Reden

Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Förderung von sozialem Wohnraum in Hessen

Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Vor gerade einmal drei Wochen haben wir hier an gleicher Stelle über einen Gesetzentwurf zur Förderung von sozialem Wohnraum gesprochen. Damals sagte ich, dass das Regierungshandelns der schwarz-grünen Landesregierung nach einem Jahr mit der bekannten und sicherlich nicht besonders guten Formel „…sie waren stets bemüht!“ zusammengefasst werden kann.

Heute möchten Sie sich für diese „Bemühungen“ erneut feiern lassen. Als Anlass nehmen Sie dafür einen Jubelantrag, wie wir ihn in der vergangenen Legislaturperiode unter schwarz-gelb nun auch schon einige Male vorliegen hatten.

Ihr Antrag enthält so viele Absichtserklärungen und Bekräftigungen von Selbstverständlichkeiten, dass ich mich frage, warum Sie eigentlich eine Feststellung des Landtages, dass morgen die Sonne aufgehen werde ausgelassen haben.

Eine gute Wohnungspolitik zeichnet sich nicht dadurch aus, dass wir hier im Landtag zum x-ten Male über sie diskutieren. Eine gute Wohnungspolitik zeichnet sich nur dadurch aus, dass die Zahl der Anspruchsberechtigten, denen keine entsprechend preiswerte Wohnung angeboten werden kann, endlich sinkt. Und genau das, ist seit Jahrzehnten nicht der Fall. Wie aus der Antwort auf unsere kleine Anfrage vom 2.12.2014 (19/1031) hervorgeht ist die Zahl der Wohnungssuchenden auf 45.431 gestiegen.

Die Zahl der Menschen, die nicht mit Wohnraum zu einem angemessenen Preis versorgt werden können, steigt also weiter und wird dank Ihrer zögerlichen und bisweilen sogar kontraproduktiven Wohnungspolitik in den kommenden Jahren genauso weiter ansteigen wie in den vergangenen Jahren.

Und ich sage es Ihnen, meine Damen und Herren von den Grünen ganz klar: Von ihrem eigenen Anspruch einer guten Wohnungspolitik, den Sie in Ihrem Antrag für sich proklamieren sind Sie meilenweit entfernt.

In Ihrem Antrag bekräftigen Sie

- Ihre Bemühungen alle Menschen mit Wohnraum zu fairen Preisen versorgen zu wollen,

- Sie bekräftigen, ihr selbst gestecktes Ziel bei der Sanierungsquote irgendwann mal erreichen zu wollen,

-  Sie feiern eine Selbstverständlichkeit , nämlich  die Kompensationsmittel in vollem Umfang für hessischen Wohnraumförderungsprogramme zu verwenden und

- Sie wollen feststellen lassen, dass Sie die vielfältigen Probleme des Wohnungsmarktes in Hessen angenommen haben.

Meine Damen und Herren, wenn Sie halb so viel darüber fabulieren würden, was Sie alles gutes für den hessischen Wohnungsmarkt tun und statt Jubelanträge zu stellen damit endlich mal beginnen würden, dann wäre den mehr als 45.000 registrierten Familien die auf eine Sozialwohnung seit Jahren warten deutlich mehr geholfen. Ständige Absichtserklärungen und das Bekenntnis vermeintlich erkannter Probleme helfen hingegen niemanden. Mehr handeln und weniger reden, das ist angesagt!

Schauen wir uns doch mal die schwarz-grüne Wohnungspolitik in der Praxis an: Erst vor drei Wochen haben Sie hier mit Ihrer Mehrheit eine –wie Sie es nennen- „Weiterentwicklung“ des hessischen Wohnraumförderungsgesetzes durchgedrückt. In der Tat, das hat niemand bestritten, haben Sie in dem Gesetz einige kleine Schritte in die richtige Richtung gemacht. Diese führen Sie jedoch sogleich dadurch wieder  adabsurdum, da Sie trotz Ausweitung des Anspruchsberechtigtenkreis keine zusätzlichen Mittel  für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen.

Die berechtigte Kritik der Experten in der Anhörung wurde dabei sowohl in diesem Gesetz, als auch bei Ihrem Festhalten an der extrem ungerechten Nachwirkungsfrist von lediglich fünf Jahren völlig ignoriert. Zeitgleich haben Sie unter dem Deckmantel einer „redaktionellen Anpassung“ die Möglichkeit von straffreiem Leerstand  von sozial gebundenem Wohnraum von bisher drei auf sechs Monate erhöht. Ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die dringend eine günstige Wohnung benötigen.

