ich erstaunt, dass wir die einzige Fraktion waren, die diesen Gesetzentwurf im Haushaltsausschuss abgelehnt hat.

 

Umso mehr hat es mich dann gewundert, gestern in der Frankfurter Neuen Presse und heute in der FAZ zu lesen, dass der Vorsitzende der SPD Fraktion, Thorsten Schäfer-Gümbel, auf dem Parteitag der SPD am Wochenende von „politischer Erpressung“ der Kommunen sprach und erklärte: „Wir lehnen den Finanzausgleich ab, weil er den sozialen Zusammenhalt der Kommunen in Hessen gefährdet.“

Ich gehe also mal davon aus, dass das Wort des SPD Landesvorsitzenden ein gewisses Gewicht hat und die SPD Fraktion ihr Abstimmungsverhalten noch einmal überdacht hat. Denn auch, wenn die Regierungskoalition einige Änderungen vorgenommen hat, wird aus dem schlechten Gesetzentwurf eben noch lange kein guter – es gilt für unsere Fraktion, was Herr Schäfer-Gümbel auf dem SPD Parteitag sagte: „Wir lehnen den Finanzausgleich ab, weil er den sozialen Zusammenhalt in Hessen gefährdet.“

 

Daran ändert sich auch nichts, nur weil sie die Änderungen gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden abgesprochen haben. Was sollten die auch anderes tun, als an dem Gesetzentwurf Änderungen zu fordern und diese, soweit irgend möglich, auch durchzusetzen? Auch die EURO-Verhandlungen zu Griechenland sind nach einem ähnlichen Prinzip abgelaufen.

So ist es auch, vor allem, das Verdienst der Kommunalen Spitzenverbände, die Druck gemacht haben. Nur durch öffentlichen Druck ist es in Hessen möglich, dass die Kommunen Geld vom Bund bekommen, die extra dafür gedacht sind. Und nur durch diesen Druck ist es auch überhaupt möglich, dass man einmal darüber redet, dass die Mittel für die Unterbringung von geflüchteten Menschen erhöht werden.

 

Und all die kleinen, durchaus positiven Änderungen an dem, nach wie vor, schlechten Gesetz, sind doch nur zustande gekommen, weil viele Kommunen hier protestiert haben. Dass nun die Kommunalen Spitzenverbände froh sind, bei dieser Landesregierung überhaupt etwas erreicht zu haben, kann ich verstehen. Das ist aber eben noch lange kein Grund, sich bei diesem Gesetz der Stimme zu enthalten!

Denn es reicht nicht. Das Kernproblem dieser KFA Reform, über die wir sprechen, sind nicht die vielen Detailfragen, über die man sich wahrscheinlich einigen könnte. Das Problem besteht darin, dass die Absicht der Regierung war und ist, den Kommunen nicht mehr Geld zu geben, als ihnen nach dem alten System zustehen würde und damit schon gar nicht genug, damit sie ihre freiwilligen und Pflichtaufgaben auch wirklich erfüllen können.

 

Im Gesetz ist doch bereits vom Verfahren angelegt, dass die Finanzbedarfe der Kommunen praktisch niemals so hoch angesetzt würden, dass allein die Kosten für die Pflichtaufgaben der Kommunen vollständig gedeckt werden.

Gestern erreichte mich eine Resolution der Kreisversammlung Groß-Gerau, darin beschreiben sie das Problem der Kommunen:

„Im Rahmen der Ermittlung der finanziellen Mindestausstattung erkennt das Land ca. 9% der tatsächlichen Ausgaben der Kommunen, d. h. rund 1 Mrd. €, nicht als Bedarf an. Das so genannte Korridormodell unterstellt hohen Aufgaben eine Unwirtschaftlichkeit, die durch nichts belegt ist.“

Dabei will ich mich gar nicht darüber streiten, ob der Staatsgerichtshof eines Tages dieses Verfahren für verfassungswidrig erklären wird – denn das haben nicht wir, sondern allein der Staatsgerichtshof zu entscheiden.

Worum es mir geht, ist, dass die Landesregierung den Kommunen einfach unterstellt, sie würden unwirtschaftlich mit den Mitteln der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler umgehen. Und das ist im Kern eine Frechheit.

