Reden

Der Flughafen Kassel-Calden, Roland Kochs einstiger Leuchtturm, ist ein einziges Millionengrab

Rede von Jan Schalauske im Hessischen Landtag am 14. Dezember 2017

– Es gilt das gesprochene Wort –


Herr Präsident, meine Damen und Herren,nach dem Willen des ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch sollte mit dem Ausbau des Flughafens Kassel Calden in Nordhessen ein weithin sichtbarer Leuchtturm entstehen. Weithin sichtbar ist der Flughafen Kassel-Calden bis heute heute. Nur leider nicht als Leuchtturm, sondern als ein abschreckendes Beispiel dafür, wie die öffentliche Hand Millionen Gelder verschleudern kann. Bedauerlicherweise kann ich heute hier zum Flughafen Kassel-Calden nicht alles sagen, was auch hier öffentlich verhandelt werden müsste, weil die Landesregierung entsprechende Dokumente unter der Decke hält.Schwarzgrün scheint auch daran gelegen, die in Ihrem Koalitionsvertrag angekündigte Evaluierung des Flughafens Kassel-Calden zwischen den Jahren zu beerdigen.  

Auch Ihr dringlicher Entschließungsantrag bringt das zum Ausdruck. In der Koalitionsvereinbarung hatten Sie sich verpflichtet, den Betrieb des Flughafens umfassend zu evaluieren. Wortwörtlich heißt es: Sollte diese Evaluierung nicht zu einem positiven Ergebnis kommen, wird ausdrücklich keine mögliche Maßnahme ausgeschlossen. Mittlerweile haben wir Mitte Dezember und außer einer Ankündigung in der Presse haben wir von einer breiten Evaluierung des Flughafens nichts gehört. Sie haben noch zwei Wochen bis zum Jahresende. Das ist doch absurd! Wollen Sie die Ergebnisse am Heiligabend verkünden? Das wäre eine schöne Bescherung!

Nur der Finanzminister, Herr Dr. Schäfer lässt sich im Wiesbadener Kurier zitieren, dass auch 2017 die Einsparvorgaben erreicht werden. Das klingt nicht nach ergebnisoffener Evaluierung, nicht nach einer Prüfung aller Maßnahmen, sondern nach einem Weiter so bei der Verschwendung öffentlicher Gelder in Calden.Ein Bericht des Rechungshofs zum Flughafen Kassel-Calden liegt dem Hessischen Landtag vor, nur reden darf man darüber nicht in der Öffentlichkeit – allein das sagt schon alles darüber was wohl in diesem Bericht steht.Aber reden wir über die allgemein bekannten Fakten. Der Flughafen Kassel kostet die öffentliche Hand jedes Jahr etwa neun Millionen Euro – etwa sechs Millionen zahlen die Anteilseigner als Verlustausgleich an die Flughafengesellschaft und weitere etwa drei Millionen kosten das Land die Übernahme der hoheitlichen Kosten. Dazu kommen die etwa 271 Millionen Euro die für den Bau des Flughafens ausgegeben wurden. Auch hierzu gibt es einen bemerkenswerten Rechnungshofbericht, der der Öffentlichkeit verborgen bleibt.

Aber auch aus öffentlichen Quellen lässt sich nachvollziehen, dass die großen Kostensteigerungen bei den Erdarbeiten bei einer Firma anfielen in der ein ehemaliger Hessischer Wirtschaftsminister im Aufsichtsrat saß.Bis zum Jahresende wird der Flughafen die öffentlichen Kassen seit 2013 über 320 Millionen Euro gekostet haben! 320 Millionen Euro. Damit hätte man, um ein Beispiel zu nennen, die Kasseler Schulen, für die die Schüler/innen in dieser Woche auf die Straße gegangen sind, zwei Mal sanieren können!  Und wo bleibt der Aufschrei der hessischen Grünen? Bis 2013 gehörten Sie zu den schärfsten Kritikern des Flughafens. Seit sie sich in die Arme der CDU begeben haben, hört man keinen Pieps zu dieser Verschwendung öffentlicher Mittel von Ihnen. Ich finde, die schwarzgrüne Regierung müsste sich langsam mal fragen, ob sie der Meinung sind, dass man für jährlich neun Millionen Euro gerade einmal 70.000 Passagiere befördern will. Meine Damen und Herren, machen wir uns nichts vor und machen sie auch sich selbst nichts vor – dieser Flughafen ist ein Millionengrab! Das Geld das dort verschleudert wird könnte in Nordhessen viel besser eingesetzt werden!Das zentrale Argument für den Flughafenausbau war immer, dass die Entwicklung am Flughafen eine besondere regionalökonomische Bedeutung habe – sprich, selbst wenn der Flughafen die öffentliche Hand viel Geld kosten würde, wäre es richtig gezielt Strukturpolitik in Nordhessen zu betreiben.

