Reden

Rede zur Bedarfsgewerbeverordnung

Rede zur Bedarfsgewerbeverordnung,  Antrag  DIE LINKE 19/1171

Herr Präsident,

meine Damen und Herren,

am gestrigen Nachmittag hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein weitreichendes Urteil zur Hessischen Bedarfsgewerbeverordnung gefällt. Es ist sehr erfreulich, dass das Bundesverwaltungsgericht darin der seit Jahren betriebenen Ausweitung der Sonntagsarbeit in Hessen weitestgehend einen Riegel vorgeschoben hat. Das ist eine schwere Niederlage für Sozialminister Stefan Grüttner und für die CDU.

Der Gewerkschaft ver.di und den Kirchen ist es zu verdanken, dass nun der ausufernden Sonntagsarbeit in Hessen sehr enge Grenzen gesetzt sind. Dieses Urteil ist von bundespolitischer Bedeutung, denn in anderen Bundesländern gibt es auch entsprechende Verordnungen, die allerdings in keinem einzigen Bundesland so weitreichend sind wie in Hessen.

Deshalb stimmt es auch nicht, wenn Herr Staatssekretär Dippel (CDU) darauf verweist, dass Hessen sich bewusst an den in den anderen Ländern geltenden Regelungen orientiert habe. Das klingt sehr nach Verharmlosung der eigenen Initiative und nach herunterspielen der großen juristischen Niederlage.

Wer die Diskussion von 2011 noch in Erinnerung hat, der weiß, dass schon seinerzeit von uns darauf hingewiesen wurde, dass die hessischen Regelungen weit über die anderer Bundesländer hinausgehen. Bibliotheken wurden z.B. in keinem anderen Bundesland  einbezogen.  Die Einbeziehung des gesamten Versandhandels, konnte erst nach erheblichen Protesten, auch aus den eigenen Reihen, verhindert werden.

Schon vor Verabschiedung der Verordnung hatten wir, gemeinsam mit der Gewerkschaft ver.di auf deren Rechtswidrigkeit eindringlich hingewiesen. Die von der Landesregierung 2011 erlassene Bedarfsgewerbeverordnung war von Anbeginn an, juristisch mit heißer Nadel gestrickt. Das hat nun gestern auch das Bundesverwaltungsgericht  so gesehen.

Ich will daran erinnern, dass der seinerzeitige  CDU- Abgeordnete Burkhardt, die pauschalen Genehmigungen der Sonntagsarbeit in der Debatte am 25.08.2011 wie folgt  begründete:

„Wir müssen aufpassen, dass wir in Hessen keinen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Bundesländern bekommen. Daher ist die neue Bedarfsgewerbeverordnung zwingend notwendig, um hier Rechtsklarheit zu schaffen“.

Es ging der ehemaligen CDU-FDP-Koalition seinerzeit also um Wettbewerb und nicht um den in der Verfassung  verankerten Sonntagsschutz!Dabei ignorierten Sie sogar ein Urteil vom 1. Dezember 2009, worin klar festgestellt wurde, Sonn- und Feiertage seien als Tage der Arbeitsruhe aus religiösen Gründen, aber auch zur persönlichen Erholung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrer Teilhabe am sozialen Leben geschützt.

Selbst in ihren eigenen Reihen stießen seinerzeit ihre Pläne auf Kritik.  So erinnere ich mich noch gut daran, wie der seinerzeitige Vorsitzende der CDU-Sozialausschüsse in Hessen, Herr Zimmer, mahnte:

Sonn- und Feiertage dienten der seelischen Erhebung des Menschen, nicht dem Handel oder dem Kommerz. Man müsse die Zahl der Ausnahmen eher reduzieren als ausweiten“.

Mit ihrem ungestümen, beratungsresistenten Vorbrechen 2011 haben Sie sich aber einen Bärendienst erwiesen, denn die klaren Grenzen, die das BVG gestern gezogen hat müssen sie zukünftig auch bei jeder einzelnen Genehmigung von Sonntagsarbeit zwingend beachten.

Dieses Urteil ist ein Meilenstein für den Sonntagsschutz. Wir danken der Gewerkschaft ver.di, wir danken den Kirchen, wir danken der „Allianz für einen freien Sonntag“ für diesen großartigen Erfolg!