140x190 marjana schottMarjana Schott

schied zum Ende der 19.Legislaturperiode aud dem Landtag aus.
Die Fraktion dankt Ihr für Ihren langjährigen parlamentarischen Einsatz.
  
 
  

www.marjana-schott.de
 


Reden

K+S AG selbstständiges Unternehmen mit Sitz in Hessen erhalten – Arbeitsplätze sichern und Ausgleich zwischen Ökologie und Ökonomie herbeiführen

Rede von Marjana Schott, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag zu:
K+S AG selbstständiges Unternehmen mit Sitz in Hessen erhalten – Arbeitsplätze sichern und Ausgleich zwischen Ökologie und Ökonomie herbeiführen. (Aktuelle Stunde der CDU)
Die Landesregierungen dürfen sich nicht erpressen lassen!

Dr. 19/2204, 2212, 2271 (22.07.2015), Top: 60 +64

– Es gilt das gesprochene Wort –


Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident/in,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
verehrte Gäste,

wir haben es gegenwärtig weltweit mit einem Übernahmepoker bei Kaliunternehmen zu tun. Die spanische Iberpotash - die übrigens wesentlich höhere Umweltanforderungen erfüllt als K+S, die nach Brüsseler Vorgaben die Einleitung ins Mittelmeer eingestellt haben und die ihre Halden zurückbauen und unter Tage bringen - sollte von K+S übernommen werden. Die Chinesen sind gerade dabei, die kanadische Western Potash zu übernehmen und die kanadische Potash/PCS macht sich an K+S zu schaffen.

Was hier in Erwartung steigender Preise für Kalidünger gespielt wird, ist Monopoly. Die Monopolbildung wird auf dem Rücken der Menschen vor allem in Thüringen und Hessen und unserer Umwelt betrieben werden.

Der kanadische Düngemittelriese Potash/PCS hat 1996/1997 schon einmal versucht K+S zu schlucken. Aber die Bedingungen waren andere. 51 Prozent der Grubengeschäfte lagen in der Hand von BASF. Die war auch bereit, ihren Mehrheitsanteil an die Kanadier weiter zu reichen. Der damalige Wirtschaftsminister Günter Rexrodt hat dies aus kartellrechtlichen Gründen verhindern können.

Aktuell befinden sich ca. 90 Prozent der K+S Aktien im Streubesitz überwiegend internationaler Kapitalgeber. Die kanadische Potash/PCS, hat strategische Aufkäufer platziert, die versuchen, möglichst viele Anteilseigner von ihrem Angebot zu überzeugen. Geführt wird das Unternehmen von Jochen Tilk, der in Aachen Bergbau studiert hat – ein Deutscher, der erst mal gesagt hat, er will den Standort erhalten.
Man kann davon ausgehen, dass die Kapitalgeber nur Interesse an einer möglichst guten Rendite ihrer Aktien haben. Zerstörte Umweltgüter wie Trinkwasser, versalzene Böden und Flüsse dürften ihnen gleichgültig sein. Auch der Erhalt der Arbeitsplätze interessiert sie vermutlich nicht, wenn der Übernahmepreis für ihre Aktienpakete stimmt.

K+S hat sich in Kanada eingekauft, weil sie erwarten dort, mit etwa 80 Euro pro Tonne Produktionskosten durch untertägige Laugung – also die Auflösung der Rohstoffe durch nach unten gebrachtes Wasser – Kali zu produzieren. Die deutlich niedrigeren Produktionskosten, als im hessisch-thüringischen Revier, lassen höhere Gewinne erwarten. Potash/PCS geht von den gleichen günstigen Bedingungen wie Kali + Salz in Kanada aus. Bei gegenwärtigem Kalipreis ließe sich die gleiche Gewinnspanne in Deutschland nur bei erheblich gesenkten Löhnen und Umweltstandards erreichen. Das will niemand in diesem Haus.
Ich möchte daran erinnern, dass auch K+S den konkreten Plan hat, zumindest einen Standort – Unterbreizbach in Thüringen – vor dem Ende der Vorkommen zu schließen. So steht es in dem von der Hessischen Umweltministerin mit ausgehandeltem Vier-Phasen-Plan, den wir auch deshalb scharf kritisiert haben.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass es in der deutschen Kaliindustrie nicht das erste Mal ist, dass eine Marktbereinigung stattfindet. Vor 24 Jahren wurde der Standort Bischofferode geschlossen. Das war damals die Treuhand. Das war also Marktbereinigung mit staatlicher Beteiligung.

