Reden

Gesetzentwurf der FDP zur Sonntagsöffnung

- unkorrigiertes Redemanuskript, es gilt das gesprochene Wort -

Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
der Sonntag ist kein Tag wie jeder andere. Das Grundgesetz erklärt deshalb ausdrücklich den Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage „als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“ für „gesetzlich geschützt“ (s. Art. 140).

Für Wirtschaft und Industrie werden aber immer mehr Ausnahmegenehmigungen zur Sonntagsarbeit erteilt. Wie wir wissen hat die Landesregierung und insbesondere der Sozialminister, dazu auch eine ausgeprägte Affinität.

Längst wird aber nicht mehr nur in Krankenhäusern und Altenheimen, bei der Polizei und der Bahn, an Tankstellen und in der Gastronomie auch sonntags gearbeitet. Immer wieder wird in Teilen der Bevölkerung gefordert, auch an Sonntagen die Möglichkeit zu haben umfassend alles einkaufen zu können.  Ganz so, als ob das Einkaufen rund um die Uhr und an allen Tagen, als Hingaben an den Konsum, für uns unverzichtbar sei.
Aber ohne einen richtigen Sonntag gibt es aber bald nur noch Werktage und das kann niemand wirklich wollen.

Wenige Tage nach dem Großen Erfolg der Gewerkschaft ver.di und der Kirchen,  durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zur  Einschränkung pauschaler Genehmigungen von Sonntagsarbeit und nach weiteren Erfolgen der Allianz für den freien Sonntag schickt sich die FDP nun an mit ihrem Gesetzentwurf den Sonntagsschutz, der ja gerade erst durch die Gerichte bekräftigt wurde , völlig aus den Angeln zu heben.
Die FDP-Landtagsfraktion fordert nun, die Ladenöffnungszeiten in Hessen neu zu regeln und tut dabei so, als wären ihre vorgeschlagenen Änderungen nur von geringer Auswirkung.

Der vorgelegte Gesetzentwurf stellt aber einen Generalangriff auf den verfassungsrechtlich geschützten freien Sonntag dar. Er versucht unter Umgehung der bisherigen Rechtsprechung,  und der jüngst durch das Urteil zur Bedarfsgewerbe-verordnung zur Sonntagsarbeit vom Bundesverwaltungs-gericht festgestellten Grundsätze Ladenöffnungen an allen Sonntagen zu ermöglichen.

Die vorgesehene Streichung des „Erfordernis eines Sonderereignisses“  - also einer Kerb, einer Messe oder eines großen Stadtfestes - im derzeit geltenden Gesetz, verfolgt einzig und allein den Zweck die großen Einzelhandelsunternehmen zu begünstigen.

Die Möglichkeit Sonntagsöffnungen nun viermal pro Jahr anlassfrei sogar für einzelne Stadtteile und nicht nur für eine Stadt in ihrer Gesamtheit zu genehmigen, führt  in allen großen Städten quasi zu uneingeschränkten Öffnungen an fast allen Sonntagen des Jahres.

Die FDP-Forderung ist somit gleichermaßen eine Kampfansage an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften, wie auch an kleine und mittelständische Betriebe, deren Interessen die Rest-FDP bisher immer besonders hervorgehoben hat.

Große Einzelhandelskonzerne haben die Sonntagsöffnungen längst als ein Instrument zur Verdrängung kleiner und mittelständischer Betriebe aus dem Markt genutzt und tun dies auch weiter. Werden aber die Sonntagsöffnungszeiten, so wie es die FDP es will weiter ausgeweitet, droht vielen kleinen Läden der Ruin.

Unter Guido Westerwelle und seinen ebenso unrühmlichen Nachfolgern hat sich die FDP zu einer marktradikalen Klientelpartei entwickelt. Dieses Bild will die hessische FDP-Fraktion offensichtlich weiter pflegen.

Mit dieser Gesetzesinitiative  hält sie nicht nur an Ihren alten neoliberalen Grundsätzen fest. Das Ganze ist zudem auch noch eine familienpolitische Bankrotterklärung, denn weit über 70 Prozent der Einzelhandelsbeschäftigten die zur Sonntagsarbeit gezwungen werden sollen sind Frauen und Mütter, für die der Sonntag bisher der einzige sicher arbeitsfreie Tag der Woche darstellt.

In Hessen vollzieht sich seit Jahren eine schleichende Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes. In immer mehr Bereichen wird an Sonn- und Feiertagen gearbeitet. Mit der „Liberalisierung“ des Ladenschlusses haben verkaufsoffene Sonntage sprunghaft zugenommen.

Wir sind inzwischen an einem Punkt, an dem alle gesellschaftlichen Kräfte gebündelt werden müssen, um der weiteren Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes ein Ende zu setzen.

Wir lehnen diesen Gesetzentwurf der FDP ab und plädieren im Gegensatz dafür den Sonntagsschutz weiter auszubauen und die Ladenöffnungszeiten auch an den Werktagen wieder zeitlich zu begrenzen.