Aber nicht nur bei der Wohnraumförderung war Ihre Politik halbherzig und bisweilen kontraproduktiv.  Auch bei der Verordnung zur Feststellung von Gebieten mit besonderen Wohnraumdefizit, also der sogenannten Kappungsgrenze gibt es einige Ungereimtheiten. Dass die Studie des IWU Darmstadt, die als Grundlage dazu diente die betroffenen 32 hessischen Kommunen zu bestimmen auf Bitten von uns vom Ministerium heraus gegeben wurde, will ich ausdrücklich loben und mich für die Übersendung bedanken.

Das dieses Gutachten gegenüber den betroffenen Kommunalparlamenten zunächst aber als Geheimsache behandelt wurde schürte unnötiges Misstrauen, bei den Kommunen die nicht in die Verordnung mit aufgenommen wurden.

Nach der ersten Lektüre des IWU-Gutachtens und der Verordnung zur Kappungsgrenze hege ich jedoch den Verdacht, dass es Ziel von Ihnen Frau Ministerin Hinz war, die Zahl der Kommunen die in die Verordnung aufgenommen werden sollten möglichst gering zu halten. Dass Sie zudem offenbar daran arbeiten die Kappungsgrenzenverordnung nun auf einzelne Stadtteile anzuwenden halte ich für falsch und gefährlich, weil es die ungleiche Entwicklung innerhalb einer Stadt befördert.

Unklar ist uns darüber hinaus auch die Zahl von 600 Mio. Euro Fördermittel. Was rechnen Sie denn dort alles ein? Wo kommt diese Zahl her? Ist sie pro Haushaltsjahr gemeint oder für die gesamte Legislaturperiode? Das wird bewusst offengelassen.

Hessen investiert 62 Mio. Euro pro Jahr in den Sozialen Wohnungsbau, die nun, wie gesagt ohne Erhöhung, auch für Studentenwohnungen mit ausgegeben werden dürfen. Macht in der Legislaturperiode etwas mehr als 300 Mio. Euro. Also die Hälfte dessen, was sie in Ihrem Antrag angeben. Hinzu kommen Bundesmittel von jährlich 30 Mio. Euro.

Ich frage auch, was macht eigentlich ihr bereits vor Monaten angekündigter Gesetzentwurf zur Fehlbelegungsabgabe? Keine Spur bisher. Frau Ministerin ich biete Ihnen gerne an auf den von uns bereits vor Monaten eingebrachten Gesetzentwurf zurückzugreifen, damit sich hier endlich was tut und wir diese Gerechtigkeitslücke endlich wieder schließen können. Die Chance den Kommunen ca. 20 Mio. Euro zusätzlicher Mittel für den sozialen Wohnungsbau bereits ab 2015 zur Verfügung zu stellen ist leider bereits vertan.

Wir sind uns denke ich alle einig, dass die prekäre Wohnungssituation nicht nur auf Landesebene behoben werden kann, sondern auch die Kommunen dazu beitragen müssen. Dafür brauchen sie aber die entsprechenden Mittel.

Deshalb fordern wir weiterhin ein zusätzliches Landesprogramm von jährlich 14 Mio. Euro zum Bau von  4.000 Sozialwohnungen und ein Sonderprogramm von jährlich 40 Mio. zum Bau von 2.000 Studierenden-Wohnungen.

Meine Damen und Herren. Ihre Wohnungspolitik ist wenig innovativ noch weniger sozial und von gerecht kann auch keine Rede sein, denn Sie halten weiter an vielen unsozialen Punkten wie niedrige Nachwirkungsfristen oder  Eigentumsförderung  weiter fest und sind nicht bereit zusätzliche Landesprogramme aufzulegen.

Ihre Wohnungspolitik wird deshalb auch in absehbarer Zeit leider nicht zu einer Verbesserung der Lage in den Ballungsgebieten führen. Sie werden daher verstehen, dass wir Ihrem Antrag nicht zustimmen können.

Und weil wir vor Weihnachten stehen möchte ich, in Anlehnung an die vorangegangene romantischen Debatte schließen, mit dem Hinweis: Wir wünschen uns zwar keine Wohnverhältnisse für alle wie seinerzeit im Brentanohaus; aber schön wäre es schon!