Gleich, wer der Eigentümer der Produktionsstätten in Deutschland ist, eine Konsolidierung steht in allen Fällen bevor. Die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen werden – ob mit oder ohne Übernahme – vor die Wahl gestellt, niedrigere Löhne und Entlassungen zu akzeptieren. Ökodumping also, die Herabsetzung von Umweltstandards, setzt K+S gegenüber den Ländern bereits seit Jahrzehnten durch. Dem hatten oder wollten die letzen Hessischen Landesregierungen nichts entgegen setzen. Auch der von schwarz-grün eingebrachte Antrag bleibt bei dem Punkt stehen, dass man eine Übernahme nicht möchte. Nicht wollen ist aber deutlich zu wenig.

Ich möchte im Folgenden konkreter werden, einige Punkte fixieren und Vorschläge unterbreiten.
Deutlich werden unserer Ansicht nach wenigstens vier Punkte:

1. Ob mit oder ohne Übernahme von K+S wird eine Betriebsführung Produktionsstandorte im hessisch-thüringischen Kalirevier schließen wollen.

2. Weiterhin wird ein Unternehmen darauf dringen, seine Abfälle zu möglichst niedrigen Kosten entsorgen zu wollen. Um weiter Schäden an Allgemeingütern wie Trinkwasser, Flüssen, Böden und den Lagerstätten einzudämmen, kann die EU ein Bündnispartner sein und kein Hindernis, dass man zum Wohle der Kaliindustrie umgehen muss – wie es die hessische Umweltministerin aktuell betreibt.

3. Ökodumping hat die Renditeerwartungen – vor allem internationaler Kapitaleigner – befriedigt. Hier hat es den Aufbau einer umweltverträglicheren Kaliproduktion verhindert. Niedrige Umweltstandards verursachen Folgekosten (Ewigkeitslasten), die auf kurz oder lang aus öffentlichen Kassen zu begleichen sind, wie das thüringer Beispiel nachdrücklich zeigt. Hier unterliegt die Hessische Landesregierung unserer Meinung nach einer großen Fehleinschätzung. Aber dazu haben wir in den letzten Jahren ja bereits gefühlte 50 parlamentarische Initiativen eingebracht.

4. Ökodumping kann auch mittelfristig keine Arbeitsplätze in der Kaliindustrie sichern.
Die Fragestellung, über die wir nachdenken müssen, ist, wie man hier unter diesen Prämissen einen Standort in Deutschland sichern kann. Wir dürfen die Wettbewerbssituation nicht dazu missbrauchen lassen, dass es einen Wettbewerb um die niedrigsten Umweltstandards und Löhne gibt. Die Hessische Landesregierung darf sich nicht erpressen lassen: Weiterhin in der Kaliindustrie Ökodumping mit hohen Folgekosten für die Allgemeinheit genehmigen oder die Arbeitsplätze werden abgebaut – das sind für uns beides keine Optionen.

Vier Punkte muss die Hessische Landesregierung unserer Ansicht nach dem jetzigen Betreiber K+S, als auch Unternehmen, die auf eine Übernahme der Kaliproduktion spekulierenden, ganz klar machen:

1. Für die Schaffung weiterer Ewigkeitslasten – wie versalzenes Grundwasser und große Salzhalden – wird es keine behördlichen Zulassungen mehr geben. Weder für K+S, noch für einen Konkurrenten. Die Praxis der Gewässerbelastungen durch Versenkung der Salzabwässer in den Untergrund sowie durch Einleitung in die Werra und Weser wird unverzüglich beendet. Diese Praxis stellt einen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie dar, vergiftet Trinkwasser und zerstört die natürliche Artenvielfalt sowie die Produktivität der Süßwasserflüsse.

