140x190 marjana schottMarjana Schott

schied zum Ende der 19.Legislaturperiode aud dem Landtag aus.
Die Fraktion dankt Ihr für Ihren langjährigen parlamentarischen Einsatz.
  
 
  

www.marjana-schott.de
 


Reden

Zum Entwurf Hessisches Gleichberechtigungsgesetz

Rede von Marjana Schott zum Entwurf des Hessischen Gesetzes über die Gleichberechtigung von Frauen und Männern und zum Abbau von Diskriminierungen von Frauen in der öffentlichen Verwaltung, Drucksache Nr. 19/2161

Am 22.07.15 im Hessischen Landtag

– Es gilt das gesprochene Wort –

Die Peinlichkeiten der hessischen Regierungspolitik bezüglich der Frauen- und Gleichstellungspolitik gehen in eine neue Runde. Erinnern wir uns: 2011 gab es eine Evaluation des bisherigen Gesetzes, die vorgeschlagenen Änderungen wollte die Landesregierung im selben Jahr in ein neues Gesetz gießen. 2013  hatte die Landesregierung ein neues Hessisches Gleichberechtigungsgesetz angekündigt, dann wurde das alte in der letzten Minute verlängert, nachdem DIE LINKE klar machen konnte, dass die Frauenbeauftragten ansonsten in Zukunft keine rechtliche Grundlage mehr hätten. Gleichzeitig versprach die Landesregierung einen neuen Gesetzesvorschlag vorzulegen. Als nichts passierte, legte die SPD ihren Entwurf vor, der die Kritik der Frauenbeauftragten aufnahm und dafür Lösungen vorsah. Dieser beruhte weitgehend auf der Vorarbeit dieser Kolleginnen und Frauen bei Verdi. Die Anhörung dazu wurde geschoben und geschoben, weil der Regierungsentwurf angekündigt war. Aber er kam überhaupt nicht, sondern ein Entwurf der Regierungsfraktionen, es hat wohl die Zeit für die Anhörung gefehlt. Vorgestellt wurde der neue Gesetzentwurf mit der Ankündigung, dass er so grundlegend neu sei, dass kein Änderungsantrag gestellt werden konnte. Da war die Spannung natürlich groß. Was werden sie wohl geändert haben? Wären sie den Forderungen der Frauenbeauftragten nach mehr Personal nachgekommen? Hätten sie gar die Rechte der Beauftragten entscheidend verbessert? Hätten sie eine wirksame Frauenförderung mit Klagerechten eingeführt? Hätten sie vielleicht auch für die Frauen in der Privatwirtschaft Frauenförderung gefordert? Ich will es nicht zu spannend machen. Alles war Ankündigung, so gut wie nichts wurde umgesetzt.

Angekündigt war ein Handlungskonzept, dass mehr Frauen in Leitungspositionen im öffentlichen Dienst kommen. Dies wäre auch das Entscheidende für eine Frauenförderung. Dass man nicht den Anteil von Frauen im öffentlichen Dienst erhöhen muss, ist klar. Frauen sind überall vorhanden, wo hart gearbeitet werden muss. Ob es im Reinigungsgewerbe ist, wenn diese Stellen nicht schon zu Ungunsten der Mitarbeiterinnen und zu Gunsten der Unternehmen privatisiert sind und somit nicht mehr in den öffentlichen Dienst fallen. Oder ob es in den Kindertagesstätten oder der sozialen Arbeit ist, wo Frauen, wie wir inzwischen alle wissen eine unterbezahlte, aber anspruchsvolle Arbeit erbringen. Ob es an den vielen Stellen ist, an denen der öffentliche Dienst für die Bürgerinnen und Bürger sichtbar ist, in den Dienststellen mit Publikumsverkehr. Überall dort, wo es harte Arbeit gibt, sind Frauen zu finden. Wo sie nicht zu finden sind, ist in den Leitungspositionen, da wird es mit der Frauenbeteiligung immer dünner. Die Beteiligung von Frauen an den Führungskräftefortbildungen entsprechend ihres Anteils an der Belegschaft wird das System nicht ändern. Was den Frauen tatsächlich helfen würde, wenn die Diskriminierung bei den dienstlichen Beurteilungen abgeschafft würde. Der Deutsche Juristinnenbund kritisiert die Praxis, dass Frauen und allen voran Teilzeitbeschäftigte bei der Beurteilung immer noch benachteiligt werden.  Sie fordern die Personalverantwortlichen im Öffentlichen Dienst auf, endlich für faire Beurteilungen von Frauen zu sorgen und insbesondere die in Forschung und Praxis dafür entwickelten Instrumente anzuwenden. Da können wir nur zustimmen. Leider können wir hier keine Änderungen zu dem bereits bestehenden Gesetz, dem der Aufstieg von Frauen offensichtlich nicht im entscheidenden Maß gelungen ist, beim Entwurf von CDU/Bündnis 90/Die Grünen finden. Auch hier nur Ankündigung und keine Taten.

