Reden

Rede Hermann Schaus zur aktuellen Stunde der SPD betreffend Gesetz über Reform des HLfV

Rede von Hermann Schaus am 26. Januar 2017

– Es gilt das gesprochene Wort –

Herr Präsident / Frau Präsidentin,

meine sehr verehrte Damen und Herren,

ja, fünf Minuten sind sehr kurz, um dieses abendfüllende Thema angemessen zu besprechen.

Es gibt einen riesen Bedarf zur Veränderung beim  Geheimdienst intern und auch bei dessen parlamentarischer Kontrolle, die umfassend aus unserer Sicht aber gar nicht möglich ist.

Schwarzgrün hat vor über einem Jahr vorschnell einen Gesetzentwurf vorgestellt, Der an der eigens vom Ministerium eingesetzten Expertenkommission vorbei erstellt wurde, der aber so schlecht war, dass er von Dieser in Bausch und Bogen abgelehnt wurde.

Der Vorsitzende der Kommission, Prof. Jänsch sagte damals, der Vorschlag sei nicht nur schlecht, sondern sogar verfassungswidrig. Das war eine schallende Ohrfeige für die Koalition und den Innenminister.

Schnell wurde deshalb der eilige Entwurf aus dem Verkehr gezogen und der Minister kündigte eine Überarbeitung an. Und da warten wir heute noch drauf.

Die Expertenkommission hat längst Ihre Vorschläge vorgelegt, aber die Landesregierung hält ihre Versprechen nicht ein.

Nun ist es aber auch so und darauf will ich ausdrücklich hinweisen dass unser NSU-Untersuchungsausschuss  in diesem Jahr wahrscheinlich noch seine Zeugeneinvernahme abschließen könnte.  

Bestandteil des Einsetzungsbeschlusses ist es auch – übrigens, genau wie seinerzeit im Bundestag dass der Ausschuss Empfehlungen zur Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz und zu dessen Kontrolle abgegeben soll.

Dies einzubeziehen macht grundsätzlich also Sinn, zumal unsere vielen detaillierten Erfahrungen mit den Mitarbeitern und der Arbeitsweise des Landesamtes gleich in die Gesetzesdebatte mit einfließen könnten;

Wobei ich allerdings nur sehr geringe Hoffnung habe, dass wir hierbei zu einvernehmlichen Vorschlägen kommen werden.

Als LINKE sagen wir jetzt schon ganz klar:
Der Verfassungsschutz wird seinem Auftrag, nämlich die Verfassung zu schützen, nicht gerecht. Er ist mindestens im Kampf gegen rechte Gewalt und Terror unfähig und auch unwillig. Genau das lehrt uns das ganze NSU-Desaster!

Wenn sogar Mitarbeiter des Innenministeriums den Verfassungsschutz als „Gurkentruppe“ bezeichnen, wenn eine Mitarbeiterin des Verfassungsschutzes die internen Missstände „unerträglich“ nennt und wenn ehemalige leitende Verfassungsschutzbeamte, intern die Polizei und die Presse als ihre Hauptgegner verstanden haben, dann liegen wir als LINKE mit unserer Kritik wohl nicht so falsch.

Die Zeit ist leider zu kurz all die persönlichen, strukturellen und ideologischen Missstände heute aufzulisten. Aber ich fasse das mal so zusammen:

Wenn man sich überhaupt darauf einlässt, der Regierung die Möglichkeit zu geben, mit Straftätern aus kriminellen und sogar terroristischen Milieus zusammen zu arbeiten, dann muss das über jeden Zweifel erhaben sein und ausschließlich dem Ziel der Zerschlagung dieser Milieus dienen.

Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Weg für eine Demokratie überhaupt richtig ist. Aber wenn, dann müssen im Zweifel die Justiz und das Parlament alle Möglichkeiten haben, um diese Zweifel auszuräumen und gegen Missbrauch dieser ungeheuren Macht vorzugehen.

Ich stelle aber fest: Über alle Zweifel erhaben ist da gar nichts. Und gegen jegliche Kontrolle wehrt man sich mit Händen und Füßen.

Solange jedoch die Grundsätze einer juristischen und einer umfassenden parlamentarischen Kontrolle nicht erfüllt sind, sich der Verfassungsschutz sogar erfolgreich dagegen wehrt, ist er ein Staat im Staate und sollte besser abgeschafft werden.