140x190 marjana schottMarjana Schott

schied zum Ende der 19.Legislaturperiode aud dem Landtag aus.
Die Fraktion dankt Ihr für Ihren langjährigen parlamentarischen Einsatz.
  
 
  

www.marjana-schott.de
 


Reden

Versenkung von Salzabwässern sofort beenden

Rede von Marjana Schott, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag zu:

Entsorgung von Abfällen aus der Kaliindustrie: Arbeitsplätze und Umwelt sichernde Entsorgung erarbeiten – Versenkung von Salzabwässern sofort beenden

 

Dr. 19/1628 (05.03.2015), Top: 34

Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident/in,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

verehrte Gäste,

 

das Bekanntwerden der Stellungnahme des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie sowie einiger Schriftstücke aus dem Regierungspräsidium Kassel haben deutlich gemacht, das die Hessische Umweltministerin die Öffentlichkeit in unerträglicher Weise hinters Licht geführt hat.

Es ist bizarr, dass das Umweltministerium, Die Grünen und CDU immer noch behaupten, dass der mit K+S ausgehandelte Vier-Phasen-Plan „Ökologie und Ökonomie“ zusammenbringe und eine nachhaltige Lösung für die Salzabwasserentsorgung sei.

Der Vier-Phasen-Plan ist in erster Linie eines: Er ist gesetzeswidrig.

In § 48 des Wasserhaushaltsgesetzes heißt es zur Reinhaltung des Grundwassers:

„(1) Eine Erlaubnis für das Einbringen und Einleiten von Stoffen in das Grundwasser darf nur erteilt werden, wenn eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist.“

Spätestens seit der Stellungnahme des HLUG vom Juli 2014 wissen wir, dass eine nachteilige Veränderung des Grundwassers schon lange eingetreten ist und der Grund dafür in der Versenkung von Salzabwässern durch K+S liegt.

In der Stellungnahme Seite 2. führt das HLUG aus, dass

„… jede Salzabwasserversenkung in den Plattendolomit-Grundwasserleiter unweigerlich nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit in dem zur Trinkwassergewinnung genutzten Buntsandstein- Grundwasserleiter nach sich zieht und den dort bestehenden Grundwasserschaden weiter vergrößert…“

Auf Seite 8 führt das HLUG aus, dass:

„mehrfach Veränderungen der Beschaffenheit des zur Trinkwassergewinnung genutzten Grundwassers festzustellen [sind], die offensichtlich in Zusammenhang mit der Salzabwasserversenkung stehen. Eine durch nachströmendes und hochkonzentriertes Salzwasser auch kurzfristig eintretende Gefährdung der Trinkwasserversorgung kann nicht für alle Gewinnungsanlagen ausgeschlossen werden.“ (8)

Es ist festzuhalten: dass HLUG hat zweifelsfrei eine Besorgnis festgestellt. Und seit dem 11. Juli 2014 ist das Umweltministerium im Besitz dieses Wissen.

Spätestens mit dieser Kenntnis wäre es die Pflicht des Regierungspräsidiums (RP) Kassels gewesen die aktuelle Versenkerlaubnis aus 2011 zu widerrufen. Das RP beauftragt aber nur weitere Messungen an einem Trinkwasserbrunnen.

Und was macht das Umweltministerium?

Über zwei Monate später, mit der HLUG-Stellungnahme in der Schublade, verkündet die Hessische Umweltministerin den mit K+S ausgehandelten Vier-Phasen-Plan mit der Option für die Fortsetzung der Versenkung bis 2021.

Das nenne ich Täuschung der Öffentlichkeit!

Sie Frau Ministerin verhalten sich nicht wie die oberste Chefin der Hessischen Umweltbehörden, sie verhalten sich wie eine Marionette von K+S!

