Hermann Schaus
Parlamentarischer Geschäftsführer
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Sprecher für: Gewerkschaften, Innenpolitik, Kirchen, Sport, Kommunalpolitik, Antifaschismus
Reden
Zur Zweiten Lesung des Gesetzes zur Änderung des Melderechts, HSOG und Glücksspielgesetzes
Rede Hermann Schaus zur Zweiten Lesung des Gesetzes zur Änderung des Melderechts, HSOG und Glücksspielgesetzes (Ds. 19/1979)
– Es gilt das gesprochene Wort –
Herr Präsident / Frau Präsidentin,
sehr verehrte Damen und Herren,
schon bei der ersten Lesung im Mai habe ich den vorliegenden Gesetzentwurf als ein großes Ärgernis bezeichnet. Hier sollen im Schweinsgalopp gleich drei wichtige Gesetze mit weitreichenden Folgen und unterschiedlichsten Themen durchs Parlament gepeitscht werden.
Und weil das alles so offensichtlich war, hatte Pit von Bebenburg in einem Artikel der Frankfurter Rundschau seinerzeit von „einem sehr gemischte(n)r politischer Obstsalat“ gesprochen
Und das in einem „Sammelsurium der unverdächtigen Themen eine saure Gurke in den Obstsalat“ gelegt wurde.
Schon damals wurde dieser 40 Seiten umfassende Gesetzentwurf erst auf den allerletzten Drücker als Eilausfertigung eingereicht. Danach wurde versucht das Verfahren zu beschleunigen und möglichst keine Anhörung von Experten vorzunehmen. Dagegen hat sich die Opposition gewehrt und erst so kam es zu einer Anhörung im Innenausschuss.
Unsere Fraktion fühlt sich nach der Anhörung zu diesem Sammelsurium-Gesetzentwurf, aufgrund der dort vielfältig geäußerten Kritiken, in ihrer bisherigen Ablehnungshaltung bestätigt.
Zahlreiche Sachverständige haben nachvollziehbar, sowohl beim Meldegesetz, als auch bei den HSOG-Änderungen erhebliche Bedenken angemeldet. Sie haben im Detail
deutlich gemacht, dass von der Landesregierung wieder einmal Murks vorgelegt wurde, der teilweise noch dazu gesetzeswidrig sei.
Um wenigstens die größten Schnitzer noch kurzfristig auszubessern waren die Regierungsfraktionen also gezwungen, wiederum auf den letzten Drücker kurzfristig einen Änderungsantrag vorlegen. Wegen ihrem Murks also dürfen wir heute, nach der langen Plenarsitzung im INA auch noch nachsitzen und brauchen eine schnelle dritte Lesung am Donnerstag. Es geht also so weiter wie es mit dem Gesetzentwurf begonnen hat.
Mich erschrickt es, wie die Regierungsfraktionen mit diesen wichtigen Themen umgehen. Das ist kein geordnetes Gesetzgebungsverfahren.
In einer Stellungnahme der Gewerkschaft der Polizei heißt es dazu:
… „dass sich immer weitergehende erhebliche Qualitätsprobleme in der aktuellen Gesetzgebung abzeichnen, die sich zum Teil auch in dem vorliegenden Gesetzentwurf wiederspiegeln.“
Übersetzt heißt das nichts anderes, als: Schon wieder legt uns die Landesregierung Murks vor. Ich selber kann mich dieser Kritik nur anschließen.
In diesem Zusammenhang ist interessant, dass zum Meldegesetz bereits in 2013 auf Bundesebene Gesetzesänderungen vorgenommen wurden. Aber in Hessen merkte es die Landesregierung erst eineinhalb Jahre später, dass sie da tätig werden muss. Schwarzgrün hat also einfach gepennt.
Und dann packen sie auch noch zum Melderecht, wo ja – in der Tat -zügig schnell etwas passieren muss noch zwei weitere Gesetze ins Paket mit rein, die aber inhaltlich nicht das Geringste damit zu tun haben nun aber auch im Hauruckverfahren durch das Parlament müssen.
Meine Damen und Herren: Das Parlament ist keine Aushilfstruppe für schwarzgrüne Schnarch-Nasen.
In der Anhörung haben die Sachverständigen eine Vielzahl von Problemen, bis hin zu Verfassungsproblemen deutlich gemacht! Das gilt für das Glücksspielgesetz, mit der Einführung einer neuen Umweltlotterie, ebenso wie bei der Weitergabe von Behördendaten an Religionsgemeinschaften.
Und das gilt am Meisten für das Polizeirecht, wo es weiterhin unklare Bestimmungen zu erheblichen Bürgerrechts- und Verfassungseingriffen gibt.
Ein sehr wesentlicher Punkt ist dabei die flächendeckende Einführung von Körperkameras bei der Polizei.
Hier habe ich erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit und der Verfassungsmäßigkeit der Aufzeichnungen, insbesondere der permanenten Tonaufzeichnungen.
Worum geht es? Kurzgesagt: Der Innenminister hat vor der Presse mehrmals über Modellversuche geschwärmt, bei denen Polizeistreifen zusätzliche Beamte mit Kameras dabei hatten. Komme es zu Beleidigungen oder Angriffen auf Polizisten, könne sofort alles aufgezeichnet werden, deshalb gingen Beleidigungen und Angriffe auf Polizisten stark zurück. Soweit so gut.
Doch erstens hätte ich dazu mal einen ordentlichen Bericht des Ministers im Ausschuss gehört: Wie viele Einsätze, wo, wer, mit welchen Ergebnissen mit und ohne Kamera. Aber leider Fehlanzeige.
In der Anhörung wurde mein Verdacht dann durch Aussagen von Vertretern der Polizeigewerkschaft bestätigt.
Bei den Probeläufen waren in Sachsenhausen jeweils drei bis vier Polizeibeamte gemeinsam auf Streife. Beim Probelauf auf der Frankfurter Zeil waren es sogar bis zu 10 Beamte.
Das ist keine normale Situation, wo im Alltag ganz normale Zweimannstreifen unterwegs sind.
Wir hatten also bei den vielgelobten Probeläufen ganz andere Bedingungen als sie im Polizeialltag vorhanden sind. Dass es aber bei höherer Polizeipräsenz, wie bei den Probeläufen geschehen, zu weniger Angriffen auf Polizeibeamte kommt, ist offensichtlich. Ob dies mit der Bodycam zu tun hat, also nicht bewiesen. Da ist sie übrigens, die saure Gurke im Obstsalat.
Ob also alkoholisierte Krawallmacher in Zukunft vorher kucken, ob bei einem Polizisten auch die Kamera läuft, das wage ich zudem zu bezweifeln.
In den USA wurden diese Kameras hauptsächlich eingeführt, um Übergriffen nicht gegen, sondern durch Polizeibeamten vorzubeugen. Da mag es in den USA auch das erkennbar größere Problem geben, Stichwort Furgeson.
Aber dass das bei uns gar keine Rolle spielt, dass gesetzlich nicht mal geregelt ist, wie denn Bürgerinnen und Bürger umgekehrt im Rechtsstreit an ihre Bilder kommen können, das ist sehr bedenklich.
In den vorgelegten Änderungsantrag ist die Koalition nun auf einige der vielen Kritikpunkte eingegangen. Das müssen wir nun im Detail, ebenso wie den FDP-Änderungsantrag, besprechen.