Reden

Rede zum Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und Bündnis90/Die Grünen für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Wohnaufsichtsgesetzes

Rede von Hermann Schaus am 27. Juni 2017

– Es gilt das gesprochene Wort –


Herr Präsident,

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Leider bleiben wir auch nach der Anhörung zum Wohnaufsichtsgesetz dabei: Der vorliegende Entwurf zur Änderung des Hessischen Wohnaufsichtsgesetz reiht sich auch nach dem Änderungsantrag der schwarz-grünen Regierungsmehrheit in eine ganze Reihe von halbherzigen und mutlosen Initiativen zur Bewältigung der massiven Wohnraumprobleme, insbesondere in den Ballungsräumen und Hochschulstandorten ein.

Ich bedaure es außerordentlich, dass nach der Ablehnung unseres umfassenden Gesetzentwurfs gegen Zweckentfremdung und Leerstand, nun diese Änderung am Wohnaufsichtsgesetzes als Alibi und einen Arbeitsnachweis dienen soll. Ich bleibe dabei: Eine wirksame Maßnahme gegen den Leerstand oder die Zweckentfremdung von Wohnungen vorzugehen ist das nicht!

Es bleibt dabei, dass bei Ihrem erst im März vorgelegten Gesetzentwurf, gerade einmal ein einziger Punkt von Zweckentfremdung, nämlich deren Nutzung als Ferienwohnungen, geregelt wird.

Mit dem Änderungsantrag von schwarz-grün wird zudem das äußerst zögerliche Vorgehen der Landesregierung auf diesem Gebiet zudem noch weiter eingeengt. Ihr Gesetz wird also noch dünner als es schon war und das ist, gemessen an der Wohnungssituation in vielen hessischen Städten kontraproduktiv!

So lassen sie den unbestimmten Rechtsbegriff „kurzzeitige Zwischennutzung“ stehen, der die Kommunen sowie auch die Anbieterinnen und Anbieter von Homesharing ziemlich ratlos zurücklassen wird.

Wesentlich besser ist da die Formulierung im SPD Änderungsantrag, der eine klare Regelung von 90 Tagen im Jahr für Homesharing-Vermietungen fordert.

Wir stimmen auch dem Anliegen der SPD zu, den besonders von Mietpreissteigerungen betroffenen Kommunen ein weiter gehenderes, eigenständiges Recht, mittels Satzungen gegen Zweckentfremdungen vorgehen zu können.

Aber ich bin mir sicher, dass dieser Antrag ebenso heute Abend in der Ausschusssitzung abgelehnt werden wird, wie unser, von Ihnen bereits im März abgelehnter umfangreicher Gesetzentwurf gegen Leerstand und Zweckentfremdung!

Es bleibt daher dabei: Der Antrag der Regierungskoalition ist mutlos, rechtlich unklar und wird daher auch keine Hilfe im Kampf gegen den Mangel an Wohnraum sein.

Dabei wäre es dringend notwendig endlich wirkungsvoll und nachhaltig gegen Wohnraummangel vorzugehen. In der vergangenen Woche haben wir die wenig überraschende Antwort auf unsere kleine Anfrage zum Bestand der Sozialwohnungen erhalten.

Gerade noch etwas mehr als 93.000 Sozialwohnungen gab es demnach zum 31.12.2016 in Hessen. Wir verzeichnen damit einen weiteren dramatischen Rückgang von über 7.000 Wohneinheiten in einem Jahr. Während sich der Rückgang der vergangenen Jahre um bedauerliche 4.000 Wohnungen im Jahr einpendelte, war bereits im Jahr 2015 ein Rückgang von 12.000 Wohnungen zu verzeichnen.

Gleichzeitig wächst die Zahl der registrierten anspruchsberechtigten Haushalte auf 46.195 an, wobei dies nur diejenigen sind, die die Hoffnung auf eine bezahlbare Wohnung noch nicht aufgegeben haben oder auf dem privaten Wohnungsmarkt keine Wohnung erhalten. Aus Frankfurt wird berichtet, dass dort die Zahl der Sozialwohnungsberechtigten 41% der Einwohner beträgt. Das ist also das 10fache der registrierten Wohnungssuchenden.

Besonders vielsagend ist deshalb auch Ihre Erklärung, dass die Förderprogramme und Fördermittel die Sie gestartet haben nicht ausreichen um den Rückgang von Sozialwohnungen zu kompensieren.

Eine größere Bankrotterklärung hätten selbst wir Ihnen nicht ausstellen können, Frau Ministerin.

Obwohl die Situation auf dem Wohnungsmarkt, sich schon vor etlichenJahren abzeichnete wurden, sowohl unter schwarz-gelb, als auch unter schwarz-grün gab es keine wirksamen Gegenmaßnahen getroffen. Bezahlbares Wohnen ist eine zentrale soziale Frage. Aber diese soziale Frage konsequent anzugehen waren weder FDP, noch sind heute CDU und auch nicht die GRÜNEN bereit!

Bestrebung gegen die heutige Situation am Wohnungsmarkt entgegenzusteuern. Im Gegenteil!

Sie halten –um es einmal an zwei Beispielen zu verdeutlichen- an den komplett unsinnigen Änderungen der CDU/FDP Regierung im Wohnraumförderungsgesetz von 2012 fest, die Sie 2014 nur halbherzig korrigiert haben.

Die völlig absurde Gleichbehandlung von Eigentumsschaffung und sozialem Wohnungsbau im Wohnraumförderungsgesetz wird weiterhin beibehalten, obwohl es längst klar ist, dass mit diesen Fördermitteln Wohnungen im ländlichen Raum gebaut werden, also dort, wo sie nicht so dringend gebraucht werden, wie in den Ballungsgebieten.

Diese Fehlentwicklungen werden von Ihnen finanziell gefördert, statt notwendige Baumaßnahmen an Hochschulstandorten oder im Ballungsraum Rhein-Main gezielt zu unterstützen.

Oder nehmen wir die Bindungsfrist. Anstatt die drastische und vielfach kritisierte Verringerung durch Ihre Vorgängerregierung wieder rückgängig zu machen, haben Sie diese sogar noch verteidigt.

Hier wären aber dringende Verlängerungen der Fristen notwendig damit Bindungs- und Nachwirkungsfristen überhaupt wieder Sinn ergeben. Doch alleine Ihnen fehlt der Mut zu solchen wirksamen Änderungen.

Stattdessen debattieren wir heute in der zweiten und am Donnerstag in einer dritten Lesung über ein kaum wirkungsvolles „Zweckentfremdungsgesetz-Light,light“.

Meine Damen und Herren, wir kommen mit der Geschwindigkeit, die Sie als Landesregierung vorgeben nicht voran. Im Gegenteil: Unter schwarz-grün sind mehr Sozialwohnungen verloren gegangen als jemals zuvor.

Anstatt aber dieser vorhersehbaren Entwicklung entgegenzuwirken, vertrösten Sie mit Programmen, von denen Sie selbst sagen, dass diese nicht ausreichen um die Entwicklung umzukehren.

Für die Mieterinnen und Mieter in Hessen bleibt nur zu hoffen, dass die von Fehleinschätzungen, Gentrifizierung und mieterfeindliche Wohnungspolitik nach der Landtagswahl im kommenden Jahr endlich ein Ende findet.