Fast alle im Vier-Phasen-Plans vorgeschlagenen Entsorgungswege verstoßen gegen die Wasserrahmenrichtlinie und werden bei der Europäischen Kommission durchfallen. Das bringt dem Konzern Zeit für ohnehin geplante Produktionsverlagerungen nach Kannada. Und das beschert den Steuerzahlerinnen und Steuerzahler Strafzahlungen durch das Mahnverfahren der EU. Sie Frau Ministerin machen sich damit zur Erfüllungsgehilfin bei der gesetzeswidrigen Entsorgung von Abfällen aus der Kaliindustrie. Das wird das Ergebnis Ihres 60-Jahresplans sein. Das einzige was daran nachhaltig ist, ist die Umweltverschmutzung, der politische Schaden und die Gewinne für K+S. Arbeitsplätze sichert das nicht.

Leider ist das noch nicht alles an Versäumnissen und Fehlverhalten des hessischen Umweltministeriums.

Dass die Salzabwasserversenkung Trinkwasserbrunnen gefährdet ist seit spätestens Mitte der 1960er Jahr bekannt. Nachdem mehrere Trinkwasserbrunnen ausgefallen waren, wurde 1968 ein Großteil der Versenkung in Thüringen beendet.

2000 stellte das Thüringische Landesanstalt für Umwelt und Geologie nochmals fest, ich zitiere aus einer Publikation „90 Jahre Wassergütestelle an der Werra“:

„Die Versenkrückläufe aus dem Plattendolomit, bestehend aus verdrängtem Formationswasser, gemischt mit Salzabwasser ließen mehrere Trinkwassergewinnungsanlagen unbrauchbar werden.“

Explizit werden dafür auch Rückläufe aus der in Hessen Fortgesetzen Versenkung verantwortlich gemacht. Zu dieser Zeit war Frau Ministerin Hinz übrigens Mitglied des Hesseischen Landtages.

Seit 2007 mahnt das HLUG, die grundwassergefährdende Versenkung so schnell wie möglich zu beenden. Selbst K+S dokumentiert in seinem Bericht zur Eigenüberwachung 2013 für mehrere Messstellen eine Beeinflussung des Grundwassers durch versenktes Salzabwasser.

Nach der Veröffentlichung des Spiegelartikels vor zwei Wochen verkündet das Umweltministerium in einem Statement am 16.Februar 2015: „In der Gesamtbewertung aller vorliegenden Daten und Fakten, hat der zuständige RP zu dem Zeitpunkt entschieden, dass von einer Versenkung derzeit keine Gefährdung von Trink- und Grundwasser ausgeht.“

Wessen Herrn Knecht sind Sie eigentlich, dass Sie Ihre Behörde nach dieser Vorgeschichte so ein Statement herausgeben lassen? Da hätten Sie einschreiten müssen.

Aber es geht noch weiter: In der letzten Wochen hat Frau Umweltstaatssekretärin Tappeser im Rahmen des Fachgespräches zur Werra- und Weserversalzung im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages behauptet, dass das Grundwasser durch die Versenkung „nicht gefährdet“ sei. Und auf dem Treffen der Obleute des Hessischen Umweltausschusse hat sie behauptet, dass die Versenkerlaubnis aus 2011 nicht hätte widerrufen werden müssen, weil das nur eine Nebenbestimmung sei. Wie aus den Unterlagen des Regierungspräsidiums, die zu diesem Zeitpunkt bereits öffentlich waren, hervorgeht, ist auch das nicht wahr.

Und während dieser ganzen Zeit bedienen Grüne, CDU und das Umweltministerium die Presse mit der Behauptung, der Schutz des Grund- und Trinkwassers habe für sie höchste Priorität.

Ich halte das für eine Lüge - Frau Ministerin!

Sie behaupten, dass sie die Öffentlichkeit immer vollumfänglich informiert haben. Auch das ist die Unwahrheit: Bis heute sind weder die betroffen Gemeinden noch der Umweltausschuss über die Stellungnahme des HLUG vom Juli letzen Jahres informiert worden. Unsere kleine Anfrage (Drs. 19/1274) vom Dezember blieb bis heute unbeantwortet.

