Reden

Rede zum Sonntagsschutzbericht

(Antrag DIE LINKE –zur Erstellung eines jährlichen Sonntagsschutzberichts (Drucksache 19/107)

- unkorrigiertes Redemanuskript - es gilt das gesprochene Wort! -

Herr Präsident / Frau Präsidentin,

sehr geehrte Damen und Herren,

der Sonntag ist kein Tag wie jeder andere. Das Grundgesetz erklärt deshalb ausdrücklich den Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage „als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“ für „gesetzlich geschützt“ (s. Art. 140).

Für Wirtschaft und Industrie werden immer mehr Ausnahmegenehmigungen erteilt. Längst wird nicht mehr nur in Krankenhäusern und Altenheimen, bei der Polizei und der Bahn, an Tankstellen und in der Gastronomie auch sonntags gearbeitet. Immer häufiger wird gefordert, dass die Menschen auch am Sonntag die Möglichkeit haben sollen einzukaufen. Ohne richtigen Sonntag gibt es aber bald nur noch Werktage.

Aus diesem Grund und auf Grundlage einer Forderung der Landessynode der Ev. Kirche Hessen und Nassau, von Frühjahr 2012 haben wir den vorliegenden Antrag zur Erstellung eines jährlichen  Sonntagsschutzberichts eingebracht.

Die Landesregierung soll beauftragt werden jährlich, erstmals für das zurückliegende Jahr 2013, einen umfassenden Sonntagsschutzbericht für Hessen zu erstellen. Der jährliche Bericht soll einen ausführlichen Überblick über die Anzahl aller in Hessen von Sonn- und Feiertagsarbeit betroffenen Betriebe und der Anzahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geben. Darin sollen zudem sämtliche Ausnahmeregelungen zur Sonn- und Feiertagsarbeit nach der Gewerbeordnung, dem Hessischen Ladenöffnungsgesetz, dem Hessischen Feiertagsgesetz sowie der Bedarfsgewerbeverordnung und die jeweiligen Begründungen / Anlässe im Einzelnen und nach Städten und Landkreisen gegliedert aufgeführt werden.

Dass dies möglich ist hat der Landkreis Bergstraße bereits bewiesen. Dort wurde im Nov. 2013 ein umfangreicher Bericht für das Jahr 2011 vorgelegt, der mit Anlagen und Tabellen rund 90 Seiten umfasst. Er förderte z. B. zutage, dass es  faktisch 46 verkaufsoffene Sonntage im Landkreis gibt. Jeden Sonntag in verschiedenen Städten und Gemeinden. In einer Presseerklärung vom 14.01.2014 begründet die Stellvertreterin des Kirchenpräsidentin der Ev. Kirche in Hessen und Nassau, Ulrike Scherf nochmals die Forderung nach einem Sonntagsschutzbericht:

Angesichts der derzeitigen Diskussion um die Aufweichung des Sonn- und Feiertagsschutzes in beiden Bundesländern sei es wichtig, zu wissen, wie oft sonntags schon heute Geschäfte öffnen und Menschen regelmäßig arbeiten müssen, so Scherf. Ein Sonntagsschutzbericht wird zeigen, ob die bisherigen gesetzlichen Regelungen in Rheinland- Pfalz und Hessen den Sonntag ausreichend schützen.

 

In einem weiteren Beschluss forderte die Herbstsynode 2013 die Landesregierung  zur  unverzüglichen Rücknahme der Hessischen Bedarfsgewerbeverordnung vom 12.Okt.2011 auf. Hintergrund dieser Forderung ist die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. 09.2014. Darin wurden mehrere großzügige Ausnahmen für die Arbeit an Sonntagen in Hessen für unwirksam erklärt. Nach Auffassung der Richter waren die Bestimmungen in der Verordnung so wesentlich, dass sie nur die Bundesregierung hätte erlassen dürfen. Also eine riesenklatsche für die Landesregierung und vor allen für Sozialminister Grüttner!

 

Der VGH gab damit der Gewerkschaft ver.di und der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau Recht. Die Landesregierung, so die Richter, dürfe zwar Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe festlegen, allerdings lasse das Arbeitszeitgesetz derart tiefgreifende Ausnahmen nicht zu. Dennoch ist die Bedarfsgewerbeverordnung unverändert in Kraft, weil die Landesregierung in Revision gegangen ist.

Herr  Minister Grüttner ich kann mich noch gut an die Debatte zur Bedarfsgewerbeverordnung hier im Landtag erinnern. Schon damals haben nicht nur wir, sondern auch die Gewerkschaft ver.di, die Ev. Kirchen und die Allianz für den freien Sonntag detailliert auf die Rechtswidrigkeit ihres Vorhabens hingewiesen. Haben Sie wenigstens jetzt die Größe und ziehen Sie die Verordnung zurück! In der Gründungserklärung der Hessischen Allianz für den freien Sonntag aus dem Jahr 2010 heißt es:

In Hessen vollzieht sich seit Jahren eine schleichende Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes. In immer mehr Bereichen wird an Sonn- und Feiertagen gearbeitet. Mit der „Liberalisierung“ des Ladenschlusses haben verkaufsoffene Sonntage sprunghaft zugenommen. Wir sind inzwischen an einem Punkt, an dem alle gesellschaftlichen Kräfte gebündelt werden müssen, um der Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes ein Ende zu setzen. Deshalb unterstützen wir die berechtigte Forderung nach einem landesweiten jährlichen Sonntagsschutzbericht.

 

 

 

Die aus den Grundrechten - hier aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG - folgende Schutzverpflichtung des Gesetzgebers wird durch den objektivrechtlichen Schutzauftrag für die Sonn- und Feiertage aus Art. 139 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG konkretisiert.