140x190 marjana schottMarjana Schott

schied zum Ende der 19.Legislaturperiode aud dem Landtag aus.
Die Fraktion dankt Ihr für Ihren langjährigen parlamentarischen Einsatz.
  
 
  

www.marjana-schott.de
 


Reden

Rede Marjana Schott zum Gesetzentwurf der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein „Zweites Gesetz zur Änderung des Hessischen Altenpflegegesetzes“

Rede Marjana Schott am 28. Februar 2018 im Hessischen Landtag

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

Kennen Sie den Sketch von Extra 3? An diesen hat mich Ihr Gesetzentwurf erinnert. Zwei Moderatoren stehen einer Gruppe von Menschen gegenüber und stellen ihnen Fragen. Bei einem Ja dürfen die Menschen einen Schritt vorwärts gehen. Auf die erste Frage, wer sucht einen Job, gehen alle vorwärts. Auch die zweite Frage, wer hart mit einem hohen Maß an Verantwortung arbeiten will, bekommt genauso Zustimmung wie die Frage, wer in dem wichtigsten Job der Gesellschaft arbeiten will, der Menschen glücklich macht. Dies ändert sich, als gefragt wird, wer bereit ist 16 Stunden Schichten zu arbeiten und 70 bis 80 kg zu heben. Nur eine Frau bleibt übrig, die dies für einen Hungerlohn tun will. Sie hat den Pflegeberuf gewonnen. Leider spricht sie kein Deutsch und hat die Fragen nicht verstanden. 

Gut dass die Absolvent*innen der InteA-Kurse so viel Deutsch gelernt haben, dass sie sich darauf einstellen können, was in der Pflege auf sie zukommt. Ein wunderschöner Beruf mit harten Arbeitsbedingungen, unbedingt erforderlich für die Gesellschaft, in der immer mehr Menschen hochaltrig sind und einen hohen Pflegebedarf haben, der von der Familie nicht mehr gewährleistet werden kann.

Gründe für Personalmangel

Aber auch ein Beruf mit einem enormen Personalmangel. Diesem Personalmangel wollen Sie jetzt ein Stück abhelfen, in dem Altenpflegehelfer*innen ausgebildet werden, die während der Ausbildung den Hauptschulabschluss erwerben können. Im Prinzip keine schlechte Sache. Ich frage mich nur, warum der Abschluss nicht bereits in der InteA-Maßnahme erfolgte. Aber da war er ja in der Regel nicht vorgesehen.

Den Personalmangel mit Zugewanderten zu verringern, ist sicher sinnvoll, wenn die Betreffenden sich dazu bereit erklären und nicht vom Jobcenter genötigt werden und wenn sie dafür geeignet sind. Dann ist das eine gute Sache. Es hilft aber nicht den Personalmangel insgesamt zu bekämpfen. Der hat ja seine Gründe.

Ein Problem des Berufes ist, dass Pflegekräfte von dem Gehalt nicht einmal die Miete in Ballungsgebieten zahlen können. Obwohl sie arbeiten bis zum Umfallen. Sie waren ja alle in der Debatte um unseren Antrag der Meinung, dass die Höhe der Vergütung die Aufgabe der Tarifparteien sei. Das ist erst mal richtig. Aber nur wenn die Betriebe tarifgebunden sind und das sind gerade in der Langzeitpflege immer weniger. Deshalb gibt es einen Pflegemindestlohn. Dieser wird vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales in einer Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche festgelegt. Wir haben die Landesregierung aufgefordert, sich dafür stark zu machen, dass der Mindestlohn auf 14,50 Euro erhöht wird. Das hat sie abgelehnt, im Übrigen auch die SPD.

Pflegeheime werden zu Spekulationsobjekten

Mit den Pflegesätzen aus der Pflegeversicherung lässt sich keine Pflege finanzieren. Dazu gab es ja bereits zynische Sprüche des designierten Gesundheitsministers. Meine gute Erziehung verbietet mir sie zu zitieren. Gleichzeitig wird von Seiten Schwarzgrüns oder der Groko die Türen immer weiter aufgemacht, dass Altenheime zu Spekulationsobjekten werden. Ein Beispiel: der private Altenheimbetreiber Alloheim (bundesweit der zweitgrößte) wurde vor kurzem verkauft. Dieser hat 22 Einrichtungen in Hessen. Erst 2013 wurde die Kette von dem US-Investor US-Carlyle übernommen. Jetzt geht sie in einen Private Equity Fonds, der seinen Sitz in Jersey hat. Die Arbeitsbedingungen und die Pflegesituation verschlechtern sich meist mit jedem Verkauf. Jeder neue Besitzer möchte aus dem Heim Profit schlagen, um es dann wieder weiterzuverkaufen.

Gute Arbeit statt Profitstreben

Altenheime gehören aber zur Daseinsvorsorge und sollten auf jeden Fall dem Gewinnstreben entzogen werden. Immer weniger Pflegekräfte müssen immer mehr multimorbide Bewohner*innen versorgen. Da wundert doch der Personalmangel nicht. Das wird sich auch nicht ändern, solange sich nicht die Arbeitsbedingungen geändert haben. Bessere Bezahlung, bessere Personalschlüssel, mehr gesellschaftliche Anerkennung. Das muss schon drin sein. Dann gibt es auch wieder mehr Menschen, die den Beruf ergreifen wollen oder bereit sind weiter in dem Beruf zu arbeiten oder ihre Arbeitszeit aufzustocken. Das sind die Initiativen, die wir von der Landesregierung erwarten.