Das Ministerium verteidigt sich, dass die Stellungnahme des HLUG aufgrund einer Klage von K+S nicht herausgegeben werden könne. Auch das ist so nicht richtig. Mit dem Verweis auf übergeordnetes öffentliches Interesse – und das ist der Schutz des Grundwassers zweifellos - hätten die Behörden die Stellungnahmen auf Anfrage der Gemeinde Gerstungen herausgeben können. Der Verweis auf die Klagen von K+S ist nicht mehr als eine Schutzbehauptung.

Aber auch ohne die Stellungnahme des HLUG zu veröffentlichen, hätte das Umweltministerium das Parlament und die betroffenen Kommunen über die Inhalte und die Besorgnis des HLUG informieren müssen. Es wäre mindestens ihre Pflicht gewesen, die Mitglieder des Umweltausschusses zu informieren. Auch das haben sie nicht getan.

Sie haben dem Parlament und der Öffentlichkeit diese Informationen mit Absicht vorenthalten, weil sie wussten, dass die Ergebnisse des HLUG das „Aus“  für den Vier-Phasen-Plan bedeuten würde und weil sie die aktuelle Versenkerlaubnis für K+S nicht widerrufen wollten.

Das war Juli vergangenen Jahres. Die Öffentlichkeit wurde unterdessen durch Gerichtsbeschluss hergestellt. Das RP Kassel prüft aber immer noch, ob die Versenkgenehmigung aus 2011 widerrufen werden muss. Weil K+S aber eine Nebenbestimmung der Versenkerlaubnis nicht erfüllt hat – es fehlt bis heute ein funktionierendes 3D-Modell mit dem der Verbleib der versenkten Salzlauge kontrolliert werden soll – hätte der Widerrufer bereits im Januar 2014 erfolgen müssen.

Ich zitiere aus einem Vermerk des RP Kassels vom 24.07.2014. Da heißt es:

„Sollten die beiden Anträge nach dem HUIG [Hessisches Umweltinformationsgesetz] positiv beschieden werden, so hat die Gemeinde [Gerstungen] erstmals die schriftliche Bestätigung durch die Behörde, dass die Nebenbestimmung zur Erstellung des 3D-Modells nicht erfüllt ist und die Behörde bis dato die Erlaubnis nicht widerrufen hat. Dies dürfte nach diesseitiger Einschätzung ein erhebliches öffentliches Aufsehen einschließlich Presseberichterstattung nach sich ziehen, denn die Gemeinde Gerstungen hat bereits in der Vergangenheit massiv versucht, in das Verfahren Öffentlichkeit herzustellen ...“

Das ist ein unglaublicher Kommentar. In Kenntnis, dass die Versenkerlaubnis hätte wiederrufen werden müssen, machen sich die Beamten im RP Kassel Sorgen, dass die Untersuchungsergebnisse des HLUG öffentlich werden könnten. So eine Entscheidung kann doch nicht ohne Kenntnis der aufsichtsführenden Behörde getroffen werden. Das müssen sie doch gewusst haben Frau Ministerin.

Das war im Sommer vergangenen Jahres. Die Öffentlichkeit wurde unterdessen durch Gerichtsbeschluss hergestellt, das RP Kassel prüft aber immer noch, ob die Versenkgenehmigung aus 2011 widerrufen werden soll, obwohl dies bereits seit Januar 2014 eindeutig war, und Sie Frau Ministerin verteidigen noch immer ihren Vier-Phasen-Plan.

Das ungeheuerliche Vorgehen des Umweltministeriums und des RP Kassel, hätte das Zeug für einen dritten Untersuchungsausschuss, in dem den Grünen aber diesmal die Hauptrolle zukäme.

In der Art wie sie die Öffentlichkeit hinters Licht geführt haben, Gesetze dehnen oder missachten und die Arbeitsplätze bei K+S gefährden, übertreffen Sie, Frau Ministerin Hinz, jetzt schon einige ihrer CDU-Vorgänger_innen in diesem Amt. Als Umweltministerin sind Sie untragbar geworden.