Angekündigt waren eine stärkere Anerkennung der Familienarbeit und eine bessere Vereinbarung von Familie und Arbeit. Das war allerdings vorher schon im Gesetz. Neu ist tatsächlich die Berücksichtigung von ehrenamtlicher Tätigkeit bei der Auswahlentscheidung, das wird nichts Entscheidendes bewegen.

Angekündigt war eine Stärkung der Frauenbeauftragten. Da gibt es eine entscheidende Änderung. Die Bezeichnung wurde länger, sie heißen jetzt Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte. Weitere Änderungen sind das Initiativrecht – unvorstellbar, dass eine Dienststelle eine Eigeninitiative bisher ignorieren konnte - und das Recht sich in Fragen grundsätzlicher Bedeutung  an das Ministerium zu wenden, ohne den Dienstweg einhalten zu müssen. Und schließlich wird die Freistellung ausgeweitet. Aber nicht so, wie es erforderlich wäre, sehr geehrte Damen und Herren, so dass Frauenbeauftragte auch ihren Aufgaben umfassend gerecht werden könnten. Es müssen weiterhin 600 Beschäftigte zusammen kommen bevor eine Vollzeitfreistellung möglich ist. Gerade in den Hochschulen kann das nicht funktionieren, da aufgrund der Befristungspraxis und der umfangreichen Personalmaßnahmen eine Frauenbeauftragte überhaupt nicht in der Lage ist, sich bei der Einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einzubringen. Immerhin sieht das neue Gesetz eine vierteltste Stelle bei 150 bis 300 Beschäftigten vor. Das heißt für die Frauenbeauftragten, sie dürfen im Ministerium anrufen, sie dürfen initiativ werden und heißen jetzt auch noch Gleichstellungsbeauftragte. Das hört sich nicht nach einer echten Reform an.

Vollmundig angekündigt war ein Organklagerecht. Das ist tatsächlich was Neues. Es gilt allerdings nur, wenn die Rechte der Frauenbeauftragte aus diesem Gesetz verletzt wurden und wenn kein Frauenförderplan aufgestellt wurde und das alles nach einem mehrstufigen Widerspruchsverfahren.

Wie die Landesregierung damit Vorbild für hessische Unternehmen sein will, um die Gleichberechtigung von Frau und Mann weiter voranzubringen, bleibt ihr Geheimnis. Dass Bündnis90/Die Grünen mit diesem Gesetz zufrieden sind, wie Frau Erfurth betonte, wundert nur denjenigen, der die Schnellmetamorphose von Grün bis Schwarz – den Weg aller Bananen (ich kann Ihnen nur den Zug der Opportunisten von Marc-Uwe-Kling empfehlen, keine Angst, ich singe nicht selbst) –, wer also diese Metamorphose nicht mitbekommen hat. Im August vor zwei Jahren verlautbarte die grüne Landtagsfraktion, dass sie die Richtung des SPD-Entwurfs unterstütze, aber nach der Anhörung in Detailfragen noch Nachbesserungsbedarf sehen. Die frauenpolitische Sprecherin betonte, dass Hessen dringend ein neues Gesetz brauche, um die Beschäftigungssituation und die Aufstiegschancen von Frauen im öffentlichen Dienst zu verbessern. Die Landesregierung hat das aktuelle Gesetz komplett ausgehöhlt und wirkungslos gemacht.“ Ich füge heute dazu, Schwarz-Grün hat das Gesetz kaum besser gemacht.