Reden

Rede zur zweiten Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Programm "Starke Heimat Hessen"

  • Es gilt das gesprochene Wort -

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

das Programm „Starke Heimat Hessen“, welches von CDU und Grünen hier im Landtag betrieben wird, ist ein bundesweit einmaliger Sonderweg! Das Problem: Der Weg führt nicht in die richtige Richtung!

Das ist nicht allein die Position der LINKEN. Ihr Gesetzentwurf wird in einer fast beispiellosen Einmütigkeit von den kommunalen Spitzenverbänden und der weit überwiegenden Mehrzahl der hessischen Kommunen eindeutig abgelehnt!

Was ist passiert? Bisher hat der Bund eine Gewerbesteuerumlage von den Kommunen erhoben, um sie an der Finanzierung der Folgekosten der Deutschen Einheit zu beteiligen. Dieser Finanzierungsbeitrag war von Beginn an als zeitlich befristeter Beitrag der Kommunen vom Bund vorgesehen und läuft nun aus.

Dadurch würden bei den hessischen Kommunen rund 400 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen mehr verbleiben. Soweit so gut, könnte man meinen. Nun kommt aber der Hessische Finanzminister und will das Geld selbst verteilen, statt die Mittel einfach bei den Kommunen zu belassen. Dafür wollen Sie eine Umlage erheben, die die ausgelaufene Gewerbesteuerumlage in der Höhe einfach eins zu eins ersetzen soll.

Bisher hat die Landesregierung angekündigt, dass sie 25 Prozent der Mittel bei den Kommunen belassen, 25 Prozent über den KFA verteilen und die restlichen 50 Prozent über ein Sonderprogramm selbst unter den Kommunen verteilen will. Mit anderen Worten, die Kommunen bekommen die Mittel, die ihnen originär und unstreitig vollständig zustehen, zukünftig nur noch zum Teil zurück.

Zur Hälfte wird die Landesregierung darüber im Haushalt entscheiden welche Kommune für welche Aufgaben dieses kommunale Geld zurück bekommt.

Jetzt sagen Sie, dieses Geld soll für wichtige politische Zielsetzungen verwendet werden: Stärkung Kinderbetreuung, Krankenhausinvestitionen, Stärkung des ÖPNV, Schulsekretariate, Digitalisierung. Alles wichtige Themen. Gut, dass die Landesregierung die endlich entdeckt hat, aber bitte mit eigenen Mittel nicht mit fremden Mitteln!

In der Anhörung zum Gesetzentwurf wurde berichtet, dass die kommunalen Vertreter für diese Herangehensweise des Finanzministers viele griffige Bilder gefunden hatten. Eines möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Die Kommunen finden, die Landesregierung spiele sich hier mit großen Worten als guter Robin Hood auf, tatsächlich aber verhält sie sich wir der Sheriff von Nottingham! So ist es, meine Damen und Herren! Hier sitzt nicht Robin Hood, sondern der Sheriff von Nottingham.

Es gibt auch ein weiteres strukturelles Problem: Langfristig bleibt unklar, ob die Kommunen, die jetzt im Rahmen der Sonderprogramme Geld bekommen, damit auch in Zukunft rechnen können. Denn wie das Geld verteilt wird, wird jedes Jahr neu im Haushaltsgesetz entschieden. Und angesichts der gegenwärtigen Mehrheiten entscheidet darüber nicht Robin Hood sondern eben der Sheriff von Nottingham.

Die Anhörung zu ihrem Gesetzentwurf war insgesamt sehr erhellend. Unabhängig vom jeweiligen Parteibuch hat eine weit überwiegende Mehrheit der angehörten Vertreter von Kommunen und ihren Spitzenverbänden den Gesetzentwurf in Bausch und Bogen abgelehnt.

Ich will es ausdrücklich nochmal betonen: Die Kommunen wollen nicht davon abhängig sein, dass die Landesregierung ihr Geld unter den Kommunen nach Gutsherrenart verteilt.

Dieses Programm ist aus ihrer Sicht ein schwerwiegender, unverhältnismäßiger und einmaliger Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung! Andere Bundesländer begeben sich nicht auf diesen Holzweg. Deswegen: Verlassen Sie diesen Weg. Nehmen Sie sich ein Beispiel an anderen Bundesländern und verzichten Sie auf eine derartige Neuregelung der Gewerbesteuerumlage!

Wie begründet die Landesregierung nun diesen schwerwiegenden Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung? Von diesem Griff in die kommunalen Kassen würden besonders die finanzschwächeren Kommunen profitieren... Das Problem. Wenn die finanzschwächeren Kommunen besser ausgestattet werden müssen, so wie wir es immer gesehen haben, dann ist Ihr Programm ein Eingeständnis in das Scheitern mehr noch eigentlich eine Bankrotterklärung für den Kommunalen Finanzausgleich. Den Kommunalen Finanzausgleich, den der Finanzminister bisher als klar, fair und gerecht bezeichnet hat. Denn wenn zusätzliches Geld durch willkürliche Eingriffe der Landesregierung umverteilt werden muss damit die Schieflage zwischen stärkeren und schwachen Kommunen nicht zu groß wird, dann kann es mit der solidarischen Ausgestaltung des KFA ja nicht so weit her sein.

Bemerkenswert ist auch, dass wir in den Beratungen im Haushaltsausschuss gelernt haben, dass die Landesregierung den Regierungsfraktionen dieses Gesetzt nicht nur mehr oder minder vollständig formuliert hat. Sondern, dass die Landesregierung offensichtlich am eigenen Entwurf so erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel hegte, dass sie einen externen Gutachter damit beauftragt hat ihr zu bestätigen, dass schon alles seine Richtigkeit hat.

Das war ihnen dann sogar so wichtig, dass sie am Freitagnachmittag vor der Anhörung am Montag darauf im Haushaltsausschuss das Gutachten an die Mitglieder des Ausschusses versandt haben. Ja sogar so wichtig, dass sie den von ihnen bezahlten Gutachter zweimal mit in den Ausschuss gebracht haben.

Glauben sie mir, so wie ich die Kommunalen Spitzenverbände verstanden habe werden die selbst auch noch prüfen ob sie gegen dieses Gesetz vor den Staatsgerichtshof ziehen werden.

Es wird sie deshalb kaum überraschen, dass wir diesem Gesetz nicht zustimmen werden. Ich fordere die Fraktionen von CDU und Grünen aber dennoch auf noch einmal in sich zu gehen und gründlich zu prüfen ob dieser hessische Sonderweg an dieser Stelle notwendig ist.

Dem Frieden zwischen Land und Kommunen jedenfalls ist damit nicht gedient. Und nur weil es in den Ausschussberatungen schon Thema war. Herr Kaufmann, sie haben uns freundlich, so wie es eben ihre Art ist, darauf hingewiesen, dass es ja nicht ginge gleichzeitig zu fordern, dass der Gesetzentwurf zurück gezogen wird und eine dritte Lesung zu beantragen. Doch genau das geht. Denn ich möchte ihnen gerne noch eine weitere Möglichkeit geben den Gesetzentwurf zurück zu ziehen, offensichtlich brauchen sie die Zeit für diese Einsicht noch.

Was die Kommunen aber brauchen sind nicht Almosen des Sheriffs von Nottingham, sondern einen wirklichen Robin Hood, der das Geld der wirklich Vermögenden nimmt, der mutig die Einnahmen aus einer Vermögensteuer so verteilt, dass wir wichtige Aufgaben unseres Gemeinwesens besser finanzieren und besonders finanzschwache Kommunen besser unterstützen können.