Die Landesregierung war im Rahmen eines Berichtsantrages nicht in der Lage die regionalökonomischen Effekte des Flughafens auch nur annähernd zu beziffern oder auch nur zu begründen warum diese jährliche Millionenzahlungen rechtfertigen würden. Ihnen blieb nichts anderes als auf ein Gutachten aus dem Jahr 2013 zu verweisen. Dieses Gutachten geht für das Jahr 2018 von 540.000 Passagieren aus. Das ist fast achtmal so viel wie die 70.000 Passagiere die für dieses Jahr erwartet wurden. Mit der harten Realität hat diese Prognose und somit auch die Rückschlüsse des Gutachtens jedenfalls nichts zu tun. Finanzminister Dr. Schäfer erklärte die Zielmarke für den Flughafen wie folgt: „Entscheidend ist, dass wir am Ende bei annähernd 660.000 Fluggästen landen. Denn das ist die Voraussetzung dafür, dass wir den Flughafen dauerhaft wirtschaftlich betreiben können.“

Von diesem Ziel sind Sie meilenweit entfernt. Wann gestehen Sie sich, wann gestehen Sie das der Öffentlichkeit endlich ein?Der Flughafen Kassel-Calden ist eine verkehrsberuhigte Zone, eine Trendwende ist nicht in Sicht. Das einzig Gute daran: Fluglärm scheint kein besonderes Problem in der Region zu sein.Das weiß die Landesregierung so gut wie wir, eine Trendwende ist nicht in Sicht. Nur die CDU findet keinen Weg, um gesichtswahrend aus der Subventionsruine heraus zu kommen. Deshalb fordern wir, ein transparentes Evaluierungsverfahren – wir sind uns sicher, dass das einzig sinnvolle Ergebnis ist den Flughafen herabzustufen und wir sind uns auch sicher, dass eine faktenbasierte Evaluierung nicht zu dem Ergebnis kommen wird, dass es sinnvoll ist, jedes Jahr weitere Millionen für einen Flughafen, den kein Mensch braucht, zu verschwenden. Die Herabstufung und eine sinnvolle Gewichtsbegrenzung von 15,7 Tonnen für die Maschinen die in Kassel landen dürfen sind die sinnvollen Schritte um Kosten zu senken und den Verkehrslandeplatz als öffentliche Infrastruktur weiter zu erhalten.Wir teilen ausdrücklich das Ziel in wirtschaftlich schwächeren Regionen sinnvolle Strukturpolitik zu betreiben und die darf auch öffentliches Geld kosten.

Das heißt aber eben gerade nicht irgendwie möglichst schnell, möglichst viel öffentliches Geld zu verbrennen. Für uns heißt das, die Mittel die man durch eine Herabstufung einsparen kann zukünftig für sinnvolle Wirtschaftsförderung in Nordhessen zu verwenden. Gut vorstellen könnte ich mir etwa den Ausbau des ÖPNV, die Förderung innovativer Energieversorgungskonzepte, den Ausbau von Breitbandinternetanschlüssen oder anderen Infrastrukturen die im 21. Jahrhundert mehr Zukunft haben als Regionalflughäfen. Diese Maßnahmen würden auch Arbeitsplätze schaffen. Ich kann diese Landesregierung nur eindringlich auffordern: Hören Sie also auf, immer mehr Geld dem bereits verschwendeten Mitteln hinterher zu werfen. Kommen Sie zur Vernunft und gestehen Sie ein, dass der Bau des Flughafens Kassel vor allem dazu diente zweifelhafte Bauaufträge zu verteilen.Besonders den Kolleginnen und Kollegen von den Grünen kann ich auch nur raten – überlegen Sie sich gut, ob Sie der CDU ein Evaluationsverfahren ohne jede Öffentlichkeit und ohne jede Transparenz durchgehen lassen wollen. Und überlegen Sie sich gut ob sie diese Verschwendung öffentlicher Mittel für ein verkehrs- und wirtschaftspolitisches Irrsinnsprojekt mittragen wollen.Wir sind der Auffassung, statt Roland Koch die Wilhelm-Leuschner-Medaille zu verleihen, eine Ehrung, die er keinesfalls verdient hat, sollte man den zukünftigen Verkehrslandeplatz nach dem ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten benennen und ihm und seiner Politik damit das Denkmal setzen, dass er sich redlich verdient hat.

Aus „Nordhessens Tor zur Welt“, so Kollege Landau (CDU) und Volker Bouffier 2013, ist vier Jahre nach Inbetriebnahme ein Tor nach Paderborn in Nordrhein-Westfalen geworden. Für uns ist klar, wer Nordhessen stärken will, der muss dafür sorgen, dass die Region das Imageproblem Flughafen Kassel-Calden loswerden muss und dort wo es sinnvoll ist wirtschaftliche, soziale und ökologische Innovationen unterstützt werden sollen.