2. Die Abfälle gehören wieder unter Tage. Der seit 1969 erlaubte Abbau der Rohstoffe ohne die Pflicht, die leer geförderten Lagerstätten wieder zu verfüllen (versatzloser Abbau), wird unverzüglich umgestellt – zugunsten des Bergbaus mit Versatz.

3. Die existierenden Halden sind spätestens mit Beendigung der untertägigen Salzgewinnung zurückzubauen. Das Haldenmaterial ist entweder zur Herstellung von Produkten aufzubereiten oder als Versatz nach unter Tage zu verbringen. Auf diesem Punkt muss die Landesregierung bei der Aufstellung der Abschlussbetriebspläne bestehen. Firmen müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie hier nicht die Rohstoffe abbauen können, und wenn das für sie nicht mehr rentabel ist, ihre Abfälle einfach in der Landschaft liegen lassen können.

Für alle diese Forderungen gibt es Gesetzesgrundlagen, die nur entsprechend angewendet werden müssen. Dafür ist die Bergbehörde zuständig und ihre Aufsicht, die hessische Umweltministerin.
Wenn Privatunternehmen unverantwortlich niedrige Umweltschutzstandards durchsetzen wollen oder mit Arbeitsplatzabbau und Werksschließungen drohen, muss ihnen eines klar sein – und das ist der vierte Punkt:

4. Bund und Länder sollten nicht zögern, sich gemeinsam der Verantwortung für den Kalibergbau zu stellen. Sie dürfen nicht zögern, sich im Kalibergbau zu engagieren und ein Unternehmen, welches im letzten Jahr 800 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet hat – und das, obwohl es fast einen Milliarde in Kanada investiert hat – in eigener Regie weiterzuführen. Das ist volkswirtschaftlich viel sinnvoller, als Arbeitsplätze zu vernichten oder Ewigkeitskosten in Milliardenhöhe zu erzeugen.

Um eines klar zu stellen: Ziel kann es nicht sein, in einen Bieterwettstreit um K+S einzusteigen – K+S wird derzeit mit rund 10 Milliarden Börsenwert bewertet – und aus Steuergeldern einige Milliarden Euro zu investieren. Es geht darum, den Kaliproduzenten klar zu machen, dass wir das Monopoly-Spiel zu Lasten der Arbeiterinnen und Arbeiter sowie der Umwelt nicht mit machen werden. Es geht darum, dass wir im Fall der Fälle genau prüfen, ob und wie wir das Gesetz erlassen können, welches der Artikel 41 der Hessischen Verfassung vorsieht: Den Kalibergbau in Gemeineigentum zu überführen.

Der Thüringer Landtag ist schon etwas weiter. Die Grünen-Umweltministerin Anja Siegesmund prüft zurzeit, ob die Thüringer Landesregierung die Möglichkeit der Anwendung des KUTEC-Verfahrens als Forschungsauftrag vergeben wollen. Ziel ist es, bei der Kaliförderung den Stand der Technik anzuwenden und eine deutlich umweltfreundlichere Kaliförderung durchzusetzen – gleich wer der Eigentümer ist. Die Hessische Umweltministerin sollte endlich einsehen, dass ihr Vier-Phasenplan nicht zielführend ist. Sie sollte sich mit ihrer Thüringer Amtskollegin zusammentun und dieses Projekt gemeinsam starten – und ihr nicht in den Rücken fallen. So schwer kann das ja nicht sein, sie kommen ja auch noch aus der gleichen Partei.

Der Thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow sieht zur Aufrechterhaltung der Kaliproduktion die Verantwortung bei Hessen und Thüringen gemeinsam. In seiner Rede vom 8.7. hat er unter anderem vorgeschlagen, in der Frage der befürchteten Monopolbildung mit all den Nachteilen für Hessen und Thüringen, gemeinsam die Bundesregierung anzusprechen. Es gibt das Angebot einer Kooperation, die Sie Frau Hintz, Herr Al Wazir und Herr Bouffier nicht einfach ausschlagen sollten. Zum Wohle der Menschen im hessisch-thüringischen Kalirevier, für eine gute Versorgung mit Rohstoffen und für einen besseren Schutz der Umwelt.