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Warum die Ladung von Neonazis als Zeugen im NSU-Untersuchungsausschuss notwendig ist

Anlässlich der heutigen Berichterstattung in der Frankfurter Rundschau zur Problematik, Personen aus dem Neonazi-Milieu als Zeugen im NSU-Untersuchungsausschuss zu vernehmen, erklärt Hermann Schaus, innenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag und Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss:

„Wir wollen herausfinden, was genau in Kassel am 6. April 2006 geschah, welches Vorwissen bei den Sicherheitsbehörden zu rechtem Terror bestand und ob die Mörder des NSU in Kassel Mittäter oder Unterstützer hatte. Nach einem langen Abwägungsprozess hat meine Fraktion entschieden,  auch die Befragung von Neonazis im NSU-Untersuchungsausschuss zu beantragen. Unter Ihnen befinden sich ehemalige V-Leute des Verfassungsschutzes.“

In den Akten gebe es Hinweise auf militante Neonazi-Strukturen in Nordhessen, die teilweise Verbindungen auch zu Angeklagten im NSU-Prozess hätten, so Schaus. Allein die Vernehmung von Beamten, die diese Sachverhalte damals niedergeschrieben hätten, führe nicht weiter. Denn von den bisherigen Zeugen des ‚Verfassungsschutzes‘ sei die Gefährlichkeit der rechten Szene teils heruntergespielt worden, teils hätten sie keine Details zu bestimmten Verbindungen und Personen nennen können. Insbesondere von der Vernehmung ehemaliger V-Leuten verspreche man sich neue Erkenntnisse, da hier die Aussagen von V-Mann-Führern nicht in Einklang mit der Aktenlage zu bringen seien.

Schaus: „Wir wollen solche Personen vernehmen, die damals in der Neonazi-Szene aktiv waren. Deshalb haben wir Aussteiger und auch einige heute noch aktive Neonazis als Zeugen benannt. Bei jedem Einzelnen haben wir abgewogen, ob eine Befragung unbedingt notwendig ist, bei einigen weiteren möglichen Zeugen haben wir von einer Benennung vorerst abgesehen. Es ist unsere Aufgabe als U-Ausschuss alles zu unternehmen, um eine umfassende Aufklärung voranzutreiben.“

Es sei möglich und notwendig, solche Vernehmungen durchzuführen, ohne dass Neonazis den Ausschuss als Podium benutzten oder Gefahren für sonstige Personen entstünden, so Schaus. Im NSU-Prozess in München hätten schon viele Zeugen aus der rechten Szene ausgesagt. Auch die Untersuchungsausschüsse in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg hätten schon Neonazis als Zeugen geladen. Die neuen Ausschüsse im Bundestag und Thüringen hielten sich diese Option ebenfalls offen.

Schaus: „Wenn Zeugen sich unangemessen verhalten, gibt es Ordnungsmittel wie die Verhängung von Ordnungsgeld. Darüber hinaus hat DIE LINKE in der letzten Sitzung des U-Ausschusses am 18. Januar 2016 einen detaillierten Verfahrensvorschlag eingereicht, der eine Handhabe dafür bittet, dass Neonazis den U-Ausschuss nicht als Bühne missbrauchen können. Es liegt jetzt in der Hand des Vorsitzenden, ob und wie diese Vorschläge umgesetzt werden.“


Pressestelle DIE LINKE. Fraktion im Hessischen Landtag
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