Bei diesem Verfahren werden die Ausgaben der Kommunen allein schon dann als unwirtschaftlich angesehen, wenn sie höher sind als im Durchschnitt aller Kommunen. Dabei tun sie so, als sei das ein vernünftiger Maßstab um festzustellen, ob die Kommunen Geld verschwenden oder nicht. Es kann aber sehr gute Gründe dafür geben, dass eine Kommune für die Erfüllung einer Pflichtaufgabe mehr Geld ausgeben muss, als der Durchschnitt.

Und so sehr ich immer für Gleichheit bin, diese Art der Gleichmacherei auf Kosten der Menschen in den Kommunen lehne ich ab. Ich fordere die Landesregierung auf, dass sie dieses Korridorverfahren noch einmal gründlich verändert. Denn hier liegt die Antwort auf die Frage, ob die Kommunen ab 2016 genügend Geld haben werden, um ihre Aufgaben zu erfüllen, oder ob Hessen sich als eines der reichsten Bundesländer auch weiter die ärmsten Kommunen leisten will.

 

Unser Vorschlag ist daher, dass die Landesregierung das Korridormodell so anpasst, dass die Pflichtaufgaben der Kommunen zu 100 Prozent finanziert werden. Pflichtaufgaben sind Aufgaben, die von den Kommunen in jedem Fall erfüllt werden müssen, weil sie gesetzlich dazu verpflichtet sind. Es ist also nur konsequent, wenn das Land als Landesgesetzgeber auch dafür sorgt, dass die Kommunen für diese Aufgaben auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellten. Das ist die Forderung des Art. 137 in der Hessischen Verfassung, der nunmehr seit der Schuldenbremse zweimal in der Verfassung steht.

Dafür braucht es im übrigens noch nicht einmal eine Änderung des Gesetzentwurfes.

Herr Dr. Schäfer das Korridorverfahren haben sie ja noch nicht einmal im Gesetz ausformuliert – im Prinzip wissen wir also hier heute gar nicht, wie das am Ende aussehen wird. Deshalb fordere ich Sie auf, dieses Korridorverfahren auf dem Wege der Verordnung zu korrigieren.

 

Wir brauchen Kommunen in denen endlich wieder Politik gestaltet werden kann und nicht nur darüber entschieden werden darf, in welcher Reihenfolge die nächsten Zumutungen auf die Bürgerinnen und Bürger zukommen. Und dazu leistet dieses Gesetz keinen Beitrag, weil es die grundständige Finanzierung der Kommunen nicht sichert. Die Kommunen brauchen mehr Geld für dringend anstehende Investitionen. Die öffentliche Infrastruktur darf nicht zu Schrott gemacht werden.

Und da bringt es eben auch nichts, wenn die Landesregierung einen stärkeren Ausgleich zwischen den Kommunen herstellen will. Ich habe ja nichts dagegen, dass man die Einnahmen zwischen Kommunen mit besonders hohen und besonders niedrigen Einnahmen ausgleicht – auch stärker als bisher.

Eine Haltung, über die wir uns ja auch beim Länderfinanzausgleich streiten. Aber es reicht eben nicht unzureichende Mittel unter den Kommunen auszugleichen. Hier geht es eben nicht darum, festzulegen wie groß das Stück vom Kuchen ist, dass die einzelne Kommune abbekommen darf. Hier geht es mir um die ganze Bäckerei!

Die Kommunen brauchen flächendeckend und dauerhaft mehr Geld – das gilt eben auch für viele Kommunen, die vermeintlich hohe Einnahmen haben. Die wollen wir nicht in Haftung dafür nehmen, dass die Landesregierung versucht den eigenen Landeshaushalt zu sanieren, indem sie den Kommunen mehr Aufgaben zuweist, als sie bereit ist auch zu finanzieren.

Wir fordern daher mehr Geld für die Kommunen vom Land, und auf der Grundlage einer kostendeckenden Finanzierung der Kommunen, auch einen gerechten Ausgleich zwischen den Kommunen. Das alles sehen wir in diesem Gesetzentwurf gerade nicht und deshalb werden wir ihn ablehnen. Vielleicht wird sich die eine oder andere Fraktion in diesem Hause ja diesem Votum noch anschließen – ggf. auch in einer dritten Lesung.