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Schluss mit den Waffenlieferungen an das Erdogan-Regime – humanitäre Hilfe für die vom türkischen Militär Vertriebenen jetzt

Bilder der türkischen Offensive gegen Kurden in Syrien zeigen: Die türkische Armee setzt auch aus Deutschland gelieferte Leopard-Panzer ein. Die Bundesregierung leugnet diese Tatsache und spricht davon, dass es keine gesicherten Erkenntnisse zum Einsatz deutscher Waffen gibt. Dazu erklärt Janine Wissler, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag:

„DIE LINKE unterstützt die Petition ‚Kein Panzer-Deal mit der Türkei‘ der Hilfsorganisation medico international und anderer Organisationen. Wir fordern von der Bundesregierung die klare Verurteilung des türkischen Angriffskriegs, die Verhängung eines Waffenembargos sowie die Bereitstellung von Mitteln zur Nothilfe in den kurdisch besiedelten Gebieten in Nordsyrien.“

Als 1992 Bilder aufgetaucht seien, die den Einsatz deutscher Waffen gegen die kurdische Bevölkerung in Ostanatolien belegten, habe die damalige Bundesregierung ein Waffenembargo verhängt, so Wissler. Wenngleich dieses damals viel zu früh wieder aufgehoben worden sei, zeige dieses Beispiel dennoch, wie schwach die heutige Bundesregierung agiere.

Wissler: „Was unter einer CDU/CSU-FDP-Regierung möglich war, ist unter der neuen CDU/CSU-SPD-Regierung bisher kein Thema. Das bedeutet: Selbst formulierte Standards und gültige Rüstungsexport-Richtlinien werden kurzerhand unter den Teppich gekehrt. Damit muss endlich Schluss sein. Höchste Zeit, dass Angela Merkel und Heiko Maas die überfälligen Konsequenzen ziehen.

Wir sind entsetzt, dass türkische Truppen einen völkerrechtswidrigen Angriff auf die selbstverwaltete Region Afrin im Norden Syriens verüben. Dass dies mit deutschen, teils in Hessen produzierten Waffen geschieht, wirft ein Schlaglicht auf eine verheerende Rüstungsexportpolitik, die einen klaren Hessen-Bezug hat. Konkret: Der in Kassel ansässige Rüstungskonzern Krauss-Maffei-Wegmann stellt die Geschütztürme für die Leopard-2-Panzer her, die nun in Nordsyrien im Einsatz sind.“

 

Dr. Michael Wilk, der in den letzten Wochen in dem kurdischen Autonomie-Gebiet als Arzt humanitäre Hilfe geleistet hat, ergänzt: „Mit der Besetzung Afrins durch türkische Truppen und islamistische Verbände erreicht das Elend und Sterben in Syrien einen neuen, traurigen Höhepunkt. Ich war bis vor wenigen Tagen im Gebiet Afrin/Sheba nördlich von Aleppo. Dort kampierten Zehntausende unter freiem Himmel. Es fehlt an allem: Unterbringung, Nahrung, medizinischer Versorgung.

Die Besetzung Afrins durch die türkische Armee und fundamental-islamistischen Hilfstruppen sei von gezielten Falschinformationen begleitet gewesen, um Erdogans Krieg als sauberen Einsatz gegen Terroristen dastehen zu lassen, so Wilk. Es sei beispielsweise schlicht eine Lüge, wenn behauptet werde, es habe ausgehend vom Gebiet Afrin Attacken gegen die Türkei gegeben.

Auch werde von Seiten der Aggressoren hartnäckig behauptet, es hätte keine oder kaum zivile Opfer gegeben. Unzählige Dokumente bezeugten das Gegenteil. Hunderte Opfer seien seit Beginn der Auseinandersetzung Anfang des Jahres zumeist namentlich erfasst und zum Beispiel durch den Kurdischen Roten Halbmond veröffentlicht worden.

Wilk: „Die Opfer der türkischen Invasion und der fundamental-islamistischen Söldner sind bekannt. Die Namen hunderter Menschen, darunter viele Frauen und Kinder, die Verletzten und Verstümmelten sind gut dokumentiert. Es gibt unzählige Berichte von Vergewaltigungen und verschwundenen Menschen. Die Bilder von Plünderungen sind bekannt. Die politischen Vertreter und die Verantwortlichen der Politik wissen von diesen Tatsachen. Sie zeigen jedoch eine unglaubliche Ignoranz, Hemmungs- und Skrupellosigkeit.“

Bernd Eichner, Pressereferent von medico international, zur Situation in Syrien: „Die schockierenden Bilder der Leopard-Panzer im nordsyrischen Afrin gingen um die Welt. Mindestens 200.000 Kurden sind vor den türkischen Eroberern aus Afrin geflüchtet, vertrieben mit deutschen Waffen. Es ist offensichtlich: Die deutsche Außenpolitik hat versagt.“

Mit dem Einmarsch in Syrien eskaliere die Türkei einen bereits entgrenzten Konflikt. Der Stellvertreterkrieg um die Neuordnung des Nahen und Mittleren Ostens dürfe nicht weiter mit Rüstungsexporten befeuert werden, so Eichner.

„Es ist Zeit für Konsequenzen. Ein Stopp der Waffenlieferungen wäre ein Beweis für den guten Willen einer neuen Regierung, die ihre Verantwortung endlich wahrnimmt.

Wir schätzen die deutlichen Worte der Bundesregierung angesichts der Angriffe auf Zivilisten durch Assad und Russland. Umso mehr enttäuscht uns die Weigerung, den türkischen Einmarsch und die Besetzung von Afrin als das zu bezeichnen was sie sind – völkerrechtswidrig.

Die Bundesregierung muss sich für das internationale Recht und den Schutz aller Zivilisten in Syrien einsetzen, ungeachtet dessen, ob die Bedrohung von Russland oder dem türkischen NATO-Partner ausgeht.“


Hinweis:  www.medico.de/kampagnen/kein-panzerdeal


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